Vorhofflimmern
von oben bis unten.
„Was willst du denn hier?“, zischte ich unfreundlich, um
meine leichte Verlegenheit über sein Kompliment zu vertuschen.
„Ich bin dein persönlicher Stalker, schon vergessen?“ Ich fand
das gar nicht lustig, darum korrigierte er sich schnell. „Ich bin mit ein paar
Freunden hier.“
„Aha.“
„Da ich auch hier in Wollbach wohne, ist das doch nichts
ungewöhnliches, oder?“
„Hm.“ Ich gab mich übertrieben desinteressiert und ließ
meinen Blick gelangweilt über die Menge schweifen.
Nach einer Weile startete Desiderio die nächste Attacke.
„Habe ich schon erwähnt, dass du mit Abstand die schönste Frau des heutigen
Abends bist?“
Um Gottes willen!
Obwohl sich in meiner unteren Bauchregion seltsame Dinge
abspielten und sich meine Ohren glühend heiß anfühlten, brachte ich einen
hochnäsigen Blick zustande und sagte nur: „Ich weiß.“
Desiderio lachte fröhlich. „Werde ich dir irgendwann einmal
ein Kompliment machen können, über das du dich freust?“
„Nein.“
Zumindest keines, bei dem ich meine Freude zugeben würde .
Er verdrehte theatralisch die Augen. „Du bist echt eine harte
Nuss, weißt du das?“
„Ja“, meinte ich und zuckte die Achseln. „Ich habe dir aber
auch schon das eine oder andere Mal gesagt, dass du keine Chance hast.
Vielleicht verstehst du es jetzt endlich?“
„Es gibt nichts, was sich nicht knacken lässt“, sagte er
verschmitzt und machte damit meine Hoffnung sofort zunichte. „Man braucht nur
das richtige Werkzeug dazu.“
„Tss! Und du glaubst, du hast das richtige Werkzeug?“
„Ich denke schon. Soll ich es dir einmal zeigen?“
Holla, jetzt ging´s aber los!
„Igitt!“, rief ich und sah ihn pikiert an. „Lass deine
Werkzeugkiste mal lieber zu!“
Obwohl, so ein kleiner Blick...
Tadelnd schüttelte er den Kopf. „Also, Lena! Ich bin
entsetzt, in welche Richtung du gleich denkst.“
Oh ja, ich war ebenfalls entsetzt in welche Richtung meine
Gedanken abgeglitten waren.
„Dann sag nicht immer so seltsame Sachen“, schimpfte ich
ertappt, „und verschone mich in Zukunft vor diesen Bildern in meinem Kopf.“
Sein Grinsen wurde so breit, dass es fast bis zu beiden Ohren
reichte. „Du hast Bilder von mir im Kopf? Kannst du mir die einmal
beschreiben?“
Mein Gesicht wandelte sich augenblicklich in einen
Feuermelder. Natürlich war ich wieder einmal selbst schuld an meiner Situation,
aber ich unterschätze einfach Desiderios Unverfrorenheit jedes Mal aufs Neue.
Hastig leerte ich meine Weinschorle in einem Zug und drückte
ihm anschließend das leere Glas in die Hand. „Hier, halt das mal.“
Und Zack – Weg war ich.
Ich tauchte in der Partymeute unter und wurschtelte mich erst
einmal zur Toilette durch. Während ich mich in der schier endlosen
Warteschlange einreihte, ärgerte ich mich beinahe zu Tode über meine Flucht vor
Desiderio.
Warum konnte ich nicht einfach cool bleiben und seine überaus
zweideutigen Sprüche mit einem Lächeln quittieren?
Ich benahm mich in seiner Gegenwart ja geradezu wie ein
schüchternes Schulmädchen!
Man konnte mir viele Eigenschaften nachsagen, aber Schüchternheit
gehörte eigentlich nicht dazu. Und normalerweise konnte ich in Bezug auf
schmutziges Gerede durchaus mit der Männerwelt mithalten, wenn es nötig war.
Erröten und Sprachlosigkeit kamen im Regelfall sozusagen bei mir nicht vor.
Meine Hilflosigkeit bei Desiderios Anmachen nervte mich also
ganz gewaltig und stellte mich gleichzeitig vor ein Rätsel.
Mittlerweile begannen die Schnäpschen ihre Wirkung zu
entfalten und ich spürte wie meine Beine allmählich ein wenig wackelig wurden.
Die Schlange schob sich langsam vorwärts. Als ich schon im Türrahmen stand,
stakste mir ausgerechnet Steffi entgegen.
Waren denn heute nur Idioten hier?
Wir musterten uns kurz mit gegenseitiger Abscheu, pressten
beide ein „Hallo“ hervor und dann war sie auch schon wieder weg.
Was für eine bescheuerte Kuh! Und wie sie überhaupt daher
kam!
Sie trug etwas, das mit viel Fantasie als Rock bezeichnet
werden konnte, aber eher wie ein breiter Gürtel aussah. Dazu ein glänzendes
Oberteil, das am Rücken beinahe bis zum Hintern ausgeschnitten war. Wenn man es
nicht besser wusste, dann ging man davon aus, dass Steffi in einem gewissen
Gewerbe tätig war.
Peinlich!
Wenigstens entdeckte ich ein paar hässliche Pickel auf ihren
nackten Schultern, was meine Laune augenblicklich verbesserte. Mit einem
schadenfrohen Grinsen sah ich
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