Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
diesen letzten drei Wochen angeschaut hat…«
»Die Blicke waren Angst, Kou«, erklärte Cordelia ihm. »Ja, das dachte ich auch.«
»Weil sie Angst hatte, dass sie schwanger war, nicht weil sie etwa Angst vor Ihnen hatte«, stellte Cordelia klar.
»Oh.« Koudelkas Stimme wurde schwach.
»Sie ist es nicht, die sich ergeben hat.« (Koudelka
wiederholte sich mit einem weiteren schwachen »Oh«.) »Aber sie ist jetzt böse auf Sie, und ich kann es ihr nicht verübeln.«
»Aber wenn sie nicht meint, dass ich – welchen Grund hat
sie?«
»Sie begreifen es nicht?« Sie blickte mit gerunzelter Stirn zu Aral. »Du auch nicht?«
»Nun ja…«
»Weil Sie sie gerade beleidigt haben. Kou. Nicht damals,
sondern gerade eben, in diesem Zimmer. Und nicht nur
dadurch, dass Sie ihre Tüchtigkeit im Zweikampf
geringschätzig behandelt haben. Was Sie eben gesagt haben, hat ihr zum ersten Mal enthüllt, wie sehr Sie in jener Nacht mit 553
sich selbst beschäftigt waren, dass Sie sie gar nicht wahrgenommen haben, Schlimm, Kou. Sehr schlimm. Sie müssen sie ganz tief um Verzeihung bitten. Hier war sie und gab sich als Barrayaranerin Ihnen ganz, und Sie schätzten das, was sie tat, so gering ein, dass Sie es gar nicht wahrnahmen.«
Sein Kopf hob sich mit einem Ruck. »Gab mir? Wie ein
Almosen?«
»Mehr wie ein Geschenk der Götter«, murmelte Aral, der
sich seine eigenen Gedanken machte.
»Ich bin doch kein …« Koudelkas Kopf dreht sich in
Richtung auf die Tür. »Meinen Sie, dass ich hinter ihr
herrennen soll?«
»Kriechen, sogar, wenn ich Sie wäre«, empfahl Aral.
»Kriechen Sie schnell. Schlüpfen Sie unter ihrer Tür durch und ergeben Sie sich. Lassen Sie sie auf Ihnen herumtrampeln, bis ihr Zorn ganz und gar verraucht ist. Dann bitten Sie erneut um Verzeihung. Sie können die Situation noch retten.« Arals Augen leuchteten jetzt mit offensichtlichem Vergnügen.
»Wie nennen Sie das? Totale Kapitulation?«, sagte Koudelka ungehalten.
»Nein. Ich nenne es gewinnen.« Arals Stimme wurde eine
Nuance kühler. »Ich habe gesehen, wie der Krieg zwischen
Mann und Frau zu Heldentaten der verbrannten Erde
herabsinken kann. Scheiterhaufen des Stolzes. Sie wollen nicht diesen Weg gehen, das garantiere ich.«
»Sie sind – Mylady! Sie lachen über mich! Hören Sie auf!«
»Dann hören Sie damit auf, sich lächerlich zu machen«,
sagte Cordelia energisch. »Setzen Sie sich Ihren Kopf dorthin, wo er hingehört. Denken Sie mal sechzig aufeinander folgende Sekunden an jemand anderen als sich selbst.«
»Mylady. Mylord.« Seine Zähne waren jetzt in erstarrter
Würde zusammengebissen. Er verabschiedete sich geschlagen.
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Aber im Korridor ging er in die falsche Richtung, nicht
dorthin, wohin Droushnakovi geflohen war.
Aral schüttelte hilflos den Kopf, während Koudelkas Schritte draußen verklangen. Er zischte leise.
Cordelia knuffte ihn sanft in den Arm. »Hör damit auf! Für die beiden ist es nicht spaßig.« Ihre Blicke trafen sich: Sie kicherte, dann hielt sie ihren Atem an: »Gütiger Himmel, ich glaube, er wollte ein Vergewaltiger sein. Seltsamer Ehrgeiz.
War er zu viel mit Bothari zusammen?«
Dieser etwas makabre Witz ernüchterte sie beide. Aral sah
nachdenklich aus: »Ich glaube … Kou schmeichelte seinen
Selbstzweifeln. Aber seine Reue war aufrichtig.«
»Aufrichtig, aber ein bisschen selbstgefällig. Ich denke, wir haben vielleicht seine Selbstzweifel lange genug gehätschelt.
Vielleicht ist es Zeit, ihn mal in den Hintern zu treten.«
Arals Schultern fielen müde zusammen. »Er steht in ihrer
Schuld, ohne Zweifel. Aber was soll ich ihm denn befehlen? Es ist wertlos, wenn er es nicht freiwillig tut.«
Cordelia brummte zustimmend.
Erst beim Mittagessen bemerkte Cordelia, dass in ihrer
kleinen Welt etwas fehlte.
»Wo ist der Graf?«, fragte sie Aral, als sie sahen, dass Piotrs Haushälterin den Tisch nur für zwei gedeckte hatte, in einem Esszimmer an der Wasserseite, von wo aus man eine Aussicht auf den See hatte. An diesem Tag war es nicht richtig warm geworden. Der Morgennebel war nur aufgestiegen, um zu niedrig dahintreibenden grauen Wolkenfetzen zu werden; es war windig und kühl. Cordelia hatte eine alte schwarze Arbeitsjacke von Aral über ihre geblümte Bluse angezogen.
»Ich dachte, er sei in die Ställe gegangen. Um mit seinem
neuen Dressurkandidaten zu trainieren«, sagte Aral, der
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ebenfalls mit Unbehagen auf den Tisch blickte. »Jedenfalls hat er zu mir gesagt, dass
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