Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
legte seinen Daumen einen Moment auf ihre Lippen, leichter als ein Kuss.
»Es ist eher, als wisse man, während man noch träumt, dass es jenseits des Traums eine Welt des Erwachens gibt. Ich möchte mich eines Tages mit ihnen in dieser Welt des Erwachens verbinden. Warten Sie's ab, warten Sie's ab!« Er drückte ihre Hand und lächelte aufmunternd.
Am Boden bewegte sich Bothari und stöhnte.
»Ich werde mich um ihn kümmern«, sagte Vorkosigan.
»Schlafen Sie ein wenig, solange Sie können.«
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Cordelia wachte von unruhigen Bewegungen und Stimmen um sie herum auf. Vorkosigan erhob sich aus seinem Stuhl, Illyan stand vor ihm, straff gespannt wie eine Bogensehne, und sagte: »Vorhalas und der Prinz! Hier! Jetzt!«
»Scheißk…«Vorkosigan drehte sich auf dem Absatz herum und suchte mit den Augen den kleinen Raum ab. »Das Bad muss dafür herhalten. Packen wir ihn in die Dusche.«
Schnell hoben sie Bothari hoch, Vorkosigan an den
Schultern und Illyan an den Füßen, rumpelten durch die enge Tür und ließen ihn hastig in die Duschwanne fallen.
»Braucht er noch mehr von dem Beruhigungsmittel?«, fragte Illyan.
»Vielleicht ist es besser. Cordelia, geben Sie ihm noch eine Ampulle. Es ist zu früh, aber es würde den Tod für euch beide bedeuten, wenn er jetzt einen Laut von sich gibt.« Er schob sie in den Raum, der die Größe einer Speisekammer hatte, drückte ihr die Droge in die Hand und schaltete das Licht aus. »Kein Geräusch, keine Bewegung!«
»Die Tür schließen?«, fragte Illyan.
»Halb. Lehnen Sie sich an den Türrahmen, schauen Sie zwanglos aus und lassen Sie den Leibwächter des Prinzen nicht Ihren psychologischen Raum betreten.«
Cordelia suchte sich in der Dunkelheit tastend ihren Weg, kniete nieder und drückte eine weitere Spritze des Sedativs in den Arm des bewusstlosen Sergeanten. Sie setzte sich auf den Platz, der sich logisch hierfür anbot, und entdeckte, dass sie gerade einen schmalen Ausschnitt von Vorkosigans Kabine im Spiegel sehen konnte, verkehrt herum. Sie hörte, wie sich die Kabinentür öffnete und neue Stimmen erklangen.
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»… wenn Sie nicht auch vorhaben, ihn offiziell seiner Pflichten zu entheben, dann werde ich auch weiterhin den Standardprozeduren folgen. Ich habe den Raum gesehen. Ihre Anschuldigung ist unsinnig.«
»Wir werden sehen«, erwiderte die zweite Stimme, gepresst und ärgerlich. »Hallo, Aral.« Der erste Sprecher ein Offizier von vielleicht fünfzig Jahren in grüner Uniform, schüttelte Vorkosigans Hand und übergab ihm einen Packen Datenträger.
»Wir starten innerhalb einer Stunde in Richtung Escobar. Ein Kurier hat das hier gerade gebracht – die neuesten Hardcopy-Updates. Ich habe angeordnet, dass Sie über die Ereignisse auf dem Laufenden gehalten werden. Die Escos sind überall auf dem Rückzug. Sie haben sogar den harten Kampf um den Wurmlochsprung nach Tau Ceti aufgegeben. Wir treiben sie vor uns her.«
Der zweite Mann trug auch eine grüne Uniform; sie war mit mehr Gold verziert als jede Uniform, die Cordelia bisher gesehen hatte. Juwelenbesetzte Auszeichnungen auf seiner Brust glitzerten und blinkten im Licht von Vorkosigans Schreibtischlampe wie die Augen von Eidechsen. Er war etwa dreißig und hatte schwarzes Haar. Sein rechteckiges Gesicht wirkte angespannt, die Augen waren zusammengekniffen, die dünnen Lippen verdrießlich aufeinander gepresst.
»Sie gehen doch nicht beide, oder?«, fragte Vorkosigan.
»Der ranghöhere Offizier sollte von Rechts wegen auf dem Flaggschiff bleiben. Jetzt, da Vorrutyer tot ist, gehen seine Pflichten auf den Prinzen über. Die Hundund-Pony-Show. die Sie geplant hatten, basierte auf der Annahme, dass Vorrutyer noch auf seinem Posten wäre.«
Prinz Serg wurde starr vor Empörung: »Ich werde meine Truppen gegen Escobar führen! Sollen doch mein Vater und seine Freunde jetzt noch mal sagen, ich sei kein Soldat!«
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»Sie werden«, sagte Vorkosigan müde, »in diesem
befestigten Palast sitzen, mit dessen Konstruktion die Hälfte der Ingenieure beschäftigt ist, und darin Partys feiern und Ihre Männer für sich sterben lassen, bis Sie sich Ihren Grund und Boden mit dem bloßen Gewicht der darauf aufgehäuften Leichen erkauft haben, weil dies die Art von Soldatentum ist, die Ihr Mentor Sie gelehrt hat. Und dann schicken Sie Bulletins nach Hause über Ihren großen Sieg. Vielleicht können Sie die Verlustlisten zum Staatsgeheimnis erklären lassen.«
»Aral, seien Sie bloß vorsichtig«, warnte
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