Vorkosigan 07 Cetaganda
geben sollte, dann sickert die Nachricht davon bestimmt nicht durch die Tore des Himmlischen Gartens. Ich weiß jedenfalls, daß ich nie von einem solchen Konflikt gehört habe.«
»Also ... wer ist dann die neue ranghöchste weibliche Angehörige? Wer erbt das Siegel?«
»Ah! Jetzt berühren Sie ein interessantes Thema.« Maz erwärmte sich an diesem Gegenstand. »Niemand weiß es, oder zumindest hat der Kaiser noch keine öffentliche Verlautbarung herausgegeben. Das Siegel soll von der Mutter des Kaisers verwahrt werden, falls sie noch am Leben ist, oder von der Mutter des Thronerben, falls die Kaiserinwitwe schon gestorben ist Doch der Kaiser von Cetaganda hat seinen Erben noch nicht ausgewählt. Das Siegel der Sternenkrippe und alle übrigen Insignien der Kaiserin sollen der neuen ranghöchsten HaudFrau beim letzten Akt der Trauerfeierlichkeiten überreicht werden, und somit hat er noch zehn Tage Zeit, sich zu entscheiden. Ich stelle mir vor, daß diese Entscheidung im Augenblick bei den HaudFrauen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. Solange die Übergabe nicht vollzogen ist, können keine neuen genomischen Verträge gebilligt werden.«
Miles überdachte das Gesagte. »Er hat drei junge Söhne, nicht wahr? Also muß er eine ihrer Mütter aus wählen.
»Nicht notwendigerweise«, sagte Maz. »Er könnte die Sache zwischenzeitlich auch einer kaiserlichen Tante, einer aus der Verwandtschaft seiner Mutter, übergeben.«
Ein schüchternes Klopfen an Miles' Tür zeigte an, daß der Tee gekommen war. Die Küche der barrayaranischen Botschaft hatte auch noch ein völlig überquellendes dreistufiges Tablett mit kleinen Petits fours mitgeschickt. Irgend jemand hatte seine Hausaufgaben gemacht, denn Maz murmelte: »Oh, mein Lieblingsgebäck.« Eine feminine Hand langte nach einigen feinen Schokoladekonfekten, trotz des kaiserlichen Imbisses, den sie erst vor kurzem noch eingenommen hatten. Der Butler der Botschaft goß Tee ein, öffnete den Wein und zog sich so diskret zurück, wie er gekommen war.
Ivan nahm einen Schluck aus seinem Glas und fragte verwundert: »Heiraten die Haud-Lords dann überhaupt? Ein solcher genetischer Kontrakt muß doch dann das Gegenstück zu einer Ehe sein, oder?«
»Hm... nein.« Maz schluckte ihr drittes Stück Schokolade hinunter und trank Tee hinterher.
»Es gibt verschiedene Arten von Verträgen. Der einfachste ist für eine Art einmaliger Benutzung eines Genoms. Ein einziges Kind wird kreiert, und es wird das ... ich zögere, den Begriff Eigentum zu verwenden - es wird in der Konstellation des männlichen Elternteils registriert und in der Krippe seiner Konstellation aufgezogen.
Verstehen Sie, diese Entscheidungen werden nicht von den Hauptpersonen gefällt - in der Tat begegnen sich die beiden Eltern vielleicht nie. Diese Verträge werden auf der ranghöchsten Ebene der Konstellation festgelegt, von den ältesten und vermutlich weisesten Häuptern, wobei beide Seiten ein Auge darauf haben, eine bevorzugte genetische Linie einzufangen oder eine wünschenswerte Kreuzung in der nachfolgenden Generation vorzubereiten.
Am anderen Ende gibt es ein lebenslanges Monopol - im Falle kaiserlicher Kreuzungen ist es noch länger. Wenn eine HaudFrau ausgewählt wird, die Mutter eines potentiellen Erben zu werden, ist der Vertrag völlig exklusiv - sie darf nie zuvor ihr Genom in einen Vertrag eingebracht haben, und sie kann es nie wieder tun, es sei denn, der Kaiser beschließt, mehr als ein Kind mit ihr haben zu wollen. Sie übersiedelt in den Himmlischen Garten, in ihren eigenen Pavillon, und lebt dort bis ans Ende ihrer Tage.«
Miles verzog das Gesicht. »Ist das eine Belohnung oder eine Bestrafung?«
»Das ist die beste Chance zur Macht, die eine HaudFrau jemals bekommen kann: die Chance, eine Kaiserinwitwe zu werden, wenn ihr Sohn - es ist immer nur ein Sohn - am Ende ausgewählt wird, seinem Vater nachzufolgen. Selbst die Mutter eines der Verlierer zu sein, eines Prinzkandidaten oder Satrapie-Gouverneurs, ist kein schlechter Handel. Das ist auch der Grund, warum in einer anscheinend patriarchalischen Kultur bei den Haud-Konstellationen der Output an Mädchen überwiegt. Das Oberhaupt einer Konstellation - der Chef eines Clans, in barrayaranischer Terminologie - kann niemals Kaiser oder Vater eines Kaisers werden, ganz gleich, wie sehr seine Söhne brillieren mögen. Aber durch seine Töchter hat er eine Chance, Großvater eines Kaisers zu werden. Die Vorteile fallen dann, wie Sie
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