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Vorkosigan 13 Komarr

Vorkosigan 13 Komarr

Titel: Vorkosigan 13 Komarr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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    jemand anderen gefährlich zu sein, war ihm noch gar nicht gekommen. Ach ja, der Egozentrismus der Kindheit. Miles zögerte und überlegte, wie er sich dem wirklichen Problem nähern sollte. Zum ersten Mal fragte er sich, wie gewisse Aspekte seiner Kindheit vom Standpunkt seiner Eltern ausgesehen haben mochten. Der doppelte Blick war
    verwirrend. Wie zum Teufel bin ich auf der gegnerischen Seite gelandet?
    »Du weißt doch«, versuchte es Miles, »niemand wird es jemals erfahren, wenn du es ihnen nicht sagst. Sie können es doch nicht an dir riechen, oder?«
    Nikkis Blick wurde doppelt so störrisch. »Das hat Mama auch gesagt.«
    Damit war dieser Versuchsballon gescheitert. Geheimhaltung vorzuschlagen brachte sowieso ein eigenes Problem mit sich, wie Tiens Leben gezeigt hatte. Kurz überkam Miles das Verlangen, den Jungen zu erwürgen, weil er gerade jetzt Ekaterin noch mehr Kummer bereitete, aber er unterdrückte selbstredend den Impuls und fragte:
    »Hast du schon dein Frühstück gegessen?«
    »Ja.«
    Als würde es zu lange dauern, wenn man Nikki aushungern oder mit Essen bestechen wollte. »Nun denn …
    treffen wir eine Abmachung. Ich werde nicht sagen, dass du alles gewaltig übertreibst, wenn du nicht sagst, dass ich es nicht verstehe.«
    Nikki blickte von seinem Sitz auf. Seine Aufmerksamkeit war gefesselt. Ja, schau mich an, Kleiner. Miles überlegte und verwarf sofort jedes Argument, das nach 415
    Drohung schmeckte und das versuchte, Nikki durch
    Erhöhung des Drucks in die richtige Richtung zu treiben.
    Zum Beispiel, indem er anfinge: Wie kannst du erwarten, dass du jemals den Mut hast, durch Wurmlöcher zu springen, wenn du nicht den Mut hast, dich dieser Sache zu stellen? Nikki stand jetzt sozusagen mit dem Rücken zur Wand, in eine unhaltbare Rückzugsposition getrieben. Eine Erhöhung des Drucks würde ihn zerquetschen. Der Trick bestand darin, die Wand niedriger zu machen. »Ich bin auf eine Privatschule gegangen, die ein bisschen wie die deine war. Ich kann mich an keine Zeit erinnern, wo ich mich nicht damit auseinander setzen musste, dass ich in den Augen meiner Klassenkameraden ein Vor-Mutant war. Als ich so alt war wie du, hatte ich ein Dutzend Strategien.
    Einige davon bewirkten eher das Gegenteil, das gebe ich zu.«
    Die medizinische Hölle seiner Kindheit hatte er mit unerschütterlicher Haltung durchgestanden, doch als ein paar Spielkameraden, an die er sich noch erinnerte, entdeckt hatten, dass bei seinen spröden Knochen körperliche Gewalt zu gefährlich war – für sie selbst, weil sie herausfanden, dass sie die Beweise nicht verbergen konnten –, da hatten sie gelernt, ihn allein mit Worten zu quälen, bis ihm Tränen der Erniedrigung kamen. Sergeant Bothari, der Miles täglich zu diesem schulischen Fegefeuer brachte, führte schnell die Routine einer kundigen Leibesvisitation ein und erleichterte Miles um Waffen, die von Küchenmessern bis zu einem militärischen Betäuber reichten, den er Hauptmann Koudelka aus dessen Halfter gestohlen
    hatte. Danach war Miles auf raffiniertere Weise in den 416
    Kampf gezogen. Es hatte fast zwei Jahre gedauert, einige seiner Kameraden beizubringen, sie sollten ihn in Ruhe lassen. Während er rundum lernte. Wenn er es sich recht überlegte, so war es nicht gerade die beste Idee, seine Lösungen aus der Zeit, als er neun bis zwölf gewesen war, Nikki anzubieten… genau genommen könnte es sogar eine äußerst schlechte Idee sein, Nikki auch nur herauszufinden lassen, worin einige dieser Lösungen bestanden hatten.
    »Aber das war vor zwanzig Jahren, auf Barrayar. Die Zeiten haben sich geändert. Was meinst du genau, was deine Freunde hier auf Komarr mit dir anstellen werden?«
    Nikki zuckte die Achseln. »Weiß nich’.«
    »Tja, lass mich mal raten. Man kann keine Strategie planen, ohne gute Informationen zur Verfügung zu haben.«
    Nikki zuckte erneut die Achseln. Nach einer Weile fügte er hinzu: »Es geht nicht darum, was sie tun. Es geht darum, was sie denken.«
    Miles stieß den Atem aus. »Das ist… für mich ein wenig dürftig, um etwas damit anzufangen, weißt du. Was deiner Befürchtung nach jemand in Zukunft denken wird. Normalerweise muss ich Schnell-Penta benutzen, um herauszufinden, was die Leute wirklich denken. Und selbst Schnell-Penta wird mir nicht sagen, was sie einmal denken
    werden.«
    Nikki kauerte sich zusammen. Miles verwarf mit
    Bedauern den Gedanken, Nikki zu sagen, wenn er weiter einen so krummen Buckel mache, dann

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