Vorkosigan 13 Komarr
Sergeant.« Sie drückte den Türöffner. Vor ihnen stand ein junger Mann in der grünen barrayaranischen Interimsuniform. An seinem Kragen trug er Nadeln mit dem Horusauge des KBS. »Kommen Sie
herein.«
»Madame Vorsoisson.« Der Mann nickte ihr zu, trat ein und richtete seinen Blick auf Miles. »Lord Auditor
Vorkosigan. Ich bin Hauptmann Tuomonen. Ich leite das KBS-Büro hier in Serifosa.« Tuomonen schien Ende
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zwanzig zu sein, dunkelhaarig und braunäugig wie die meisten Barrayaraner, etwas schneidiger und fitter als der durchschnittliche Schreibstubensoldat, allerdings mit der blassen Haut der Kuppelstadtbewohner. In der einen Hand hielt er eine Diskettenbox, in der anderen eine größere Aktentasche. Deshalb nickte er freundlich, anstatt zu salutieren.
»Ja, General Rathjens hat Sie erwähnt. Wir fühlen uns geehrt, einen solchen Kurier zu haben.«
Tuomonen zuckte die Achseln. »Das KBS-Büro in
Serifosa ist klein. Mylord. General Rathjens hat Anweisung gegeben. Sie möglichst früh nach der Identifizierung der neuen Leiche zu informieren.«
Miles blickte auf die gesicherte Diskettenbox in der Hand des Hauptmanns. »Ausgezeichnet. Kommen Sie,
setzen Sie sich.« Er führte den Hauptmann zur Sitzgruppe, einem niedrigen Sofa, das den Mittelpunkt des Wohnzimmers der Vorsoissons bildete. Hatte Madame Vorsoisson manchmal das Gefühl, sie kampiere in einem Hotel, anstatt sich hier ein Heim einzurichten? »Madame
Vorsoisson, würden Sie Ihren Onkel bitten, er solle zu uns kommen? Lassen Sie ihn aber erst zu Ende essen.«
»Ich würde gern auch mit Administrator Vorsoisson
sprechen, wenn er fertig ist«, rief Tuomonen hinter ihr her.
Sie nickte und ging hinaus. In ihren Augen schien Interesse auf, aber ihre Haltung war immer noch zurückhaltend, fast so, als wünschte sie, für Miles’ Augen unsichtbar zu werden.
»Was haben wir denn?«, fuhr Miles fort und ließ sich 174
nieder. »Ich hatte zu Rathjens gesagt, ich würde vielleicht gern dabei sein, wenn der KBS zum ersten Mal mit dieser Sache in Berührung kommt.« Er konnte seine Reisetasche packen und sie heute Abend mitnehmen. So würde er nicht zurückkommen müssen.
»Ja, Maylord. Deshalb bin ich hier. Ihre geheimnisvolle Leiche ist, wie sich herausgestellt hat, ein Einheimischer, aus Serifosa. Er ist oder wurde aufgeführt als Angestellter des hiesigen Terraforming-Projekts.«
Miles blinzelte. »Doch nicht etwa ein Ingenieur namens Dr. Radovas, oder?«
Tuomonen schaute ihn verblüfft an. »Woher haben Sie das gewusst?«
»Bloß so eine Vermutung, weil er seit ein paar Wochen vermisst ist. Ach, verdammt, ich wette, Vorsoisson hätte ihn mit einem Blick identifizieren können. Oder… vielleicht auch nicht. Die Leiche wirkte ziemlich mitgenommen. Hm. Radovas’ Boss meint, er sei mit seiner Technikerin, einer jungen Dame namens Marie Trogir, durchgebrannt. Ihre Leiche ist noch nicht oben im Orbit aufgetaucht, oder?«
»Nein, Mylord. Aber es hört sich so an, als sollten wir anfangen, nach ihr zu suchen.«
»Ja. Eine komplette KBS-Suche und Hintergrund
überprüfung, denke ich. Gehen Sie nicht davon aus, dass sie tot ist – falls sie noch lebt, dann wollen wir sie auf jeden Fall vernehmen. Brauchen Sie dazu einen besonderen Befehl von mir?«
»Nicht notwendigerweise, aber gewiss würde es die
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Dinge beschleunigen.« In Tuomonens Augen schimmerte Begeisterung auf.
»Dann haben Sie hiermit also meinen Befehl.«
»Danke, Mylord. Ich dachte mir, Sie würden das hier haben wollen.« Er reicht Miles die gesicherte Box. »Ich habe das komplette Dossier über Radovas kopiert, bevor ich das Büro verließ.«
»Hat der KBS über jeden komarranischen Bürger eine
Akte, oder war er etwas Besonderes?«
»Nein, wir haben nicht für alle Akten. Aber wir haben ein Suchprogramm, das sehr schnell relevante Daten aus dem Informationsnetz holen kann. Der erste Teil davon besteht aus seiner öffentlichen Biografie, Schulakten, medizinische Unterlagen, Dokumente über Finanzen und Reisen, das Übliche. Ich konnte bisher nur einen Blick darauf werfen. Aber Radovas hat auch eine kleine KBS-Akte, die auf seine Studentenzeit während der Komarranischen Revolte zurückgeht. Sie wurde bei der Amnestie geschlossen.«
»Ist sie interessant?«
»Ich würde aus ihr allein nicht zu viele Schlüsse ziehen.
Die halbe Bevölkerung von Komarr aus jener Altersgruppe war damals Teil des Studentenprotests oder einer potenziellen revolutionären Gruppe, meine eigene
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