Vorkosigan 13 Komarr
Rigby geduldig.
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»Nur, was er normalerweise auf einen langen Feldtest mitnahm.« Sie zögerte. »Er nahm alle seine persönlichen Dokumente mit. Dadurch wurde mir erst mit Sicherheit klar, dass er nicht zurückkommen würde.«
»Haben Sie mit irgendjemandem an seiner Arbeitsstelle über seine Abwesenheit gesprochen?«
Tien schüttelte den Kopf, doch Madame Radovas
erwiderte: »Ich habe mit Administrator Soudha gesprochen. Nachdem ich die Notiz gefunden hatte. Ich versuchte herauszubekommen… was schief gelaufen war.«
»War Administrator Soudha Ihnen gegenüber hilfsbereit?«, fragte Tuomonen.
»Nicht sonderlich.« Sie runzelte wieder die Stirn. »Er schien zu meinen, es ginge ihn nichts an, was nach Bartos Kündigung geschah.«
»Das tut mir Leid«, sagte Vorsoisson. »Über diesen Teil der Geschichte hat Soudha mir nichts erzählt. Ich werde ihn zur Rede stellen. Ich habe es nicht gewusst.«
Und Sie haben nicht gefragt. Doch so sehr Miles auch etwas an Tien aussetzen wollte, er fand es schwer, ihn dafür zu tadeln, dass er sich aus einer anscheinend peinlichen Ehekrise herausgehalten hatte. Madame Radovas blickte ihn finster an.
»Ich habe gehört, dass Sie und Ihr Ehemann vor etwa vier Jahren aus dem Orbit hergezogen sind«, sagte Tuomonen. »Das erscheint einem doch als ein ungewöhnlicher Wechsel in einer Karriere, vom fünfdimensionalen Raum zu einer Tätigkeit, bei der es sich tatsächlich um eine Art von Tiefbau handelt. Hatte er schon seit langem ein 186
Interesse am Terraforming?«
Sie blickte einen Moment lang verdutzt drein. »Barto machte sich Sorgen um die Zukunft von Komarr. Ich… wir waren des Lebens auf der Station überdrüssig. Wir wollten etwas Ruhigeres haben, auch wegen der Kinder. Dr.
Soudha suchte für sein Team nach Leuten mit unterschiedlichem Hintergrund, mit unterschiedlichen Erfahrungen in Problemlösungen. Er hielt Bartos Erfahrungen auf der Station für wertvoll. Ingenieurarbeit ist Ingenieurarbeit, nehme ich an.«
Professor Vorthys war währenddessen leise im Zimmer herumgewandert und hatte, ein Ohr auf das Gespräch
richtend, die Reiseandenken und die Porträts der Kinder in verschiedenem Alter inspiziert, die den hauptsächlichen Schmuck des Raums bildeten. Er blieb vor dem Bibliotheksschrank an einer Wand stehen, der mit Disketten voll gestopft war, und begann aufs Geratewohl ihre Titel zu studieren. Madame Radovas warf ihm einen kurzen, neugierigen Blick zu.
»Aufgrund der ungewöhnlichen Umstände, unter denen
Dr. Radovas’ Leiche aufgefunden wurde, verlangt das Gesetz eine vollständige medizinische Untersuchung«, fuhr Rigby fort. »Wenn die Prüfungen abgeschlossen sind, soll man dann seine sterblichen Überreste oder seine Asche an Sie überstellen, oder an einen anderen Verwandten?«
»Oh. Ja. An mich, bitte. Es sollte eine richtige Zeremonie abgehalten werden. Den Kindern zuliebe. Allen zuliebe.«
Sie schien sehr nahe daran zu sein, ihre Beherrschung zu verlieren. In ihren Augen standen Tränen. »Können Sie…
ich weiß nicht. Können Sie sich darum kümmern?«
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»Die Familienfürsorgerin in unserer Abteilung wird
Ihnen gerne raten und helfen. Ich gebe Ihnen ihre Nummer, bevor wir gehen.«
»Danke.«
Tuomonen räusperte sich. »Aufgrund der mysteriösen
Umstände von Dr. Radovas’ Tod wurde auch der KBS von Komarr gebeten, sich für den Fall zu interessieren. Würden Sie uns vielleicht gestatten, Ihre KomKonsole und Ihre persönlichen Daten zu untersuchen, um zu sehen, ob sie einen Hinweis enthalten.«
Madame Radovas legte einen Finger auf die Lippen.
»Barto hat alle seine persönlichen Dateien mitgenommen.
Es ist nicht mehr viel übrig, nur meine eigenen.«
»Manchmal kann eine technische Untersuchung noch
mehr enthüllen.«
Sie schüttelte den Kopf, sagte jedoch: »Nun ja …
vermutlich schon.« Etwas schärfer fügte sie hinzu: »Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass sich der KBS wegen meiner Erlaubnis den Kopf zerbrechen müsste.«
Tuomonen widersprach nicht, sondern sagte: »Ich
möchte so viel Höflichkeit, wie ich kann, vor unseren kruden Notwendigkeiten retten, Madame.«
Von der anderen Wand her fügte Professor Vorthys, die Hände voller Disketten, in distanziertem Ton hinzu:
»Untersuchen Sie auch die Bibliothek.«
»Warum wollen Sie die Bibliothek meines armen Mannes wegnehmen?«, sagte Madame Radovas mit einem
Anflug von Bestürzung und Ärger.
Vorthys schaute auf und lächelte sie freundlich und
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