Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorkosigan 13 Komarr

Vorkosigan 13 Komarr

Titel: Vorkosigan 13 Komarr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
aufkommende Panik hinunter und hastete auf das seltsame Paar zu.
    Bei der baumelnden Gestalt handelte es sich um Tien.
    Seine Sauerstoffmaske war abgegangen und um seinen
    Hals gedreht. Selbst in dem bunten Halblicht aus den Scheinwerfern drunten in der Vegetation konnte sie sehen, dass sein Gesicht purpurn gefleckt war. Und es war auf eine kalte, teigige Art regungslos. Die Zunge hing aus dem Mund; die hervorquellenden Augen waren erstarrt. Sehr, sehr tot. Der Magen drehte sich ihr um und krampfte sich schockartig zusammen, das Herz schlug ihr bis in den Hals.
    Die kniende Gestalt entpuppte sich als Lord Vorkosigan.
    Er trug ihre zweitbeste Jacke, die sie vor einer kleinen Ewigkeit beim Packen nicht hatte finden können. Er hatte die Sauerstoffmaske noch aufgesetzt und drehte den Kopf.
    Als er sie sah, riss er die dunklen Augen weit auf, und Ekaterin war erleichtert. Wenigstens lebte der kleine Lord Auditor noch. Sie war verzweifelt dankbar, dass sie nicht mit zwei Leichen allein war. Schließlich sah sie, dass er genau wie Tien mit den Handgelenken an die Pfosten des Geländers gekettet war. Blut rann herab und befeuchtete dunkel die Ärmelaufschläge seiner Jacke.
    Ihr erster zusammenhängender Gedanke war die unaussprechliche Erleichterung, dass sie Nikki nicht mitgebracht hatte. Wie soll ich ihm das erzählen? Doch erst morgen –
277
    es war ein Problem für morgen. Sollte er doch diese Nacht noch in der heilen Abgeschiedenheit eines anderen Universums verbringen, das diesen Schrecken nicht enthielt.
    »Madame Vorsoisson.« Lord Vorkosigans Stimme
    drang gedämpft und matt durch die Sauerstoffmaske. »O
    Gott!«
    Ängstlich berührte sie die kalten Ketten um seine
    Handgelenke. Die wund gescheuerte Haut war rings um die Kettenglieder geschwollen und begrub sie fast unter sich.
    »Ich gehe hinein und suche ein Schneidewerkzeug.« Fast hätte sie noch hinzugefügt: Warten Sie hier, aber sie schluckte diese alberne Floskel gerade noch rechtzeitig hinunter.
    »Nein, warten Sie«, keuchte er. »Lassen Sie mich nicht allein – es soll einen Schlüssel geben … angeblich … dort hinten auf dem Gehweg.« Er machte einen Ruck mit dem Kopf.
    Sie fand den Schlüssel sofort, er war vom einfachen mechanischen Typ, ein kaltes Metallstück in ihren
    zitternden Fingern. Sie musste es ein paarmal versuchen, bis sie ihn in die Schlösser stecken konnte, mit denen die Ketten befestigt waren. Dann musste sie die Kette aus Vorkosigans blutverkrusteter Haut schälen, wie aus einer Gummiform, bevor er seine Hände sinken lassen konnte.
    Als sie die zweite Hand befreite, fiel er fast mit dem Kopf voran über den Rand des Betons. Sie packte ihn und
    schleifte ihn zurück zur Mauer des Gebäudes. Er versuchte aufzustehen, doch die Beine knickten ihm ein und er sank erneut zusammen. »Haben Sie eine Minute Geduld«, sagte Ekaterin. Unbeholfen versuchte sie, seine Beine zu
278
    massieren, um den Blutkreislauf wieder anzuregen; selbst durch den Stoff seiner grauen Hose hindurch spürte sie, wie kalt und steif sie waren.
    Sie stand auf, hielt den Schlüssel in der Hand und blickte verwirrt auf Tiens Leiche. Sie bezweifelte, dass sie und Vorkosigan zusammen den Toten wieder auf den Gehweg heben konnten.
    »Es ist viel zu spät«, sagte Vorkosigan, der sie beobachtete. Seine Augenbrauen waren besorgt gekrümmt. »Es tut mir L-Leid. Überlassen Sie ihn Tuomonen.«
    »Was ist das da auf seinem Rücken?« Sie berührte das eigenartige Plastikpäckchen, das mit einem Klebeband befestigt war.
    »Lassen Sie das«, sagte Lord Vorkosigan etwas schärfer.
    »Bitte.« Und dann brach es stotternd aus ihm hervor, während er am ganzen Leib zitterte: »Es tut mir Leid. Es tut mir Leid. Ich k-konnte die K-Ketten nicht b-brechen.
    Verdammt, er konnte es auch nicht, und er ist s-stärker als ich … ich dachte, ich k-könnte meine Hand brechen und sie herausbekommen, aber ich konnte es nicht. Es tut mir Leid…«
    »Sie müssen ins Gebäude hineingehen, wo es warm ist.
    Hier.« Sie half ihm aufzustehen; nach einem letzten Blick über die Schulter auf Tien ließ er sich von ihr wegführen.
    Er machte einen Buckel, stützte sich auf sie und taumelte auf seinen wackeligen Beinen.
    Sie führte ihn durch die Luftschleuse in das Bürogebäude und geleitete ihn zu einem Polstersessel in der Vorhalle. Er ließ sich mehr fallen, als dass er sich setzte. Er 279
    zitterte heftig. »K-K-Knopf«, murmelte er und streckte ihr die Hände hin wie zwei gelähmte

Weitere Kostenlose Bücher