Vorkosigan 15 Ein friedlicher Angriffsplan
eine Pause machen, um Luft zu holen.
»Ich nehme an, dass Sie auch nichts von Dr. Borgos
gehört haben?«, fragte Martya Ekaterin vorsichtig.
»Warum… nein.«
»Er tat mir fast Leid. Er bemühte sich so sehr, Anklang zu finden. Hoffentlich hat Miles nicht alle seine Käfer töten lassen.«
»Miles hat niemals alle seine Käfer bedroht«, betonte Kareen. »Nur die Entflohenen. Was mich angeht, so wünschte ich, Miles hätte ihn erwürgt. Schade, dass du ihm Einhalt geboten hast, Ekaterin.«
»Ich!« Ekaterin verzog verwundert den Mund.
»Was denn, Kareen«, spottete Martya, »nur deshalb,
weil der Mann allen enthüllt hat, dass du eine
- 430 -
praktizierende Heterosexuelle warst? Weißt du, das hast du nicht richtig gemacht, wenn man alle betanischen Möglichkeiten in Betracht zieht. Wenn du nur während der letzten paar Wochen die richtige Art von Andeutungen gemacht hättest, dann hättest du erreichen können, dass Mama und Papa auf die Knie fallen aus Dankbarkeit, weil du nur mit Mark herumgemacht hast. Allerdings wundere ich mich über deinen Geschmack, was Männer angeht.«
Was Martya nicht weiß über mein Ausprobieren von
betanischen Möglichkeiten, entschied Kareen entschlossen, das wird mir nicht wehtun. »Sonst hätten sie mich wirklich in der Dachkammer eingesperrt.«
Martya machte eine wegwerfende Bewegung. »Dr.
Borgos war genügend eingeschüchtert. Es ist wirklich
unfair, eine normale Person im Palais Vorkosigan bei den DD-Brüdern abzuladen und zu erwarten, dass sie damit fertig wird.«
»DD-Brüder?«, fragte Ekaterin.
Kareen, die diese spöttische Bezeichnung schon gehört hatte, schnitt bloß die Grimasse, die diese Stichelei verdiente.
»Hm.« Martya war so anständig und blickte verlegen
drein. »Das war ein Scherz, der die Runde machte. Ivan hat ihn mir erzählt.« Als Ekaterin sie weiter ausdruckslos anschaute, fügte sie widerstrebend hinzu: »Dick und Dünn – wissen Sie.«
»Ach so.« Ekaterin lachte nicht, doch sie lächelte kurz; sie sah aus, als verdaute sie diesen Leckerbissen und als wäre sie sich nicht sicher, ob ihr der Nachgeschmack gefiel.
- 431 -
»Du willst damit sagen, Enrique ist normal?«, fragte
Kareen ihre Schwester und rümpfte die Nase.
»Nun ja … zumindest ist er einmal etwas anderes als die Art Leutnant Lord Vor-Ich-bin-Gottes-Geschenk-für-die-Frauen, der wir normalerweise in Vorbarr Sultana begegnen. Er drängt dich nicht in eine Ecke und quasselt dann endlos über Militärgeschichte und Artillerie. Er drängt dich in eine Ecke und quasselt stattdessen endlos über Biologie. Wer weiß? Er könnte gutes Material für einen Ehemann darstellen.«
»Ja, wenn es seiner Frau nichts ausmacht, sich als
Butterkäfer zu verkleiden, um ihn ins Bett zu locken«, sagte Kareen bissig. Sie hielt ihre Finger wie Fühler von sich und zappelte damit in Martyas Richtung.
Martya kicherte. »Ich glaube, er ist der Typ, der eine Frau braucht, die alles für ihn erledigt, damit er vierzehn Stunden am Tag in seinem Labor arbeiten kann.«
Kareen schnaubte. »Sie sollte lieber sofort die Kontrolle übernehmen. Ja, Enrique fallen Ideen über Biotechnologie so ein, wie Pep die Katze Junge bekommt, aber es ist so gut wie sicher, dass er allen Profit, den er mit ihnen erzielt, wieder verliert.«
»Zu vertrauensselig, meinst du? Würden ihn die Leute
ausnutzen?«
»Nein, er ist nur zu sehr in seine Arbeit vertieft. Am Ende würde es allerdings auf das Gleiche hinauslaufen.«
Ekaterin seufzte und blickte in die Ferne. »Ich wünschte, ich könnte vier Stunden am Stück arbeiten, ohne dass Chaos ausbricht.«
- 432 -
»Oh«, sagte Martya, »aber Sie sind anders. Das heißt, Sie sind einer von den Menschen, die erstaunliche Dinge hervorbringen.« Sie blickte sich in dem winzigen, heiteren Garten um. »Im Haushalt sind Sie am falschen Platz. Sie gehören eindeutig in die Forschung und Entwicklung.«
Ekaterin lächelte schief. »Wollen Sie damit sagen, ich brauchte keinen Ehemann, sondern eine Ehefrau? Tja, das klingt zumindest mal ein wenig anders als die Mahnungen, mit denen mir meine Schwägerin in den Ohren liegt.«
»Versuchen Sie es auf Kolonie Beta«, riet Kareen mit
einem melancholischen Seufzer.
Das Gespräch beschäftigte sich eine Zeit lang mit
diesem faszinierenden Thema. Der Straßenlärm der Stadt drang gedämpft über die Mauern und um die Häuser, das schräg einfallende Sonnenlicht zog sich vom Gras zurück und ließ den Tisch im kühlen
Weitere Kostenlose Bücher