Vorsätzlich verliebt
»Dad, das ist
mein
Schulausflug.«
»Genau deshalb haben wir es dir nicht gesagt. Du hättest mich angefleht, nicht mitzukommen.«
»Ich flehe dich
jetzt
an.«
»Zu spät. O bitte, jetzt schau mich nicht so an.« Max hoffte, dass er keinen furchtbaren Fehler beging. »Ich tue das nicht, um dich zu bestrafen. Mrs. Heron hält es für eine großartige Idee.«
Lous Augen wurden schmal. »Tja, warum auch nicht? Du bist ja auch nicht
ihr
Dad.«
Aber es gab nichts, was sie jetzt noch daran ändern konnte. Er hatte sie vor vollendete Tatsachen gestellt. Im Laufe der nächsten fünfzehn Minuten wurden vierzig Kinder und vierundvierzig diverse Gepäckstücke im Bus untergebracht. Dann kam Astrid Heron, um sie alle zu verabschieden. Schließlich stand sie vorn im Bus, schaute auf ihre aufgeregten Schülerinnen und Schüler und hielt eine kurze Direktorinnenansprache.
»Ihr kennt ja schon Miss Endell und Mr. Lewis, und ich möchte euch noch zwei Eltern vorstellen, die als Begleiter mitkommen. Mrs. Trent, die Mutter von Sophie.«
Neben Max sprang eine strahlende Fenella Trent auf, winkte begeistert und flötete: »Hallo, alle zusammen!«
»Und Louisas Vater, Mr. Dineen.«
Na schön, er würde weder strahlen noch winken. Max stand auf, sah über das Meer von Gesichtern und meinte: »Hallo, ihr könnt mich Max nennen.«
Man musste kein Genie sein, um zu wissen, wo Eddie und sein Kumpan saßen. Alle im Bus hörten das Kichern ganz hinten und das deutliche Flüstern: »Oder wir nennen dich einfach Schwuchtel.«
Wütend bellte Mrs. Heron: »Wer hat das gesagt?«
»Ist schon gut.« Max unterbrach sie mit einem Lächeln. Sie waren schließlich übereingekommen, dass er das auf seine Weise regeln würde. Er rief in Richtung letzte Sitzreihe: »So könntet ihr mich natürlich nennen, aber es würde euch nicht gefallen, was ich im Gegenzug zu euch sagen würde.«
Astrid Heron sah aus, als würde sie ihre Entscheidung bereuen. »Also gut. Habt eine schöne Reise. Und denkt daran, ihr repräsentiert Harleston Hall, also benehmt euch! Macht uns stolz!
A bientôt! Bonne chance! Au revoir!
«
Sie gab endlich das Startzeichen, und der Bus fuhr langsam die sonnendurchflutete Allee hinunter. Max lehnte sich zurück und fragte sich, ob
benehmt euch
auch für ihn galt. Falls die Überfahrt auf der Fähre rau wurde und sich die Gelegenheit bot, wäre es dann wirklich falsch, Eddie und seinen kichernden Kumpan über die Reling in den Ärmelkanal zu werfen?
Neben ihm justierte Fenella ihr rosafarbenes Stirnband und meinte fröhlich: »Und los geht es! Das wird lustig werden!«
»Wir wollen es hoffen.«
Sie beugte sich zu ihm und senkte die Stimme. »Worum ging es da gerade? Ich habe es nicht ganz mitbekommen.«
»Zwei Jungs haben eine Anspielung auf mich gemacht«, erklärte Max. »Weil ich schwul bin.«
Fenellas Augenbrauen kollidierten beinahe mit ihrem Stirnband. »Sie scherzen?«
»Nein.«
»Aber … Sie sind Louisas Vater!«
Max zuckte mit den Schultern. »Ich bin trotzdem schwul.«
Fenella, die offensichtlich ein sehr behütetes Leben geführt hatte, wurde rot und rückte etwas von ihm ab. »Nun ja, ich … ich hatte ja keine Ahnung … Auweia!«
»Ich weiß. Schockierend, nicht wahr?«, sagte Max.
Vierzig aufgeregte Teenager im Auge zu behalten, war eine Schikane. Den Nachmittag verbrachten sie mit Besichtigungen – Eiffelturm, Louvre, Arc de Triomphe –, dann aßen sie an Tischen vor einem riesigen Pizzarestaurant zu Abend.
(Pizza? Mais naturellement!)
Und nun plauderten sie und tauschten Plätze und beäugten andere Gruppen von Teenagern in der Nähe.
Max trank seinen schwarzen Kaffee und beobachtete die Körpersprache von Josie Endell, die angeregt mit Tom Lewis plauderte. Sie war schon bei ihrem zweiten Glas Wein angelangt –
quelle Tollkühnheit
! – und beugte sich vor, wobei sie ihren Rücken krümmte, um noch mehr Dekolleteé zu zeigen, und gestikulierte wild, um ihre Worte zu unterstreichen. Sie flirtete auf Teufel komm raus. Um einen bestimmten Punkt hervorzuheben, berührte sie Lewis’ Arm. Jedes Mal, wenn sie lachte, warf sie ihre Haare in den Nacken. O ja, die helläugige, haareschwingende Geschichtslehrerin wies klassische Paarungsritualmerkmale auf. Es bestand kein Zweifel daran, Miss Endell war alles andere als heimlich verknallt in Mr. Lewis.
Und sie war nicht die Einzige. Amüsiert beobachtete Max die Szenen vor seinen Augen. Halbwüchsige Mädchen schwirrten wie Motten um Tom
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