Vorsätzlich verliebt
wurde sofort von den Fotos in den silbernen Rahmen auf dem kleinen runden Tisch neben dem Kamin gefangengenommen. Verstohlen näherte sie sich, konzentrierte sich auf die einzelnen Fotos: ein altes Schwarzweißfoto, wahrscheinlich Jacks Eltern; ein Foto von einem kleinen Jungen – Jack? –, der mit einem schwarzweißen Hund über ein Feld rannte; ein Gruppenbild von Uni-Kommilitonen in Abendgarderobe auf den Stufen vor einem großen Landhaus …
Hoppla, Schritte auf der Treppe, die sich rasch näherten. Tilly war nicht darauf vorbereitet. Sie drehte sich abrupt um, wollte auf keinen Fall beim Schnüffeln überrascht werden …
»Oh.« Ihr Absatz verfing sich in den Fransen des Teppichs und katapultierte sie wie einen gefällten Baum zu Boden. Schmerz schoss durch ihre Hand, mit der sie den Sturz abfangen wollte. Sie erstarrte, als sie hinter sich eine Stimme rufen hörte: »Du meine Güte, alles in Ordnung?«
Versteht sich von selbst, dass es eine rauchige, sexy Frauenstimme war.
Der Sturz raubte Tilly kurzzeitig den Atem. Sie schnappte nach Luft und setzte sich vorsichtig auf.
»Einen Moment, seien Sie vorsichtig. Lassen Sie mich Ihnen helfen.« Ein paar kräftige Arme zogen sie auf die Beine. Tilly schämte sich zutiefst, als sie sah, dass ihre Retterin eine kräftig gebaute Frau Mitte fünfzig mit Haarknoten, einer üppigen Schicht türkisfarbenem Lidschatten und einer smaragdgrünen Kittelschürze aus Nylon war. Hinter ihr, auf dem Couchtisch, stand jetzt ein Korb voller Reinigungsmittel.
Meine Güte, was war diese Frau stark. Nahm sie heimlich Muskelaufbaupräparate?
»Aha, ihr beide habt euch also schon kennengelernt.« Von der Tür aus meinte Jack trocken: »Monica, das ist Tilly. Tilly, das ist meine großartige Putzfrau Monica.«
»Hallo. Danke.« Tilly umklammerte ihre schmerzende linke Hand. »Tut mir leid.«
»Sie Arme, können Sie die Finger bewegen?« Es war eigentlich ziemlich bizarr, diese sexy Sirenenstimme aus einem derart bodenständigen, alles andere als jungen Körper tönen zu hören.
»Lassen Sie mich mal sehen.« Jack übernahm das Ruder. »Ich weiß gar nicht, wie Sie hier stürzen konnten. Wollten Sie einen Bocksprung über das Fernsehgerät hinlegen?«
Konnte sie lügen? Würde er ihr glauben? »Mein Absatz hat sich im Teppich verfangen. Ich habe die Toilette gesucht.«
Er inspizierte sachverständig ihre Finger. »Wir haben uns dagegen entschieden, eine Toilette ins Wohnzimmer zu stellen. Sie passte nicht zu den Möbeln.«
Na gut, dann glaubte er ihr eben nicht.
»Ich habe auf der Suche nach dem Klo hier hereingeschaut«, stotterte Tilly, »und dann habe ich die Fotos gesehen und war … interessiert.« Gott, warum musste er sie nur so ansehen? Ziemlich lahm fuhr sie fort: »Ich sehe mir gern die Fotos anderer Leute an.«
»Komisch. Das geht den meisten Menschen so. Tut das weh?« Vorsichtig ließ er ihr Handgelenk kreisen.
»Nein. Ist schon gut, es ist alles in Ordnung. Nichts gebrochen.« Sie entzog ihm ihre Hand, beschloss, aufrichtig zu sein. »Max hat mir von Rose erzählt und meinte, sie sei die schönste Frau, die er je gesehen hat. Ich war neugierig.«
»Ich habe kein Foto von Rose auf diesem Tisch.« Jack schwieg. »Aber wenigstens sind Sie ehrlich.«
»Tut mir leid.«
»Na schön, meine Pause steht an«, verkündete Monica. »Hast du mir Kaffee eingegossen, Jack?«
»Habe ich.« Während Monica ihren Korb ergriff und aus dem Raum eilte, sagte er: »Sie mag ihn nur lauwarm. Hier ist übrigens der Schlüssel.«
»Danke.« Tilly nahm ihn und schob ihn in die vordere Tasche ihrer Hose.
»Nennt Max mich immer noch den tragischen Witwer?«
Sie schürzte die Lippen. »Äh … ja.«
»Habe ich mir gedacht. Tja, ist schon in Ordnung. Dann nenne ich ihn weiterhin die Liverpooler Schwuchtel.« Jack schaute amüsiert. »Hat er Sie auch vor mir gewarnt?«
»O ja.«
»Sieht ihm ähnlich. Und wie fühlen Sie sich dabei?«
Tilly zögerte. In seiner Gegenwart fühlte sie sich wie eine 15 -Jährige, deren Mutter ihr sagte, es sehe nicht schmeichelhaft aus, wenn sie den Rock ihrer Schuluniform mehrmals umkrempelte und der Saum somit weit nach oben rutschte. Nur weil man es gesagt bekam, hieß das noch lange nicht, dass man es auch befolgte.
Aber sollte sie ihm das wirklich sagen?
»Ich bin sicher, er denkt sich etwas bei seinem Ratschlag. Na gut, ich muss los«, sagte Tilly. »Eines noch, war das Absicht? Mich denken zu lassen, Sie hätten da oben eine
Weitere Kostenlose Bücher