Vorsaison
ähnliche Ideen
kommen könnten! So gesehen konnte ich Corinna auch durchaus verstehen; irgendwo
musste es eine Grenze geben und die hatte ich in ihren Augen deutlich
überschritten, als ich angefangen hatte, mit Adelio ins Séparée zu gehen. Und
so gesehen hatte Maurice natürlich ebenfalls Recht, wenn er sagte, dass ich als
Barmädchen damit leben müsste, dass man mich als leichtes Mädchen betrachtete — denn wer würde einem schon auf Dauer abnehmen, dass man als
Barmädchen bloß an der Theke saß und die Gäste verbal unterhielt?
Adelio hatte unterdessen wieder raue
Mengen Napalm freigesetzt und er bemerkte überrascht, dass meine Finger sich so
heiß anfühlten, als ob ich Fieber hätte. Aber auch Adelios Lippen hatten sich
heiß angefühlt. Ich sagte nichts, sondern sah ihn nur an. Im schummrigen Licht
der Bar war es mir jedoch nicht möglich, seine Augenfarbe auszumachen. Kurz drauf
kamen auch Titus und Corinna aus dem Séparée und Corinna verschwand sogleich
auf der Toilette. Titus bezahlte die Rechnung und die beiden Männer
verabschiedeten sich daraufhin von mir. Corinna kam erst zurück, nachdem die
beiden schon mehrere Minuten weg waren und setzte sich ganz bewusst in einigem
Abstand zu mir an die Theke. Nach der Arbeit ging ich wieder ins „Hollywood“
und hauchte Alonso ein folla me zu. Diesmal war allerdings noch ziemlich
viel los und es dauerte über eine halbe Stunde, bis Alonso endlich nach unten
kam. Er warf mir einen Blick zu und ich machte mich auf den Weg zum
Personalraum. An der Eisentür klebte außen ein runder Magnet. Auf der einen
Seite war er rot und auf der anderen Seite grün. War die rote Seite außen,
wussten die anderen Mitarbeiter, dass der Raum gerade besetzt war. Zu
unserer Rechtfertigung sei gesagt: Alonso und ich waren nicht die Einzigen, die
den Raum für eine schnelle Nummer nutzten.
Margaritha war natürlich nicht
entgangen, dass ich, gleich nachdem Alonso heruntergekommen war, ebenfalls
verschwand. Doch lieber als mit ihr, hätte ich gerne mit Corinna über mein
Verhältnis mit Alonso und die erotische Anziehungskraft, die Adelio auf mich
ausübte, gesprochen. Leider ging das nun nicht mehr. Als es dann nicht mehr
ganz so voll war, kam Margaritha zu mir herüber. Sie gab mir zu verstehen, sie
wüsste, dass Alonso und ich angefangen hatten, uns im Umkleideraum zu treffen
und dass der Raum gerade im Sommer regelmäßig dafür benutzt wurde, Touristinnen
zu verführen — deshalb auch der Magnet. Ich wollte wissen, ob sie den Raum auch
gelegentlich dafür benutzte, doch Margaritha schnalzte bloß mit der Zunge und
schüttelte dann den Kopf. Sie erzählte mir, sie teile sich zusammen mit einer
Freundin die als Zimmermädchen einen Ganzjahresjob im Hotel „Don Juan“ hatte,
ein kleines piso . Allerdings mit nur einem Schlafzimmer. Mir dämmerte,
dass Margaritha zwar durchaus versiert und cool auftrat, ihre tatsächlichen
Erfahrungen sich aber eher auf die Erfahrungsberichte von anderen, als auf die Praxis am eigenen Leib bezogen. Margaritha hatte immer noch die Hoffnung, dass
irgendwann einmal ein reicher Tourist ins „Hollywood“ käme und sie dann mitnähme.
Aber bislang schien Mr. Right noch nicht dabei gewesen zu sein.
***
Zwei weitere Wochen vergingen, es war
Februar und bald würde Karneval vor der Tür stehen. Ich hatte jedoch keine
Ahnung, ob oder wie die Spanier Karneval feierten. Ich selbst hatte für diesen
Brauch nie viel übrig gehabt. In diesem Jahr war Karneval allerdings erst sehr
spät, nämlich Anfang März — was auch bedeutete, das die Saison in diesem Jahr erst
sehr spät beginnen würde. Ostern fiel 1984 auf Ende April und Ostern war immer der
offizielle Saisonanfang. Dies wiederum bedeutete, dass auch die großen Discotheken,
wie das „Revolution“, erst gegen Ende April wieder öffnen würden. In der Regel eröffneten
die meisten Discotheken, die den Winter über geschlossen gewesen waren, am Karfreitag.
Mit jedem Tag wurde auch das Wetter noch
schöner und vor allen Dingen wurde es wärmer. Nur einmal hatte es zwischendurch
geregnet. Allerdings gleich so heftig, dass der Regen einen Kurzschluss in den
oftmals nur notdürftig an den Häusern angebrachten Stromkabeln irgendwo in der
Stadt verursacht hatte. Das Ergebnis war, dass wir mehrere Stunden ohne Strom
waren. Doch offenbar geschah dies öfter, denn Ernie hatte vorgesorgt und brachte
gleich ein paar Kerzen zum Vorschein. Es war zwar erst früher Nachmittag,
Weitere Kostenlose Bücher