Vorsaison
sie nicht mehr oder weniger betrunken war. Das
geht dich aber nichts an! Frag‘ dich lieber was mit Alonso los ist, flüsterte das Stimmchen. Ich hab‘ nicht vor, Alonso hinterherzulaufen, antwortete
ich ihm, — und wenn Corinna meine Freundin ist, geht es mich schon etwas an!
>>Puh<<, machte Corinna
gerade und unterbrach damit mein gedankliches Selbstgespräch. Sie war endlich
neben mir angekommen und setzte ihren blauen Müllsack ab. Dann musste sie
husten und warf mir dabei einen schrägen Blick zu.
>>Mein Gott, du kannst einen
vielleicht ansehen!<<, fuhr sie mich an. Dann hustete sie erneut und ich
wartete, bis ihre Hustenattacke vorbei war.
>>Tut mir leid, aber ich finde
nun mal, dass du gar nicht gut aussiehst und der Husten ist auch nicht
OK!<<
>>Papperlapapp<<,
hechelte Corinna. >>Mit mir ist alles bestens, aber mit dir scheinbar
nicht! Entweder du findest, dass ich zu viel trinke oder du nörgelst darüber,
dass ich zu viel rauche! Keine Panik und zudem — wer stirbt schon gerne unter
Palmen?<<
Ich lachte, denn Corinna hatte gerade
den Titel des Buches zitiert, das ich zurzeit las. Corinna wertete mein Lachen
jedoch eher als Einsicht oder Nachsicht in Bezug auf ihren Lebensstil und ihre
Gesundheit und wechselte das Thema. Sie fragte nach Alonso. Ich zuckte die
Schultern. In der Tat ließ er sich nicht mehr blicken.
>>Scheint so, als hätte er
schon eine Neue für seine allnachmittäglichen Schäferstündchen
gefunden<<, stichelte Corinna und als ich darauf nicht antwortete, fügte
sie hinzu: >>Tja, der Sommer ist noch nicht ganz da und schon sehen die
Kerle sich wieder nach etwas Neuem um!<<
Am selben Abend stellte sich jedoch
heraus, dass Corinnas Aussage zumindest auf sie selbst zutraf! Es war der Abend
an dem Grahams Abschiedsparty im Pub vom „Picasso“ stattfand. Die Besitzer der
Pension, die ja auch das Pub betrieben, waren selbst Engländer und Graham hatte
sich im Laufe der Zeit mit ihnen angefreundet. So war es denn auch OK, dass
Graham zur Party seine eigenen selbstgemachten Hors d'oeuvres mitbrachte. Hermann
war ebenfalls dort — und hatte eine Begleiterin dabei. Die beiden turtelten
verliebt. Wie sich dann herausstellte, kam das Mädchen ebenfalls aus
Deutschland und arbeitete als Au-pair für eine spanische Familie in Lloret.
Hermann hatte sie, wie sollte es auch anders sein, im „Moby’s“ kennengelernt.
Sie war noch sehr jung und reichlich naiv, aber nett. Irgendwie erinnerte sie
mich deshalb an Babs. Als sie hörte, wie Corinna und ich uns auf Deutsch
unterhielten, kam sie gleich zu uns herüber und stellte sich vor. Sie war
gerade erst in Lloret angekommen und suchte zweifelsohne ein wenig Anschluss.
Corinna zeigte ihr jedoch die kalte Schulter, nicht zuletzt auch deshalb, weil
das Mädchen gleich anfing, von Hermann zu schwärmen, was er doch für ein toller
Typ sei! Hermann und das Mädchen blieben jedoch nicht sehr lange und kurz
nachdem sie gegangen waren, kam Corinna zu mir und erklärte, ihr sei langweilig.
Sie wollte ins „Moby’s“. Doch ich hatte keine Lust dazu, außerdem hatte ich
gerade erst beschlossen, die Nacht mit Maurice zu verbringen. Corinna reagierte
beleidigt, statt aber alleine ins „Moby’s“ zu gehen, blieb sie ebenfalls.
Graham hatte offenbar sehr viele
Leute gekannt und an diesem Abend war der Pub deshalb auch gut besucht. Auch
Detlefs Bruder Markus war da zusammen mit Oliver und diesem Neuen, Benno. Pepe
war ebenfalls gekommen und ich machte bei dieser Gelegenheit auch das erste Mal
Bekanntschaft mit seiner spanischen Freundin. Sie sah sehr bieder aus, wirkte
prüde und verbissen und begutachtete das Büffet mit zusammengekniffenen Lippen.
Den ganzen Abend über hielt sie sich dann an einer Flasche mit stillem Wasser
fest, genau wie ich übrigens auch. Doch im Gegensatz zu mir hatte
sie den ganzen Abend über mit niemandem ein Wort gewechselt und auch nichts
gegessen. Jedes Mal, wenn jemand zu Pepe hinüberging, um sich mit ihm zu
unterhalten, drehte seine Freundin demonstrativ den Kopf zur Seite. Dies führte
schließlich dazu, dass Pepe und sie ganz alleine an einem der Tische saßen.
Außerdem hatte ich das Gefühl, als würde Pepe versuchen, mir und Corinna aus
dem Weg zu gehen. Als seine Freundin dann später einmal ausnahmsweise nicht an ihm
klebte, weil sie zur Toilette musste, ging ich deshalb zu Pepe hinüber. Es war
ihm sichtlich unangenehm, dass ich mich zu ihm setzte und er blickte auch
dauernd zu der Tür, die zu den
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