Vorsicht Nachsicht (German Edition)
gegen das kühle Fenster.
»Wann war das letzte Mal?«
»Hm… Weiß nicht mehr… Schon länger her…«
»Länger als ein Jahr?«, hakt er nach.
»Weiß nicht… Nein, ich glaube im Herbst letztes Jahr«, antworte ich und schließe wieder die Augen. Ich will nur noch schlafen. Wieso habe ich eigentlich zugestimmt, mit zu Kilian zu fahren? Hat er mich überhaupt gefragt? Wenigstens lässt er mich in Ruhe, bis wir bei ihm angekommen sind und er mir wieder aus dem Auto hilft. Ich bin so froh, endlich wieder liegen zu können, als er mich in sein Schlafzimmer bringt.
»Ich mach‘ dir einen Tee. Hast du noch etwas anderes als Halsschmerzen?«
»Kopfschmerzen und Fieber«, antworte ich und winde mich aus dem warmen Pullover heraus, ehe ich auch die Hose abstrample und mich wieder unter die Decke verkrieche.
»Ja, das hattest du auch schon gesagt. Ich meinte, zusätzlich noch etwas anderes? Deinem Bauch geht es gut?«
»Klar, nur Erkältung.«
»Dann mache ich dir Salbeitee.«
»Mhm, danke«, murmele ich. Ehrlich gesagt, habe ich noch nie Salbeitee getrunken. Meine Mutter hat mich immer gleich mit Medikamenten voll gestopft. Überhaupt bin ich es nicht gewohnt, so umsorgt zu werden. Kranksein bedeutet für mich, allein im Bett zu liegen und schnell wieder gesund zu werden, um der Isolation zu entfliehen. Aber bei Kilian könnte ich mich vielleicht daran gewöhnen, länger krank zu sein.
»Hier«, schreckt mich Kilians sanfte Stimme aus dem Halbschlaf auf. Er hat eine Tasse dabei – oh, und ein Fieberthermometer.
»Anal oder oral?«, will er schmunzelnd wissen.
»Kommt darauf an…« Wo es vorher schon gewesen ist.
Kilian scheint meinen Gedanken erraten zu haben und lacht leise. »Oral. Mach den Mund auf.«
Gehorsam tue ich ihm den Gefallen und lasse mir das Ding unter die Zunge schieben. Es dauert nicht lang, bis es zu piepen anfängt. So schlimm kann es also gar nicht sein. Doch Kilian sieht besorgt aus, als er die Temperatur abliest.
»39,4 Grad. Neigst du eher zu hohen Temperaturen oder ist das so schlimm, wie ich mich dabei fühlen würde?«
»Hm?«, hauche ich ein wenig verwirrt. »Weiß nicht… Ziemlich hoch, glaube ich.«
»Ja, glaube ich auch. Lassen wir den Tee lieber noch ein wenig abkühlen und machen dir erst einmal Wadenwickel…« Das Pflegen macht ihm wohl Spaß. Er scheint jedenfalls ganz in seinem Element zu sein. Da ich ihn kaum davon abhalten kann, lasse ich es einfach mit mir geschehen. Wenig später trinke ich lauwarmen Tee, der echt scheiße schmeckt, und habe lauwarme, nasse Tücher um meine Beine gewickelt. Kilian macht ein sehr zufriedenes Gesicht.
»Wenn du den Tee ausgetrunken hast, schlaf ein bisschen, ja? Ich bin im Arbeitszimmer und bereite ein wenig für morgen vor, damit ich eher zu dir nach Hause kann.«
Ich brumme zustimmend und leere die Tasse mit wenigen großen Schlucken. Eklig. Kilian lacht leise und beugt sich plötzlich zu mir vor, um mir einen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Hat er heute noch gar nicht gemacht.
»Schlaf schön.«
»Danke. Arbeite nicht mehr so viel«, erwidere ich.
»Nein, ich gehe heute auch früh schlafen«, verspricht er mir und streicht mir durchs Haar. Die sind sicherlich fettig und eklig. Oh Mann… Eigentlich will ich gar nicht, dass er mich so sieht. Kilian deckt mich noch einmal fürsorglich zu, ehe er den Raum verlässt und ich wieder einschlafe.
***
»Du bist ja ganz nass geschwitzt, Ruben«, flüstert eine besorgte Stimme leise an mein Ohr. Ich spüre, wie zwei kühle Hände – kühl zumindest im Vergleich zu meinem Körper – beginnen, meine Sachen auszuziehen und mich anschließend mit einem feuchten Lappen abreiben.
Ich zittere. Doch gleichzeitig ist mir auch wieder, als würde ich innerlich verbrennen. Nachgiebig lasse ich mir einen neuen Pyjama anziehen und nehme auch die neuen Wadenwickel in Kauf. Dann wird es wieder dunkel um mich herum. Aber eine Hand greift nach meiner und reibt mit ihrem Daumen beruhigend über meinen Handrücken. Ich schlafe wieder ein.
Als ich erneut aufwache, habe ich schrecklichen Durst. Ich fühle mich ein wenig orientierungslos. Blind taste ich über den Nachttisch neben mir. Tatsächlich finde ich ein Glas, in dem sich anscheinend Wasser befindet. Nicht, dass ich noch etwas schmecken könnte. Ich trinke einfach gierig und suche dann Geborgenheit an dem Körper neben mir, der auch sofort seine Arme um mich legt.
Von da an schlafe ich durch und wache erst wieder auf, als es morgen
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