Vorsicht Niemandsland
auf, mit welcher Ängstlichkeit mein Begleiter versuchte, Wänden und eingelagerten Gegenständen aus dem Wege zu gehen.
Zehn Minuten später sah ich Major Wulfer hinter einer großen Kiste hervorkriechen. Sein Gesicht unter dem transparenten Kugelhelm war schweißüberströmt. Er atmete so hastig und unkontrolliert, als litte er an akuter Luftnot. Wir verständigten uns über die Funksprechanlagen der Anzüge.
»Okay«, sagte er mit einem Anflug von Sarkasmus, »da wären Sie also. Freut mich, daß die ›Schatten‹ die Sache wieder einmal erfolgreich erledigen wollen. Ich bringe Sie nach vorn hinter meine Säule. Ist das Ihre Waffe?«
Er blickte neugierig auf das unhandliche Gebilde mit der trichterförmigen Mündung auf einem kurzen Lauf. Wulfer war am Ende seiner Nervenkraft, das stand außer Frage.
Für die wenigen Meter bis zu seiner Deckung benötigten wir fünfzehn Minuten. Seine Männer lagen tatsächlich unter so starkem Beschuß, als feuerte eine komplette Kompanie. Ich warf mich mit einem letzten Sprung hinter den meterstarken Betonpfeiler.
»Wulfer, woher hat Kosterna die viele Munition?«
»Keine Ahnung«, erwiderte der Major schulterzuckend. »Er hatte einen Koffer bei sich. Ich komme langsam zu der Ansicht, daß er nur Patronen enthielt. Das ist auf alle Fälle der seltsamste Verbrecher, den ich jemals verfolgt habe, mein Wort darauf.«
»Das ist kein Verbrecher«, belehrte ich ihn. »Sie ahnen nicht, was hier gespielt wird. Achtung: Die Wulfer-Abteilung hört nun auf meine Anweisungen! Stellen Sie Ihr Feuer ein!«
Das gellende Peitschen der Abschüsse verstummte. Es wurde so still in der gewaltigen Halle, als hätte es hier keine Lebenden mehr gegeben.
Ich sah hinüber zu der wuchtigen Automaten-Drehbank, die offenbar zur Verschiffung bestimmt war. Sie stand dicht an der einen Außenwand der Lagerhalle. Zwischen ihr und der Betonmauer kauerte Sergeant Kosterna, der dort eine vorzügliche Deckung gefunden hatte. Er konnte nur von vorn und den beiden Seiten angegriffen werden.
Es war recht dunkel in dem Raum. Die Leuchtröhren waren von Kosterna längst zerschossen worden. Nur spärliches Tageslicht fiel durch die schmalen Fenster in der Mauer.
Ich wartete, bis sich meine Augen an die Dämmerung gewöhnt hatten.
Kosterna schoß in genau berechneten Abständen. Die Geräusche der explodierenden Geschosse belehrten mich über seine Absichten.
Ich wartete auf seinen nächsten Schuß. Der Sergeant kam blitzschnell hinter der Deckung hervor, feuerte und verschwand wieder. Die Regelmäßigkeit seiner Handlung war unschwer zu erfassen.
»Achtung, an den Einsatztrupp: Nach seinem nächsten Schuß eröffnen Sie gleichzeitig das Feuer. Schießen Sie auf die Maschine, und geben Sie mir damit Gelegenheit, meine Waffe in Anschlag zu bringen. Dann brechen Sie ab. Alles klar?«
Es gab keine Rückfragen. Zwölf Maschinenwaffen verwandelten die Dämmerung in einen blitzdurchzuckten Tag. Die Querschläger heulten so zahlreich durch die Halle, daß ich es kaum wagen konnte, meine Waffe nach vorn zu schieben. Dann hatte ich genau jene Ausbuchtung im Visier, hinter der Kosterna regelmäßig auftauchte. Ich legte den Daumen auf den roten Feuerknopf eines Gerätes, dessen Konstruktion von uns nicht verstanden wurde. Wir wußten lediglich, auf welchen Knopf wir zu drücken hatten.
Nach meinem »Stop« verstummte das Feuer unserer Männer. Kosterna erschien so planmäßig, als hätte er nur auf den Augenblick gewartet. Er handelte – taktisch gesehen – völlig unmöglich! Er glich einer ferngesteuerten Marionette.
Feuerhand, Arm und Oberkörper tauchten
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