Vorsicht Niemandsland
98prozentiger Gewißheit nicht gelingen wird, ein Serum gegen die Marsseuche zu entwickeln? Darüber können Jahre und Jahrzehnte vergehen. Bis dahin dürfte die Menschheit ausgestorben sein. Ich glaube, mehr brauche ich Ihnen nicht zu sagen.«
Ich verhielt im Schritt. Mich erfüllte ein derart ungutes Gefühl, daß meine Handflächen plötzlich feucht wurden. Ich wandte den Kopf.
»Mit 98prozentiger Gewißheit? Von wem stammen diese Daten?«
»Vom positronischen Robotgehirn, dem wir alle bekannten Fakten gegeben haben. Der Fall Hendrik Kosterna wurde bereits berücksichtigt, desgleichen die Funkmeldung von Pater Fernando. Die Lebenserwartung der bereits erkrankten Personen beläuft sich auf bestenfalls sechs Monate, nicht auf einige Jahre, wie wir vor vierzehn Tagen noch annahmen. Wenn es einer unbekannten Macht gelingt, nochmals eine größere Anzahl immuner Bazillenträger auf die Erde zu bringen, werden wir die Namen nicht wissen. Dann können die Träger des Todes unerkannt von einem Ort zum anderen eilen. Die Meldung des Paters war ein schwerer Schlag für unseren Gegner, der in Zukunft solche Fehlerquellen bestimmt auszuschalten weiß. Wenn es uns nicht gelingt, schleunigst ein Gegenmittel zu finden, dann …«
Sie verstummte. Ihr Schulterzucken sagte mir genug.
»Was hat das mit Ihnen zu tun? Mit Ihrer geplanten Reise zum Mars?«
»Viel, vielleicht alles. Sie haben eine zwölfjährige GWA-Ausbildung absolviert, aber Sie sind kein spezialisierter Bakteriologe. Sie benötigen auf alle Fälle eine Fachkraft. Wir müssen herausfinden, wo die Ursachen liegen, und das kann nur auf dem Mars geschehen. Ich habe übrigens auch meinen Doktor der Biologie.«
»Ich zweifle nicht an Ihrem Können, sonst gehörten Sie nicht zum Forschungsteam der GWA. Ich nehme Sie aber trotzdem nicht mit. Wenn unbedingt ein Fachwissenschaftler dabei sein muß, dann teilen Sie mir einen Mann zu, der sich im Falle eines Falles auch helfen kann. Gehen wir nun? Ich bin zum Chef befohlen.«
»Er wartet. HC-9, Sie werden den Befehl erhalten, mich dennoch mitzunehmen. Ich bin bereits eingeplant, wie mir gesagt wurde.«
Sie stand hochaufgerichtet vor mir. Ehe ich etwas entgegnen konnte, fuhr sie fort:
»Ich habe einen dreijährigen Sohn. Er ist an der Seuche erkrankt. Mein Mann ist bei der Deneber-Aktion auf dem Mond gefallen. Er lief in den Strahlschuß einer außerirdischen Kampfmaschine. Wenn ich mich nicht irre, hatten Sie damals das Kommando. Sie sind mir etwas schuldig, Major HC-9! Seien Sie versichert, daß ich eine ausgezeichnete Einsatzagentin sein werde. Es geht um mein Kind, es geht um die gesamte Menschheit. Entschuldigen Sie, daß ich meinen Jungen zuerst erwähnte. Sie wissen nicht, wie es ist, wenn man als Mutter und hochspezialisierte Wissenschaftlerin hilflos zusehen muß, wie der Tod unerbittlich nach dem Liebsten greift, das man noch auf der Welt hat. Ich darf Michael nicht einmal mehr sehen! Er ist im Seuchengebiet von Kalifornien eingeschlossen.«
In mir brach jeder Widerstand zusammen. Ich konnte dieser Frau plötzlich nicht mehr in die Augen sehen. Ja, bei der Deneber-Aktion hatte ich das Kommando geführt.
Leise fragte ich:
»Wie hieß Ihr Mann? Auch Neon?«
»Nein, ich habe wieder meinen Mädchennamen angenommen. Der Name meines Mannes ist nebensächlich. Er fiel für die Erde und damit für eine geeinte Menschheit. HC-9, ich werde Sie nicht eher in Ruhe lassen, bis Sie mich als Kollegin anerkannt haben. Sie werden mir keine Schwierigkeiten mehr machen, nicht wahr?«
Nein, ich fühlte, daß ich nicht weiter auf meinem Standpunkt beharren konnte. Ihre Probleme waren auch die meinen. Dennoch trieb mir der
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