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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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Hardy schien auch friedlich beendet zu sein, und Pa kriegte Birnen, Bohnen und Speck zu essen.
    »Weißt du, was ich glaube?«, sagte Ma. »Dass Jan Ellerbek zurückgekommen ist.«
    »Und warum geht er dann nicht zum Amtsgericht, um sein Erbe anzutreten? Oder meldet sich bei Dr. Bunsen? Er hat doch gar keinen Grund, heimlich im Haus herumzuschleichen.«
    »Er muss ein merkwürdiger Mensch sein. Als wir anfangs hier wohnten, wurde gemunkelt über ihn«, sagte Ma.
    »Was wurde gemunkelt?«, fragte Theo. Was wusste Ma?
    »Er hat seinen Eltern wohl viel Kummer gemacht.«
    »Du kennst die Geschichte mit dem Kind im Wald?«
    Er sah seiner Mutter an, dass sie die Geschichte nicht kannte. Theo scheute sich, sie zu erzählen. Ma war kaum der Mensch, dem er eine Geschichte vom Beinahtod eines Kindes zumuten wollte.
    »Fang du nicht auch an, dich in Geheimnisse zu graben«, sagte Ma.
    »Mit Graben bist du nahe dran«, sagte Theo. Und er erzählte ihr von dem Loch im Wald, das Jan Ellerbek gegraben hatte. Von dem kleinen Jungen, der im Loch umgekommen wäre, hätte man ihn nicht doch noch gefunden mitten im tiefsten Winter.
    Seine Mutter war ganz weiß geworden.
    »Ich hätte es dir nicht erzählen sollen. Du denkst an Annika dabei.«
    »Was ist aus dem kleinen Jungen geworden?«
    »Die Familie ist weggezogen. Das hat Ellerbek gesagt.«
    »Er hatte großes Vertrauen zu dir«, sagte Ma. Sie horchte auf. Auch Theo hatte Pas Wagen gehört. »Da ist er endlich«, sagte Ma, »erzähl es ihm nicht. Ihn quält das noch viel mehr als mich.«
    Das bezweifelte Theo. Doch er hatte nicht das geringste Bedürfnis, seinem Vater diese Geschichte aufzutischen. Dann konnte Ma das Essen gleich in den Müll kippen.

    Leni bekam einen Tobsuchtsanfall, als sie hörte, dass sie nicht im Haus des alten Mannes feiern würden. Sie weigerte sich, Theo zu treffen, der das verhindert hatte. »Es war eben eine Schnapsidee«, sagte Lucky.
    Die Abschiedsfeierei ging total in die Hose.
    Lucky und Leni fuhren in Luckys Ford herum und guckten, wie das Seechen bei trübem Himmel aussah. Der alte Holzkahn war weg. Das Wasser grau. Der Sand nass. Sie blieben im Auto sitzen und tranken den Sekt. »In Saint Tropez sind es sechsunddreißig Grad«, sagte Leni.
    Das wäre Lucky zu heiß gewesen.
    Leni hatte ihrem Vater noch immer nicht gesagt, dass sie am Montag nach Nizza fliegen würde, wo Maman sie mit dem Jeep abholen würde.
    Paps war am Samstagvormittag aus Mailand gekommen. Am Montag waren den ganzen Tag Konferenzen angesagt. Er hatte gar keine Gelegenheit, sie zu vermissen.
    Leni spielte mit dem Gedanken, einfach abzureisen, ohne ihn vorher zu informieren, und erst dann anzurufen, wenn sie schon bei Maman am Pool lag. Das würde ihr das ganze Gezeter wegen des Internats ersparen. Nur die Koffer müsste sie dann heimlich packen.
    »Wir könnten ins Tre Castagne fahren«, sagte Lucky.
    »Drinnen ist es da öde«, sagte Leni.
    »Ins Lichtgrün?«
    Leni schüttelte den Kopf. Sie nahm ihm die Sektflasche aus der Hand und trank einen tiefen Schluck.
    »Wir könnten noch auf den Kiez gehen«, sagte sie.
    »Nur wenn du mich zu Max führst.«
    Sie fuhren schließlich zum Ponyhof. »Weißt du, in welchem Schuppen die Leiche gelegen hat?«, fragte Leni.
    Lucky sah sie an. »Irgendwie gierst du nach Leichen«, sagte er.
    »Vielleicht der dahinten«, sagte Leni, »der ist am abgelegensten.«
    Sie landeten schließlich in einem türkischen Imbiss.
    Gegen Mitternacht setzte Lucky sie am Geldhügel ab.
    »Lebe wohl«, sagte Leni und klang auf einmal pathetisch. »Richte Theo aus, dass er ein Spießer ist, der uns den Abend verdorben hat.«

    Leni packte die Koffer am Sonntagabend. Heimlich. Paps hing seit Stunden am Telefon. Er telefonierte mit Mailand und mit London. Irgendwas schien schiefzugehen bei seinem neuen großen Deal.
    Ein Glück, dass Paps ihr die beiden Trolleys geschenkt hatte, denn die standen im großen Einbauschrank ihres Zimmers.
    Titankoffer. Edle Teile. Eigentlich nicht nett, die heimlich zu packen. Ein Anflug von schlechtem Gewissen, der schnell verging, als sie in die Diele kam und französische Gesprächsfetzen auffing.
    Paps schien mit der Internatsleiterin zu telefonieren.
    Lenis Französischkenntnisse waren nicht gerade großartig. Maman hatte es zu wenig mit ihr gesprochen. Doch sie reichten aus, um zu verstehen, dass sie am sech sundzwanzigsten August in einem Nest namens Villars sur Ollon sein sollte. Wie gut, dass sie zehn Tage vorher die Flucht

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