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Vortex: Roman (German Edition)

Vortex: Roman (German Edition)

Titel: Vortex: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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die Trümmergebiete, die noch dekontaminiert wurden, und fuhren direkt nach unten. Wann immer die Transitröhre einen großzügigen Ausblick bot, legten wir eine Pause ein; so konnte Turk die Plätze, Balkons und Stufen sehen, die weiten landwirtschaftlichen Areale, die mit künstlichem Tageslicht geflutet wurden, und die Schlafkomplexe, die wie alabasterne Splitter aus den Naturparks ragten.
    Schließlich fuhren wir zu den tiefsten Ebenen hinunter, den Maschinendecks. Die Maschinen, die Vox antrieben, waren gigantisch – eher Landschaften als Objekte. Ich zeigte Turk Reaktoreinheiten so groß wie eine Kleinstadt, ständig umspült von entsalztem Meerwasser; ich zeigte ihm ein schattiges Areal aus Mumetallkammern, in denen Ströme aus flüssigem Eisen von Magnetfeldern gelenkt wurden; ich zeigte ihm supraleitende Feldspulen, an denen die Feuchtigkeit als Schnee kondensierte, der von Ventilatoren weggeblasen wurde. Turk war sichtlich beeindruckt – Balsam für die Administratoren, die uns zweifellos überwachten. Auch hier unten hatten die Wände Ohren.
    Aber nicht dort, wo ich dann mit ihm hinfuhr. Wir betraten die Transitröhre und fuhren an die Oberfläche, dann nahmen wir einen Außenlift am höchsten Turm von Vox, stiegen zweimal um und gelangten so auf die höchste öffentlich zugängliche Plattform der Stadt, letztlich ein Dach mit Ausblick.
    Früher, als Vox die Ozeane bewohnbarer Planeten befahren hatte, war diese Plattform noch nicht von einer osmotischen Membran umgeben gewesen. Ich erklärte Turk, es handle sich um ein schützendes »Kraftfeld«, ein Begriff, mit dem er etwas anfangen konnte. »Scheint aber nicht besonders gut zu funktionieren«, sagte er. »Riecht hier draußen ein bisschen nach Schweinefarm, findest du nicht?«
    Fand ich auch. Die Luft stand still, obwohl vereinzelte Wolken über den Himmel trieben, so tief, dass man meinte, sie berühren zu können. Noch bevor wir uns dem Rand näherten, packte mich ein leichter Schwindel, und beinahe wünschte ich mir meinen Netzknoten zurück: Ich vermisste seine beruhigende Gegenwart, den unsichtbaren Anker. Mir war, als würde mich jeden Moment eine Windböe davontragen.
    Der Archipel bewegte sich gleichmäßig Richtung Südsüdost, vom Indischen Ozean in den Südpazifik. Das Meer war hier in allen Richtungen leicht purpurrot gefärbt, der Himmel ein fahles Ocker. Ich hasste diesen Anblick.
    Turk spähte in die dunstige Ferne. »Ist der ganze Planet so?«
    Ich nickte. Es war das Siechtum und schließlich der Tod dieser Ozeane gewesen, die den großen »Terrestrischen Exodus« beschleunigt hatten, der wiederum die bitteren Rivalitäten und Konflikte zwischen den Ringwelten geschürt hatte. »Und die Hypothetischen ließen es einfach geschehen. Kommt dir das nicht merkwürdig vor? Dass sie den Planeten vor der expandierenden Sonne schützen, aber nichts unternehmen, um ein Massensterben zu verhindern? Es scheint, als wären sie glücklich mit einer Erde, die ausnahmslos von Mikroben bewohnt ist. Wer soll das verstehen?«
    »Dein Volk hat sich etwas anderes erhofft?«
    Mein Volk? Egal. »Sie dachten, sie würden hier auf der Erde mit den Hypothetischen eins werden. Eine rein religiöse Vorstellung. Die Menschen, die Vox gegründet haben, waren ausgesprochene Fanatiker. In den Geschichtsbüchern steht es anders, aber so war es. Vox ist ein Kult. Die Glaubenssätze wurden tief im Netzwerk verankert. Ist man Teil des Netzwerks, kommt einem das alles völlig plausibel vor – so plausibel wie das, was einem der gesunde Menschenverstand sagt.«
    »Aber dir nicht.«
    Ja, seit Kurzem. »Auch die Farmer haben ihre Probleme damit. Sie sind keine Bürger. Sie sind zwar Teil des Netzwerks, aber nur als Ausführende, nicht als Teilnehmer.«
    »Also Sklaven.«
    »Könnte man sagen. Sie wurden damals auf den mittleren Ringwelten gefangen genommen. Später verweigerten sie die volle Bürgerschaft, also manipulierte man sie zur Kooperation.«
    »Angeschirrt und aufs Feld geschickt.«
    »Darum haben sie nicht gezögert, ihre Netzknoten zu zerstören, als das Netzwerk zusammenbrach.« Allerdings hatte man die Überlebenden – diejenigen, die auf ihrem ökologisch versiegelten Farmland im Bauch der äußeren Inseln geblieben waren – inzwischen längst wieder »angeschirrt«. Die Rebellen waren natürlich allesamt tot, einschließlich Digger Choi, der dank Turk vielleicht dreißig Minuten länger gelebt hatte (und hätte ihn der Jäger nicht erwischt, wäre er an der

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