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Vortex: Roman (German Edition)

Vortex: Roman (German Edition)

Titel: Vortex: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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wieder hier heraufkommen und unser Gespräch fortsetzen.
    »Aber bis dahin«, sagte er, »muss ich noch etwas erledigen.«
    »Und was?«
    »Ich will den anderen Überlebenden besuchen«, sagte er. »Isaac Dvali.«

9
    SANDRA UND BOSE
    Nachdem sie Boses Wohnung verlassen hatte, musste Sandra erst noch in ihr eigenes Apartment, um sich umzuziehen. Sie kam also fast eine Stunde zu spät zur Arbeit. Nicht dass ihr das besonders unangenehm gewesen wäre, so wie die Dinge lagen: Gestern hatte man Orrin Mather eines Gewaltaktes bezichtigt – vielleicht (oder höchstwahrscheinlich, wenn stimmte, was Bose ihr erzählt hatte) weil Congreve oder jemand über ihm dafür bezahlt worden war (in bar oder mit Langlebigkeit), Orrin ja nicht zu entlassen. Während der Fahrt versuchte Sandra ihren Zorn zu bändigen, was ihr allerdings mehr schlecht als recht gelang.
    Ja, sie konnte Arthur Congreve nicht ausstehen, aber dass er derart korrupt war, hätte sie nie gedacht. Congreve hatte Beziehungen zur Stadt – ein Cousin von ihm saß im Stadtrat –, und obwohl er nach Ansicht der Streifenpolizisten bei der Aufnahme allzu kritisch war, hatte der Polizeichef seit Congreves Bestallung der State Care nicht einen, sondern gleich zwei anerkennende Besuche abgestattet.
    Sandra parkte direkt vor dem Gebäude und passierte eilig die elektronische Eingangskontrolle. Kaum war sie ordnungsgemäß registriert, marschierte sie schnurstracks zum Isoliertrakt.
    Der Trakt sah aus wie jeder andere im Gebäude der State Care. Es gab keine feuchten, verriegelten Zellen wie in manchen Bundesgefängnissen, die Isolierstation war lediglich etwas großzügiger mit Schlössern und unzerbrechlichem Mobiliar ausgestattet als die offenen Stationen. Sie diente dazu, gewaltbereite Patienten von den weniger aggressiven zu trennen. Solche Fälle waren relativ selten: Die State Care befasste sich mit chronischer Obdachlosigkeit und nicht mit schweren Psychosen. Diese machten am wenigsten Mühe; sie erforderten keine großen Debatten, sondern wurden zügig weitergereicht.
    Was immer Orrin Mather war, ein Psychopath war er nicht – darauf hätte Sandra ihren Doktortitel verwettet. Sie wollte ihn so schnell wie möglich hier rausholen und dazu brauchte sie seine Version der Geschichte.
    Unglücklicherweise tat gerade heute Schwester Wattmore am Eingang zur Isolierstation Dienst. Sie hätte Sandra eigentlich kommentarlos hineinlassen müssen, aber sie tat es nicht. »Tut mir leid, Dr. Cole, ich habe meine Instruktionen.« Sie fuhr fort, Congreve anzupiepsen, während Sandra dastand und vor Wut kochte. Congreve kam sofort. Sein Büro lag nur ein paar Türen den Korridor hinunter, und er nahm Sandra am Arm und steuerte sie dorthin.
    Er schloss die Tür hinter sich und verschränkte die Arme vor der Brust. In seinem Büro war es mindestens zwanzig Grad kühler als draußen – die Klimaanlage murmelte hinter den Lamellen stoisch vor sich hin –, und die Luft roch schal und ölig. Auf seinem Schreibtisch lagen die leeren Packungen eines Fast-Food-Frühstücks. Sandra wollte etwas sagen, aber Congreve hob die Hand: »Zuallererst sollten Sie wissen, dass ich von Ihrem unprofessionellen Verhalten enttäuscht bin.«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Welches unprofessionelle Verhalten?«
    »Es war ein Fehler, mit dem Patienten Orrin Mather zu sprechen, nachdem ich Dr. Fein mit dem Fall betraut hatte. Und ich muss annehmen, dass Sie das gerade wieder tun wollten.«
    »Bei einem Patienten nachzufassen ist wohl kaum unprofessionell. Als ich die Erstbefragung durchführte, habe ich ihm gesagt, dass ich seinen Fall bearbeiten würde. Ich wollte mich nur davon überzeugen, dass er mit Fein zurechtkommt und sich nicht im Stich gelassen fühlt.«
    »Ich hatte Sie von dem Fall abgezogen.«
    »Abgezogen ohne triftigen Grund.«
    »Ich muss meine Entscheidungen nicht vor Ihnen rechtfertigen, Dr. Cole. Sollte das Direktorium Sie in eine leitende Position berufen, dann dürfen sie mich infrage stellen – bis dahin sollten Sie die Aufgaben wahrnehmen, die ich für Sie vorgesehen habe. Das könnten Sie übrigens besser, wenn sie rechtzeitig zum Dienst erscheinen würden.«
    Wann hatte sie sich das letzte Mal verspätet – vor anderthalb Jahren? Sie war zu wütend, um sich zurückzunehmen. »Diese Geschichte, dass Orrin einen Pfleger angreift …«
    »Entschuldigen Sie, waren Sie Zeuge dieses Vorfalls? Wissen Sie etwas, das Sie mir nicht erzählt haben?«
    »Das kann so nicht stimmen.

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