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Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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vorkam wie Sharon Stone - zumindest hoffte sie, so auszusehen. Sie wunderte sich darüber, im Zimmer einen fremden Vampir und eine neue Frau vorzufinden, und mein Anblick gefiel ihr ganz und gar nicht, wohl aber der Bills, bei dem ihr das Wasser im Munde zusammenlief.
    „Hey, Süßer!“ sagte sie zu Eric, und an diesem Punkt gelangte ich zu der Erkenntnis, daß dieser Frau jegliche Phantasie fehlte.
    „Ginger, du wirst die Fragen dieser Frau beantworten“, befahl Eric, und seine Stimme klang wie eine Steinmauer, hart und unerbittlich.
    Zum ersten Mal, seit sie das Zimmer betreten hatte, schien Ginger nun zu bemerken, daß die Sache ernst war und sie das lieber auch sein sollte. Sie kreuzte die Beine an den Knöcheln und saß, die Hände auf die Schenkel gelegt, mit feierlichem Gesichtsausdruck da. „Ja, Herr“, sagte sie dann mit einem Augenaufschlag, und ich dachte, ich müßte gleich kotzen.
    Dann wedelte sie mir mit einer gebieterischen Handbewegung zu, als wolle sie sagen: „Nun mach schon, die du wie ich eine Dienerin der Vampire bist.“ Als ich jedoch nach ihrem Handgelenk griff, schlug sie meine Hand weg. „Rühr' mich nicht an!“ sagte sie, und es klang fast wie ein Zischen.
    Das war eine so extreme Reaktion, daß sich alle anwesenden Vampire verspannten und ich spürte, wie die Atmosphäre im Zimmer förmlich knisterte.
    „Pam, halte Ginger ruhig“, befahl Eric, und Pam tauchte geräuschlos hinter Gingers Stuhl auf, um der Frau die Hände auf die Oberarme zu legen. Man konnte sehen, daß Ginger sich wehrte, denn ihr Kopf bewegte sich, aber Pam hielt den Oberkörper des Mädchens so, daß es völlig unbeweglich dasaß.
    Meine Finger umspannten Gingers Handgelenk. „Hast du das Geld genommen?“ fragte ich und sah in die ausdruckslosen braunen Augen der Frau.
    Da schrie sie lang und laut. Sie verfluchte mich, belegte mich mit allen möglichen Namen. Ich lauschte dem Chaos im Spatzenhirn dieses Mädchens, und es war, als würde man versuchen, sich einen Weg durch die Überreste eines zerbombten Hauses zu bahnen.
    „Sie weiß, wer es war“, berichtete ich Eric. Daraufhin wurde Ginger still, auch wenn sie immer noch schluchzte. „Sie kann den Namen nicht sagen“, fuhr ich fort. „Der Betreffende hat sie gebissen.“ Mit diesen Worten berührte ich die Narben an Gingers Hals, auch wenn eine solche Erläuterung wohl nicht nötig gewesen wäre. „Sie steht unter einem Zwang“, ergänzte ich, nachdem ich noch einmal versucht hatte, Genaueres zu hören. „Sie kann sich den Betreffenden noch nicht einmal vorstellen.“
    „Hypnose“, kommentierte Pam. Ihre Fänge waren ausgefahren; das lag daran, daß sie so nah hinter dem verängstigten Mädchen stand. „Ein sehr starker Vampir.“
    „Holen Sie ihre beste Freundin“, schlug ich vor.
    Mittlerweile zitterte Ginger wie ein Blatt im Wind, und die Gedanken, die sie nicht denken durfte, preßten gegen ihre Schädeldecke wie gegen verschlossene Schranktüren.
    „Soll sie bleiben oder gehen?“ fragte Pam direkt an mich gewandt.
    „Sie sollte gehen. Sie würde alle anderen doch nur verschrecken.“
    Ich war so in die Sache vertieft, so sehr darin verstrickt, mein merkwürdiges Talent einmal offen zu benutzen, daß ich Bill nicht ansah. Ich hatte das Gefühl, wenn ich ihn ansähe, würde mich das schwächen. Ich wußte, wo er war, daß er und Long Shadow sich nicht gerührt hatten, seit die Befragung begonnen hatte.
    Pam schleppte die heulende Ginger fort. Ich weiß nicht, was sie mit der Kellnerin machte, aber sie kehrte mit einer anderen wieder, die ein ähnliches Gewand trug. Der Name dieser Frau war Belinda, und sie war älter und weiser. Belinda hatte braunes Haar, trug eine Brille und hatte den verführerischsten Schmollmund, den ich je gesehen hatte.
    „Belinda, mit welchem Vampir war Ginger zusammen?“ fragte Eric unvermittelt, sobald die Frau Platz genommen hatte und ich ihr Handgelenk umfaßt hielt. Die Kellnerin hatte genug gesunden Menschenverstand, das ganze Verfahren schweigend hinzunehmen und genügend Grips, zu wissen, daß sie ehrlich sein mußte.
    „Mit jedem, der sie haben wollte“, sagte Belinda unumwunden.
    In Belindas Kopf sah ich ein Bild, wobei sie den Namen dazu nicht dachte.
    „Mit welchem der anwesenden Vampire?“ fragte ich dann, und plötzlich hatte ich den Namen. Ehe ich den Mund öffnen konnte, glitt mein Blick in die Ecke, und dann war er, Long Shadow, auch schon über mir; nach einem Riesensatz über den Stuhl,

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