Vorübergehend tot
kann.“
„Bezirzen?“
„So etwas wie Hypnose“, erklärte er. „Alle Vampire tun das auf die eine oder andere Weise. Wenn wir uns nähren wollten - in den Zeiten, als synthetisches Blut noch nicht erfunden worden war -, mußten wir Menschen von unserer Harmlosigkeit überzeugen ... oder sicherstellen, daß sie uns gar nicht gesehen hatten ... oder sie dazu bringen, zu denken, sie hätten ganz etwas anderes gesehen.“
„Funktioniert das auch bei mir?“
„Natürlich!“ sagte er und wirkte schockiert.
„Okay, dann versuchen Sie es.“
„Schauen Sie mich an.“
„Es ist dunkel.“
„Das macht nichts. Schauen Sie in mein Gesicht.“ Bill trat vor mich, legte mir die Hände sacht auf die Schultern und sah auf mich herab. Ich sah den leichten Schimmer seiner Haut und seiner Augen und fragte mich, während ich zu ihm aufsah, ob ich nun bald wie ein Huhn gackern oder mich gar entkleiden würde.
Dann geschah ... nichts. Ich spürte lediglich weiterhin die große, vollständige, einer Droge gleichende Entspannung, die ich in Bills Gegenwart immer verspürte.
„Merken Sie den Einfluß?“ fragte er und klang ein wenig atemlos.
„Nicht im Geringsten, tut mir leid“, sagte ich bescheiden. „Ich sehe nur Ihren Schein.“
„Den können Sie sehen?“ Wieder einmal hatte ich ihn überrascht.
„Sicher. Die anderen nicht?“
„Nein. Das ist merkwürdig, Sookie.“
„Wenn Sie es sagen. Kann ich einmal zusehen, wie Sie schweben?“
„Jetzt?“ Bill klang belustigt.
„Sicher, warum nicht. Außer, es geht aus irgendeinem Grund nicht?“
„Kein Problem.“ Mit diesen Worten ließ er meinen Arm los und hob vom Boden ab.
Vor Begeisterung seufzte ich tief auf. Da schwebte er in der dunklen Nacht und schimmerte im Mondlicht wie weißer Marmor. Als er fast einen Meter Höhe gewonnen hatte, blieb er dort schweben, und ich hatte das Gefühl, als lächle er auf mich hinab.
„Können Sie das alle?“ fragte ich.
„Können Sie singen?“
„Nein, ich treffe leider keinen einzigen richtigen Ton.“
„So ist das auch bei uns Vampiren - wir können nicht alle das Gleiche.“ Langsam kam Bill wieder herunter und landete völlig lautlos. „Den meisten Menschen ist bei dem Gedanken an Vampire nicht wohl. Ihnen scheint das nicht so zu gehen“, bemerkte er.
Ich zuckte die Achseln. Wer war ich denn, daß mir bei dem Gedanken an etwas, das nicht ganz gewöhnlich war, nicht recht wohl sein sollte? Bill schien zu verstehen, was in mir vorging, denn er fragte nach einer Gesprächspause, in deren Verlauf wir unseren Spaziergang wieder aufnahmen: „War es immer schwer für Sie?“
„Ja.“ Etwas anderes ließ sich dazu nicht sagen, auch wenn ich ihm ungern etwas vorjammern wollte. „Als ich klein war, das war die schlimmste Zeit. Ich wußte nicht, wie ich mich schützen sollte, und natürlich hörte ich Gedanken, die ich nicht hätte hören dürfen, und dann wiederholte ich das Gehörte, wie Kinder es nun einmal tun. Meine Eltern wußten nicht, was sie mit mir anfangen sollten. Besonders meinem Vater war die Sache sehr peinlich. Meine Mutter brachte mich schließlich zu einer Kinderpsychologin, die ganz genau wußte, was ich war, die dies aber einfach nicht akzeptieren konnte und meiner Familie immer wieder erzählte, ich deute Körpersprache und sei eben eine sehr gute Beobachterin, und deswegen würde ich denken, ich könne die Gedanken anderer Menschen wirklich hören. Zuzugeben, daß ich die Gedanken anderer Menschen tatsächlich wortwörtlich hörte, war unmöglich, das paßte nicht in ihre Welt.
In der Schule war ich nie gut, denn es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren, wo so wenige andere es taten. Wenn allerdings eine Arbeit geschrieben wurde, schnitt ich immer sehr gut ab, denn dann konzentrierten die anderen Kinder sich auf ihre Hefte. Das verhalf mir zu etwas Spielraum. Manchmal hielt meine Familie mich für faul, weil ich in der alltäglichen Schularbeit so schlecht abschnitt. Manchmal dachten die Lehrer, ich sei lernbehindert. Sie würden nicht glauben, welche Theorien entwickelt wurden! Mir kommt es im Nachhinein vor, als hätte man alle zwei Monate meine Augen und meine Ohren getestet, und dann die ganzen Gehirntomographien! Meine arme Familie mußte dafür ganz schön was hinblättern. Aber die schlichte Wahrheit konnte sie nicht akzeptieren. Zumindest konnte sie es nicht offen zugeben, verstehen Sie?“
„Aber eigentlich wußte sie es.“
„Ja. Einmal, als mein Vater nicht genau
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