Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorübergehend tot

Vorübergehend tot

Titel: Vorübergehend tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
vor Jason und redete mit leiser, eindringlicher Stimme auf meinen Bruder ein.
    Bill hielt mich im Arm, aber ich konnte nicht aufhören zu zittern.
    „Hat er das wirklich so gemeint?“ fragte ich und rechnete gar nicht mit einer Antwort von Bill.
    „Nein“, erwiderte er, und ich sah verwundert zu ihm auf.
    „Nein. Er war nicht hier, er hat deiner Oma nicht helfen können und wird nicht mit der Vorstellung fertig, daß jemand dir hier aufgelauert und dann statt deiner deine Großmutter umgebracht hat. Auf irgend etwas muß er jetzt wütend sein, das braucht er. Statt wütend auf dich zu sein, weil du dich nicht hast umbringen lassen, ist er wütend auf irgendwelche Dinge. Ich würde mir darüber keine Gedanken machen.“
    „Ich finde es ziemlich erstaunlich, daß ausgerechnet du das sagst“, erwiderte ich frei heraus.
    „Ich habe ein paar Abendkurse in Psychologie besucht“, erklärte Bill Compton, der Vampir.
    Ich konnte mir nicht helfen, ich mußte einfach daran denken, daß alle Jäger die Gewohnheiten ihrer Beute studieren. „Warum hat Oma alles mir hinterlassen und nicht Jason?“
    „Vielleicht findest du das später einmal heraus“, antwortete Bill, und diese Antwort reichte mir zunächst einmal.
    Dann trat Andy Bellefleur aus dem Haus, blieb auf der Verandatreppe stehen und blickte zum Himmel empor, als sei dort oben alles verzeichnet, was er für die Lösung des Falls wissen mußte.
    „Compton!“ rief er dann in scharfem Ton.
    „Nein.“ Das kam von mir - und es klang wie ein Knurren.
    Ich spürte, wie mich Bill erstaunt von der Seite ansah; für seine Verhältnisse war das eine ziemlich heftige Reaktion.
    „Nun geht es los!“ verkündete ich wütend.
    „Du willst mich also wirklich beschützen!“ sagte Bill verdattert. „Du hast gedacht, die Polizei würde mich des Mordes an den beiden Frauen verdächtigen, und deswegen wolltest du ganz sichergehen, daß die beiden auch mit anderen Vampiren verkehrt haben, und nun denkst du, dieser Bellefleur will mir die Schuld am Tod deiner Großmutter in die Schuhe schieben.“ „Ja.“
    Bill holte tief Luft. Wir standen im Dunkeln unter den Bäumen, die unseren Garten umstanden. Die anderen sahen uns nicht. Andy wiederholte Bills Namen, und diesmal klang es wie ein Bellen.
    „Sookie“, sagte Bill nun ganz sanft. „Ich bin sicher, daß du das Opfer sein solltest. Da bin ich mir ebenso sicher, wie du es dir bist.“
    Es war ein Schock, meine spontane Theorie von jemand anderem bestätigt zu bekommen.
    „Genauso sicher weiß ich, daß ich die beiden anderen Frauen nicht ermordet habe. Wenn der Mörder deiner Oma mit dem Mörder der beiden anderen Frauen identisch ist, dann bin nicht ich dieser Mörder, und Andy wird das feststellen können. Selbst wenn er ein Bellefleur ist.“
    Wir gingen zurück dorthin, wo Licht war. Ich wünschte mir, alles möge anders sein. All die Lichter, all die Menschen sollten verschwinden, Bill auch. Ich wollte allein sein, allein mit meiner Oma, und meine Oma sollte wieder so glücklich und vergnügt aussehen wie bei unserem letzten Beisammensein.
    Das waren sinnlose, kindische Wunschvorstellungen, aber ich konnte mich doch trotzdem danach sehnen, oder? Ich verlor mich in meinem Traum, verlor mich ganz und gar, so daß ich die Bedrohung erst wahrnahm, als es schon zu spät war.
    Mein Bruder Jason stand vor mir und schlug mir ins Gesicht.
    Der Schlag kam so unerwartet und war so schmerzhaft, daß ich das Gleichgewicht verlor, stolperte und seitwärts stürzte, wobei ich mit dem Knie auf dem Boden aufschlug.
    Jason schien sich noch einmal auf mich werfen zu wollen, aber nun hatte sich Bill in Boxerstellung vor mir aufgebaut. Seine Fänge glitzerten in voller Länge, und er sah einfach furchterregend aus. Von hinten warf sich Sam gegen Jasons Beine, woraufhin mein Bruder zu Boden ging. Es kann durchaus sein, daß ihm Sam bei dieser Gelegenheit das Gesicht in den Rasen drückte.
    Andy Bellefleur stand diesem plötzlichen Ausbruch von Gewalt völlig erstarrt und hilflos gegenüber. Er fing sich allerdings rasch wieder. Er trat zwischen unsere beiden kleinen Gruppen auf dem Rasen, sah Bill an, mußte schlucken, befahl dann aber tapfer und mit ruhiger Stimme: „Halten Sie sich zurück, Compton. Jason wird Sookie nicht noch einmal schlagen.“
    Bill war sichtlich bemüht, seinen Durst nach Jasons Blut wieder in den Griff zu bekommen. Seine Gedanken konnte ich zwar nicht lesen, aber ich war durchaus in der Lage, seine

Weitere Kostenlose Bücher