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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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spürte die Entrüstung der Machtbündel und brach in ersticktes Gelächter aus. »Alberne, blöde Dinger! Glaubt ihr, ihr könnt mir Angst einjagen? Mir? Ich fürchte nichts und niemanden. Außer - Nachtschatten natürlich.«
    Er nahm die Teeschale, leerte sie und schleuderte das Tongefäß durch den Raum. Die zersplitternden Stücke fielen auf die am Boden liegenden Muschelscherben.
    Aus dem Flur drang das gespenstische Schlurfen von Sandalen an sein Ohr. Tharons Knie begannen zu zittern. Vergeblich versuchte er, sich zusammenzureißen. »Oh, Heilige Mondjungfrau, nicht wieder diese Übelkeit! Was geschieht mit mir?«
    Das Feuer in seiner Seele erlosch urplötzlich. Er konnte kaum noch stehen, seine Hände bebten.
    Wütend brüllte er: »Kessel! Drossellied! Rauhrinde!«
    Im Nu eilten die drei Priesterinnen in das Sonnenzimmer und warfen sich ihm zu Füßen. Die Haare hingen ihnen zerzaust über die Schultern. Konnten sie sich nicht einmal kämmen, bevor sie ihm unter die Augen traten? Tharon blickte drohend auf ihre fetten Körper hinunter. Sie waren häßlich, nicht eine von ihnen hatte ein ansprechendes Gesicht.
    Voller Abscheu trat er Drossellied in den Bauch. Sie stieß einen kleinen Schrei aus und fiel auf die Seite. Wütend herrschte er die Frauen an: »Keine von euch kümmert sich um mich! Ihr wartet alle auf meinen Tod, damit ihr Cahokia für immer den Rücken kehren könnt!«
    Kessels reizloses Gesicht überzog sich mit fleckigem Rot. Sie brachte den Mut auf, ihm mit flehender Stimme zu widersprechen. »Nein, mein Häuptling. Das ist nicht wahr. Sag uns, was du brauchst. Wir bringen es dir sofort.«
    »Was ich brauche?« wütete Tharon. »Was habt ihr mir je gegeben? Nichts! Ich brauche alles! Meine - meine Teeschale ist leer. Ich habe sie an die Wand geschmettert!« Er hob den zitternden Arm und deutete auf die Scherben. »Vor euren Augen wird mein Körper aufgezehrt von dieser dieser Krankheit, und ihr habt noch keinen einzigen Geistertrank für mich zubereitet. Ihr tut nichts, um mir zu helfen!«
    »Ich werde einen Trank zubereiten, mein Häuptling.« Geschwind erhob sich Kessel und wollte in Richtung Tür gehen.
    »Nicht jetzt! Jetzt will ich keinen! Habe ich dir erlaubt zu gehen?«
    Auf der Stelle fiel Kessel auf die Knie und bedeckte demütig das Gesicht mit den Händen.
    Tharon stolzierte vor Drossellied und Rauhrinde auf und ab und betrachtete angeekelt ihre unterwürfige Haltung. Plötzlich begannen die Schmerzen in seinem Kopf wieder zu hämmern. Er fühlte sich elend und hätte sich am liebsten übergeben. Seine Hände krallten sich in das goldene Gewebe seines Gewandes.
    Von irgendwoher glaubte er das Flüstern einer Stimme zu vernehmen. Ruckartig hob er den Kopf und lauschte. »Was? Was hast du gesagt?«
    »Was, mein Häuptling?« fragte Rauhrinde ängstlich.
    »Nicht du, du Dummkopf. In meinem Kopf spricht ein Geist. Aber ich … ich verstehe ihn nicht. Seid still! Wagt nicht einmal zu atmen!«
    Schwer lastete das Schweigen auf dem Raum. Schwach wiederholte sich in seinem Kopf ein geflüstertes Tu es nicht, tu es nicht. Aber das laute Zischen und Knistern aus den Feuerschalen machte es ihm unmöglich, die anderen Worte des Geistes zu verstehen. »Ruhe! Ich befehle euch, sofort mit diesem Lärm aufzuhören!«
    Doch die Feuerschalen trotzten seinem Befehl. Tharon sprang wutentbrannt vor wie ein gereizter Puma. Er schwang seinen Herrscherstab und zerschlug jede Feuerschale, die ihm in die Quere kam.
    Keramikscherben fielen klirrend zu Boden, Vogelköpfe aus Ton rollten durch den Raum, als versuchten sie, sich vor seinem Wutanfall in Sicherheit zu bringen. Duftendes Hickoryöl spritzte ihm auf Gesicht und Haare und lief ihm über den Nacken.
    ,Nein!« schrie Kessel und sprang mit einem Satz auf die Beine. »Nein, hör auf. Hör auf, mein Häuptling. Vater Sonne wird uns alle töten! Hör auf mit diesem Wahnsinn, bevor du das Ende der Welt heraufbeschwörst!«
    Tharon verharrte mitten in der zum Schlag ausholenden Bewegung und richtete sich mit der gemächlichen Behäbigkeit von Großvater Braunbär auf. Entsetzt öffnete Kessel den Mund und wich einen Schritt zurück. Ohne einen Muskel zu verziehen, ließ Tharon seinen Blick zwischen zusammengekniffenen Lidern hervor forschend durch den Raum wandern.
    Öllachen, dunkel wie geronnenes Blut, bedeckten den Boden. Überall lagen Tonscherben verstreut, aus denen ihn körperlose Vogelköpfe mit starr auf ihn gerichteten glänzenden Perlenaugen

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