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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Eisenholz. »Hast du nicht zugehört? Schlangenhaupt hat dich des Mordes bezichtigt -«
    »Ich … ich habe sie gesehen.« Mit dem Kinn deutete er auf Maisfaser. Eisenholz blickte auf Maisfaser, aber gleich darauf wieder auf Nordlicht, mit lauter unausgesprochenen Fragen. Nordlicht sah seinen Freund nicht an. Er sagte: »Ich habe sie hier gesehen. Hier! Auf genau dieser Bank liegend, so wie jetzt. Und uns alle um sie herum. Die Götter…«
    Das Feuer loderte plötzlich auf, tauchte die weißen Kiva-Wände in grelles Licht und beleuchtete die Münder und Augenhöhlen der Thlatsina-Masken. Sängerling spürte, wie sich sein Magen zusammenzog, fühlte, wie sich ihre Blicke in seine Seele bohrten, hörte fast diese erstarrten Münder schreien - als wollten sie warnen.
    »In einem Geisttraum?« fragte Düne. »Du hast sie in einem Traum hier gesehen?«
    Nordlicht nickte. »Ja. Ich - ich habe Maisfaser hier gesehen, in der Kiva. Und Wolkentanz tanzte mit dem Dachs-Thlatsina… und da war auch eine feurig-blaue Höhle, mit schwarzem Wasser gefüllt. Und dort, glaube ich, ist die Erklärung für all diesen Wahnsinn zu finden.«
    Eine Gänsehaut überzog Sängerlings Körper. Er schaute zwischen Düne und Nordlicht hin und her. »Meinst du… die Türkis-Höhle? Diese Höhle kenne ich.«
    »Was für eine Höhle?« fragte Düne und zog die buschigen Augenbrauen zusammen. »Die Türkis-Höhle! Die Hüterin des Schildkröten-Bündels lebt dort. Die Höhle ist wunderschön. Ich war mit meinem Vater dort -«
    »Mit deinem Vater?« fragte Nordlicht. »Wer -«
    »Einen Augenblick!« sagte Düne und hielt eine Hand in die Höhe.
    »Über all das werden wir später sprechen. Zuerst wollen wir den Pfeil aus Maisfasers Gesicht ziehen.« Er deutete auf den Topf über der Glut. »Eisenholz? Ist das Wasser da schon am Kochen ?« Eisenholz spähte über den Topfrand. »Fast. Ist gleich soweit.«
    »Gut.« Düne schlug sich auf die Knie und erhob sich. »Was kann ich tun, Nachtsonne?« Sie nahm ihr blaues Säckchen von der Bank und gab es Düne. »Tu noch etwas Salbei und Phlox dazu.« Sie wühlte in ihrem Beutel herum, zog das Gewünschte heraus und gab es ihm. »Danke, Düne.«
    Bevor er zum Topf kam, blieb er neben Eisenholz stehen und schaute ernst in die Höhe. »Wer von uns beiden auch recht hat, mein Freund, es ist immer noch jemand da draußen, der Maisfaser den Tod wünscht. Wir müssen wachsam sein.«
    »Ja, das müssen wir.« Eisenholz schritt durch die ganze Kiva hindurch und stellte einen Fuß auf die unterste Stufe der Treppe. Er hielt Wache.
    Nachtsonne starrte wieder auf Maisfaser; ihr Blick zog die Konturen ihres Gesichts nach, und in ihren Augen war eine schreckliche Sehnsucht, ein verzweifelter Ausdruck, der Sängerling rührte. Der Mörder läuft noch frei herum. Er wartet ab. Kälteschauer lähmten ihn. Hatte Maisfaser etwas von allem mithören können, oder wanderte ihre Seele in den Unterwelten? Das Blut quoll noch Tröpfchenweise aus der Pfeilwunde, rann ihre Kehle hinab auf die gelbe Bank. Dort bildete sich eine kleine glänzende Pfütze, von der aus das Blut auf den Boden tropfte.
    »Es wird alles gut, Maisfaser«, flüsterte er, »alles wird gut.«
    »Das Wasser kocht«, verkündete Düne.
    Nachtsonne nickte. »Brüh den Tee auf. Er muß stark sein. Maisfaser wird alles austrinken müssen, wenn wir fertig sind. Salbei und Phlox heilen.«
    Düne ging zu Nachtsonne zurück. »Wo ist dein Messer? Wir wollen die Spitze herausholen, bevor böse Geister das Blut wittern und sich in ihrem Mark einnisten.«
    »Und«, fügte Nordlicht sanft hinzu, als er sich vorbeugte, um seine Ellbogen auf die Knie zu stützen, »bevor sie aufwacht.«
    Düne und Nachtsonne blickten beide zu Sängerling. Seine Kehle war trocken; er schluckte, als er die Frage in ihren Augen las. Das also war die ungeheure Verantwortung, die auf einem Heiler lastete. Was bin ich nur für ein Narr gewesen! Er hatte nur den Ruhm gesehen, die Schmeicheleien seines Volks, das sein Geschick und seine Macht bewunderte. Er schaute erschreckt auf Maisfaser, angstvoller als je in seinem Leben. Was, wenn er versagte? Wenn diese Frau, die er aus ganzem Herzen liebte, starb? Wie würde er das ertragen können?
    Mit zittrigen Beinen stand er auf. Er wischte sich die schweißnassen Handflächen auf seinem grünen Hemd ab und hörte sich bitten: »Sag mir einfach, was ich tun soll.«

    Nachtsonne nahm ihr dünnes Obsidian-Messer. Das ist meine Tochter … Ich bin dabei,

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