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Vox

Vox

Titel: Vox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baker
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eine Aura der Hand, die viel genauer war, als man sie je hätte zeichnen können, und man mußte bloß noch die Fingernägel und die kleinen Runzeln oben auf den Fingern einzeichnen, und dann hatte man richtig was geleistet. Einmal hat ein Mädchen meine Hand nachgezeichnet und gleichzeitig ich ihre – ich machte ganz langsam, was ihre Kitzelreflexe auslöste, und jedesmal, wenn mein Bleistift an die Stelle zwischen zwei Fingern kam, lachte sie laut los, aber sie war tapfer, sie ließ ihre Hand da. Sie hieß Martha. Wie schön, daß ich mich daran erinnere! Eine Lehrerin zeigte uns, wie man einen Truthahn macht, indem man zwei Hände übereinanderlegt. Aber das war uninteressant, das war nur ein Trick. Genauso ist es mit Schattenspielen: das Schöne sind nicht die Krokodile oder Fledermäuse, die man mit den Händen machen kann, das Schöne ist, daß das Schattenbild einem erlaubt, so genau zu sehen, wie der äußere Umriß der Hand tatsächlich aussieht, die kleinen Fleischbällchen unter jedem gekrümmten Fingergelenk. Und das mußte ich natürlich jetzt machen. Ich schloß also den Kopiererdeckel, nahm mir ein leeres Blatt Papier und konzentrierte mich erneut auf die Vorstellung, wie überrascht und dann wie erstarrt diese Frau sein würde, wenn sie mein Memo sah, bis er wieder steif war. Mit einem Kuli zeichnete ich die Umrisse meines Pimmels nach, wobei ich ihn mit einem Finger andrückte und den Kuli kerzengerade hielt, und es war ein sehr interessantes Gefühl, nicht lustvoll, aber sehr interessant, dieser kalte Kuli. Ich fuhr fünfmal herum. Und das Tolle daran war, auf dem Papier sah mein Pimmel wirklich eindrucksvoll aus. Er sah aus wie ein großer Pimmel. Denn natürlich ist das Bild, das man bekommt, an allen Seiten größer, um was, um zwei Kulihalbmesser oder einen vollen Kulidurchmesser, also fast einen Zentimeter. Viel besser als die Kopie, die wie gesagt so ein strohgedecktes Minibauernhaus von der Seite ganz am rechten Rand war. Also schrieb ich SCHWANZNACHZEICHNUNG IN ORIGINALGRÖSSE, weißt du, 23.43 Uhr, Sonntag, 24. November, oder was für ein Datum es eben war. Und dann legte ich das Mono und die zwei Kunstwerke in ihren Eingangskorb.»
    «Du spinnst wohl! Hat jemand sie entdeckt?»
    «Nein, nein. Kurz bevor ich ging, hab ich sie wieder rausgenommen.»
    «Ah, gut.»
    «Und danach hab ich ihr über einen Monat lang überhaupt keine Sternchen-Memos mehr geschickt, was äußerst ungewöhnlich war. Sie fing schon an, mir fragende Blicke zuzuwerfen. Eines Nachmittags kam sie dann zu mir und fragte, was los sei. Sie sagte, ich sei nicht so heiter wie sonst. Und ich jammerte ihr über jemand bei der Arbeit vor, ich lamentierte darüber, daß wir eine zweitklassige Firma seien, wo wir doch eine erstklassige sein könnten, der übliche Quatsch. Und dann sagte ich: ‹Da ist noch was.› Sie sagte: ‹Und, was ist es?› Sie wußte, daß es mit ihr zu tun hatte. Dann gestand ich ihr also in dieser eigentümlichen Mischung aus Widerstreben und Übereifer, daß ich eine Kopie meines Schwanzes und eine Schwanznachzeichnung gemacht hatte und daß ich sie ihr einmal spätnachts in den Eingangskorb gelegt, es mir aber dann doch anders überlegt hatte. Sie sagte: ‹Und, hast du sie noch?› Ich sagte: ‹Mensch, ich glaube, ja.›»
    «Du hast sie aufgehoben? In einem eigenen kleinen Ordner?»
    «Na klar», sagte er. «Nach all der Mühe? Zudem war das ja ein Teil der ganzen Geschichte, daß ich damit herausplatzen würde, was ich gemacht hatte, und daß sie es sehen wollen würde, und daß ich es ihr dann auch gleich zeigen könnte.»
    «Was hat sie gesagt?»
    «Sie meinte, der kopierte Schwanz sehe aus wie ein Sonogramm.»
    «Sonst nichts?»
    «Ich hab dir ja gesagt, sie war ziemlich diesem Lee verfallen. Ich meinte, sie könne die beiden Blätter haben, wenn sie wolle, für ihre Unterlagen. Sie sagte, nein danke. Ungefähr eine Woche später aßen wir zusammen Mittag. Sie jammerte mir was über Lee vor, ich hörte verständnisvoll zu. Dann fragte ich sie, ich konnte nicht anders, ich fragte sie, ich sagte: ‹Vergiß die Kopie›, sagte ich, ‹ich möchte dich bloß fragen, fandest du die Schwanznachzeichnung, die ich dir gezeigt habe, in irgendeiner Weise ein bißchen erregend? Nicht gleich da im Büro, klar, aber später? Hast du später das leiseste Fünkchen Erregung verspürt?› Und sie sah mich nachsichtig an und sagte: ‹Tut mir wirklich leid, die Bilder haben zwar zärtliche Gefühle für dich

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