Voyager 008 - Cybersong
nützlicher.«
Kes lächelte zuckersüß. »Dort draußen gibt es keine
Schwerkraft und deshalb auch kein Gewicht, das Kraft erfordert.
Ich komme sicher ebensogut zurecht wie Sie.«
Chakotay blinzelte überrascht. Die Ocampa lebten unter der
Oberfläche ihres Planeten. Wieso kannte sich Kes so gut mit der
Schwerelosigkeit aus?
Ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken oder die
Diskussion fortzusetzen. Zusammen mit der jungen Frau trat er
in die Luftschleuse des Shuttles und wartete ungeduldig,
während sich das Innenschott schloß und Pumpen die Luft
absaugten: ihr Summen wurde immer leiser.
Als sich das Außenschott öffnete, hielt Chakotay Kes fest,
damit sie nicht fortschwebte. Er hatte die magnetischen
Verankerungen seiner Stiefel aktiviert, im Gegensatz zu der
Ocampa – vielleicht wußte sie nicht, wie man sie einschaltete.
Der Erste Offizier hielt sich nicht mit entsprechenden
Erklärungen auf, nahm ein Seil und verband ihre Gürtel
miteinander, um zu verhindern, daß sie voneinander getrennt
wurden.
Anschließend trat er nach vorn und zur Seite, auf die
Außenhülle des Shuttles. Die magnetischen Verankerungen der
Stiefel boten ihm den notwendigen Halt. Kes schwebte hinter
ihm, mit beiden Händen am dem Seil, das sie miteinander
verband.
Eine fremde, sonderbare Welt umgab sie. Drahtgeflechte
wirkten wie eigentümliche Tapisserien, gewundene
Rohrleitungen wie bizarre Kunstwerke. Immer wieder blitzte es
in der Dunkelheit. Weißes, blaues und grünes Flackern wies auf
Elektrizität hin, die sich in Kurzschlüssen verlor. Hier und dort fügten Kristalle dem elektrischen Sturm eigenes Schimmern
hinzu.
Chakotay holte ein zweites Seil hervor, dünner als das erste
und am einen Ende mit einer magnetischen Scheibe ausgestattet.
Er verwendete diesen Gegenstand nun zum erstenmal, schwang
ihn fast wie ein Lasso. Im Ruhezustand hatte die Magnetscheibe
tatsächlich kein Gewicht, aber durch die Drehung entstand
Zentrifugalkraft, die ein Gefühl der Schwere schuf.
Der Erste Offizier zielte nach einem stählernen Dorn auf dem
Deck, gab das Seil genau im richtigen Augenblick frei. Die
Scheibe flog fort, erreichte den Dorn und haftete daran fest.
Chakotay zog mehrmals an dem Seil, um ganz sicher zu sein.
Erst dann löste er beide Stiefel von der Außenhülle des Shuttles und glitt am Seil entlang, tiefer hinein in das fremde Schiff.
Er schien sich wie in Zeitlupe zu bewegen und wußte
natürlich, daß die Umstände besonders große Vorsicht
erforderten. Wenn er durch Unachtsamkeit den Kontakt zum
Seil verlor… Dann schwebte er zusammen mit Kes fort, ohne
zum Shuttle zurückkehren zu können. Vielleicht gerieten sie
durch den Riß in der Außenhülle ins All, um dann im
Partikelorkan des Tachyonenfelds einen qualvollen Tod zu
sterben.
Solche Gedanken gingen Chakotay durch den Kopf, als er sich
behutsam ins Innere des fremden Raumschiffs vorarbeitete. Am
Dorn angelangt bekamen seine Stiefel wieder Kontakt mit einer
festen Oberfläche. Er nahm sich einige Sekunden, um Kes zu
zeigen, wie ihre eigenen magnetischen Verankerungen
funktionierten, so daß er sie nicht ständig im Schlepptau haben
mußte. Es kam nun auf Mobilität an.
Der Erste Offizier und die Ocampa schwiegen, als sie den
Weg durch die Trümmerwüste fortsetzten. Chakotay ging voran;
er wußte, wo sich die Einsatzgruppe befand. Wo sich früher
feste Zwischenwände erstreckt hatten, gab es jetzt nur noch
geborstenes, zerfranstes Metall. Ineinander verkeilte Wrackteile zwangen sie mehrmals zu einem Umweg.
Chakotay schaltete seine Lampe ein und stellte fest, daß Kes
ebenfalls eine aktiviert hatte – vermutlich stammte sie aus ihrer Medotasche.
Die beiden Lampen spendeten genug Licht, um Einzelheiten in
dem Durcheinander zu erkennen. Weiter vorn ragte etwas aus
den Trümmern. Beine. Silbrig und wie aufgebläht. Die Beine
eines Schutzanzugs. Der Rest des Körpers steckte unter
mehreren zerrissenen Wandsegmenten.
Alles in Chakotay drängte zur Eile, doch er mußte auch
weiterhin vorsichtig bleiben. Ein Schritt nach dem anderen. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, und immer wieder glitt sein Blick
zu den beiden Beinen, die sich nicht bewegten.
Wer lag dort? Wer auch immer es sein mochte… War er tot?
Nein, eine solche Möglichkeit wollte Chakotay nicht in
Erwägung ziehen. Er dachte an einen Verletzten, der Hilfe
brauchte.
Schließlich erreichte er die Gestalt, zog ihr behutsam
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