Voyager 008 - Cybersong
ihrem Wesen spielten Egoismus und Maßlosigkeit eine zu große
Rolle.
Jetzt war Mandel verschwunden, weil sie sich zu fein dafür
fühlte, mit Tuvok zusammenzuarbeiten. Torres hätte am liebsten
laut geschrien. Wie gräßlich, die Hilfe von jemandem zu
brauchen, den sie am liebsten nie wiedergesehen hätte.
Allein kam B’Elanna mit dieser Sache nicht zurecht. Sie
schreckte davor zurück, sich so tief ins Betriebssystem
vorzuwagen. Ihr Talent galt vor allem mechanischen Dingen;
komplexer Programmcode verwirrte sie nur.
Torres war überrascht und auch verärgert, als sie den
Maschinenraum erreichte und feststellen mußte, daß Daphne
Mandel wieder an einer Konsole saß. Tuvok stand neben ihr,
und deshalb befahl B’Elanna der Kartographin nicht sofort, ihre
Domäne zu verlassen. Statt dessen zog sie den Vulkanier zur
Seite.
»Was macht sie hier?« zischte die Chefingenieurin.
»Befehl des Captains«, erwiderte Tuvok. »Unser Proviant wird
knapp. Wenn wir den Flug nicht sehr bald fortsetzen, gehen
unsere Lebensmittelvorräte zur Neige, bevor wir Tsrana
erreichen.«
B’Elanna verspürte den Wunsch, irgend etwas zu
zertrümmern. Es wäre ihr ein Vergnügen gewesen, jemandem
die Knochen zu brechen, aber da kein Schuldiger zur Verfügung
stand, blieb nur der Computer – ihm verdankten sie das ganze
Durcheinander.
»Haben Sie bereits das fremde Logbuch analysiert?« fragte
Tuvok.
B’Elanna blinzelte. Sie hielt den Tricorder in der Hand – und
hatte ihn völlig vergessen.
»Ich weiß gar nicht, ob solche Analysen überhaupt möglich
sind«, erwiderte Torres. »Immerhin funktioniert der Computer
nicht richtig.«
»Oh, das Problem bezieht sich nur auf Antrieb, Navigation
und Steuerung«, ließ sich Mandel von der Konsole vernahmen.
»Das analytische Potential sollte nicht betroffen sein.«
»Wie beruhigend«, kommentierte Torres. Sie schob den
Tricorder in ein Downloadmodul und beauftragte den Computer
mit einer ersten Analyse.
Kurz darauf füllte sich der Bildschirm mit fremden Symbolen,
die grün auf einem orangefarbenen Hintergrund leuchteten.
B’Elanna betrachtete sie aufmerksam und hoffte, irgendeinen
Sinn zu erkennen, doch tief in ihrem Innern wußte sie, daß es
hoffnungslos war. Ohne weitaus mehr Hilfe vom
Translationszentrum des Computers bestand keine Aussicht, die
Schriftsprache der fremden Wesen zu verstehen. Ständig
veränderten sich die Farben: von Rot zu Türkis, von
schimmerndem Blau zu Rosarot und so weiter. Man brauchte
den Blick nur einige Sekunden lang auf den Schirm gerichtet zu
halten, und schon schmerzten die Augen.
Dann erschien ein Bild und zeigte das Innere des Schiffes, mit
einem Fremden im Zentrum der Darstellung. Die kristallenen
Vorsprünge flackerten nicht; gleichmäßiges rosarotes Licht ging
von ihnen aus und projizierte einen warmen Schein auf die
Miene des Geschöpfs. Einige Indikatoren glühten
bernsteinfarben und grün. B’Elanna begriff plötzlich, daß die
Farben Bedeutung hatten. Die ersten Bilder, die ihr so chaotisch erschienen waren, stellten die unmittelbare Folge von
Zerstörung dar.
Ein solches Wesen hatte Torres nie zuvor gesehen. Es gab
keinen Vergleichsmaßstab, nach dem die Größe des Fremden
sich hätte einschätzen lassen. Aber B’Elanna glaubte trotzdem,
daß die vier Arme auf Vorwölbungen ruhten, die ihr etwa bis
zur Schulter gereicht hätten. Die Hautfarbe schien von einem
sanften Grau zu sein, doch vielleicht handelte es sich dabei nur um ein Resultat des sonderbaren Lichts. Das Gesicht wirkte
natürlich völlig fremdartig, aber trotzdem zeigte es Intelligenz und Gefühle, die Torres zu kennen glaubte: Kummer und so
etwas wie verwirrte Resignation.
Der Mund des fremden Geschöpfs geriet in Bewegung, ohne
daß Geräusche ertönten. Mit der Synchronisation von Bild und
Ton schien etwas nicht zu stimmen.
»Signalsuche«, wies die Chefingenieurin den Computer an.
Kurz darauf drang eine Stimme aus dem Lautsprecher. Sie
stammte nicht von einem Sprachprozessor, klang tief und rauh.
Die angespannte Stimme eines Mannes, fand Torres. Sie
formulierte Worte, die ineinander übergingen und zunächst
völlig bedeutungslos blieben.
Dann veränderte sich etwas. Die Stimme blieb, doch ihre
Botschaft wurde verständlich. Das Translationszentrum des
Computers funktionierte. Hoffentlich übersetzte es richtig.
»Das Wesen verschlingt uns«, verkündete der Fremde. »Es ist
kein lebendes Etwas, sondern
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