Voyager 008 - Cybersong
die unheilvolle Brut des
Bewußtseins. Der Verfall nimmt exponentiell zu. Je länger wir
hierbleiben, desto schneller verderben unsere Lebensmittel und
desto gravierender wird der Energieschwund. Wir wissen nicht,
was eher zur Neige geht: Nahrung oder Energie.
Eins steht fest: Wir sind verloren. Vergeblich haben wir die
Götter um Hilfe angefleht und die Ältesten gebeten, uns einen
Ausweg zu zeigen. Doch unsere Ältesten schweigen, und die
Götter lachen über unser Leid. Nun gut. Die Götter zu
amüsieren – das ist immerhin etwas.
Wenn es unsere Götter sind. Einige von uns meinen, daß der
Feind die Maske der Verehrten trägt, um uns in die Falle zu
locken. Aber woher sollte das fremde Schiff wissen, wer unsere
Götter und jene sind, von denen wir glauben, sie seien der
Inbegriff der Schönheit?
Und so sitzen wir hier fest, sterben einen langsamen Tod.
Nichts ist schlimmer, als mit dem sicheren Wissen zu warten,
daß es nicht die geringste Hoffnung gibt und unser Schicksal
feststeht.«
Statik knisterte, und Streifenmuster zerrissen das Bild auf dem
Schirm.
»Gibt es noch mehr Informationen?« fragte Tuvok.
»Computer, zum nächsten Eintrag.«
B’Elanna Torres blinzelte und sah sich um. Ihr Blick glitt über
die Gesichter aller Anwesenden, und sie stellte fest, daß nur der Vulkanier keine Reaktion zeigte. Selbst Daphne Mandel hatte
zugehört und war nicht länger verloren im Universum ihres
Programmcodes. In ihren Augen zeigte sich überraschende
Anteilnahme.
»Es gibt keine weiteren Einträge«, teilte der Computer in
seinem üblichen neutralen Tonfall mit.
»Computer, beginne beim ersten Eintrag und übersetze im
Textformat«, sagte Torres. Sie wollte nicht hören, wie der
sterbende Captain mit schmerzerfüllter Stimme die Geschichte
seines Schiffes erzählte. Das Textformat enthielt alle wichtigen Informationen, ohne daß es dabei zu so starken emotionalen
Belastungen kam. Es gab genug für sie alle zu tun. Sie konnten
es sich nicht leisten, die Arbeit zu unterbrechen, um dem
Fremden zuzuhören und daran zu denken, daß sie sich in einer
ähnlichen Situation befanden.
Vor langer Zeit war es zu einer Tragödie gekommen, die sich
jetzt zu wiederholen drohte. Vor Äonen gerieten die Fremden in
eine Falle, angelockt von einem Etwas, das mehr über sie wußte,
als es eigentlich wissen konnte. Es hielt sie fest, bis alle
Ressourcen verbraucht waren und die vierarmigen Wesen
starben.
Die Voyager durfte dieses Schicksal nicht teilen. B’Elanna Torres war entschlossen, es zu verhindern. Mit aller Kraft wollte sie ums Überleben kämpfen, um die Möglichkeit, den Flug
fortzusetzen und irgendwann heimzukehren.
Tief in ihrem Innern wußte sie: Ein Teil ihrer Entschlossenheit
ging auf den fremden Captain zurück, dem das Schicksal seines
Schiffes und seiner Crew so sehr zu Herzen gegangen war.
B’Elanna wollte seine letzten Worte bis hin zur Föderation
tragen.
16
Harry Kim hatte Schmerzen, und zwar überall: im Kopf, im
Rücken, vor allem aber in der rechten Seite. Doch die
Schmerzen konnte er ertragen, im Gegensatz zur Langeweile in
der Krankenstation. Wenigstens hatte ihm der Doktor endlich
erlaubt, gelegentlich zu sitzen. Und Kes hatte ihm einen Monitor gebracht, der es ihm gestattete, Daphne Mandels Arbeit zu
beobachten.
Sie war gut, das mußte er ihr lassen. Sie war mehr als nur gut.
Und dadurch fühlte sich Kim nutzlos.
Das Essen brachte nicht etwa Abwechselung, sondern eine
Enttäuschung. Es bestand aus Suppe, Kräckern und einer
einfachen Knolle, der Neelix normalerweise pikante Gewürze
und Gemüse hinzufügte. Die Mahlzeit reizte Kim überhaupt
nicht, und er aß nur, weil er sehr hungrig war. Andernfalls hätte er nichts angerührt. Wie soll man mit so langweiliger Nahrung gesund werden? fragte er sich mißmutig.
»Das Zauberwort heißt Motivation«, sagte Kes, als sie kam,
um das Tablett fortzubringen. »Um jene Dinge zu bekommen,
die Sie mögen, müssen Sie sich zuerst erholen.«
»Gut. Ich möchte mich ohnehin erholen. Eigentlich geht es mir
schon viel besser. Es tut mir nur noch hier und dort weh, aber
das geht bestimmt schnell vorbei, mit ein bißchen Bewegung
und dem richtigen Essen.«
Kes nahm das Tablett. »Sie sollten jetzt schlafen. Wenn der
Doktor kommt und feststellt, daß Sie arbeiten…«
»Ich arbeite nicht«, brummte Kim. »Ich würde mich darüber
freuen, arbeiten zu können. Dann hätte ich wenigstens etwas zu
tun
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