Voyager 012 - Der Garten
Kommandantin seine Botschaft
verstanden hatte. »Nun gut, wir stehen zu Ihrer Verfügung«,
sagte er zu Harfe. Eine Sekunde später bedauerte er,
ausgerechnet eine derartige Formulierung gewählt zu haben.
Die Kirse schien sich der doppelten Bedeutung aber nicht
bewußt zu sein. »Ausgezeichnet«, meinte sie und sah zu
Graurose.
»Ich besorge uns ein Shuttle«, beantwortete Graurose die
unausgesprochene Frage. »Und ich nehme Thilo mit.«
Harfe nickte. »Hier entlang, Kim.«
Sie winkte, und tief in dem Fähnrich versteifte sich etwas, als
er das dumpfe Brummen des Kirse-Transporters hörte. In der
hohen Mauer erschien ein Tor, höher und breiter als die sonst
üblichen Türen. Durch die Öffnung sah Kim einen sanft
geneigten Hang, der zu den Anbauflächen führte.
»Wir können ebenfalls ein Shuttle nehmen, wenn Sie
möchten«, meinte Harfe in einem entschuldigenden Tonfall.
»Aber der Weg ist nicht weit.«
»Ich gehe gern zu Fuß«, erwiderte Kim und sah zu Paris.
»Na schön«, sagte der Navigator. »Wir sehen uns hier wieder,
und zwar in… Wie lange brauchen wir für die Untersuchungen,
Graurose?«
»Vier Stunden sollten eigentlich genügen«, entgegnete die
zweite Kirse. Ihre Stimme klang ein wenig heller als die von
Harfe. Die beiden Kirse-Frauen sahen sich so ähnlich, daß man
sie für Zwillinge hätte halten können. Waren sie tatsächlich
Schwestern? Oder gab es bei den Bewohnern dieses Planeten
einfach nur weniger individuelle Unterschiede als bei anderen
Völkern?
»Wir sehen uns also in vier Stunden wieder, Harry.«
»In Ordnung«, sagte Kim.
Harfe deutete zur neuen Tür. »Wenn Sie mir jetzt bitte folgen
würden…«
Unbehagen regte sich in dem Fähnrich, als er zusammen mit
der Kirse durch einen langen Tunnel schritt. Zwar war Harfe
nicht sehr groß, aber die Spitzen ihrer Flügel berührten fast die
Decke. Als sie den Tunnel verließen, entspannte sie sich ganz
offensichtlich, und die perlgrauen Membranen ihrer Schwingen
vibrierten. Hinter ihnen wiederholte sich das Brummen des
Kirse-Transporters, und als sich Kim umdrehte, war die Tür
verschwunden.
Harfe folgte seinem Blick. »Ich muß sie schließen«, sagte sie.
»Andernfalls gelangen die Gärtner hinein.«
»Die Gärtner?« fragte Kim.
Harfe hob eine Schulter und deutete mit der Flügelspitze zur
ersten Baumgruppe am Fuß des niedrigen Hügels. Dort
bemerkte der Fähnrich mehrere jener tierartigen Geschöpfe, die
sie schon während der ersten Erkundungen auf dem Planeten
gesehen hatten. Sie hockten unter einem Baum, der voller Obst
zu sein schien. Ein Geschöpf kratzte im Boden, während die
anderen nach den Früchten tasteten, die an den oberen Zweigen
hingen. Eins sprang nach einer Frucht, die größer war als alle
anderen. Das Wesen hätte sie viel leichter erreichen können,
wenn es so schlau gewesen wäre, mit einem in der Nähe
liegenden Stock nach der Frucht zu schlagen.
Offenbar sind sie nicht intelligent, dachte Kim. Vorausgesetzt, man definiert Intelligenz als die Fähigkeit, Werkzeuge zu
verwenden.
»Sie helfen«, sagte Harfe. »Aber sie können auch ein Ärgernis
sein.«
Bevor Kim eine der vielen Fragen stellen konnte, die ihm auf
der Zunge lagen, hob Harfe die Flügel und senkte sie ruckartig.
Ein dumpfer Knall von verdrängter Luft ertönte. Die Geschöpfe
sahen auf, und in ihren Augen glitzerte plötzliche Furcht. Sie
sprangen über eine niedrige Hecke am Rand der Baumgruppe
hinweg und verschwanden im hohen Gras der nächsten
Anbaufläche.
»Warum haben Sie das getan?« fragte Kim. Es klang dumm,
und er bedauerte sofort, solche Worte an die Kirse gerichtet zu
haben.
Harfe wandte ihm ein ausdrucksloses Gesicht zu. »Sie wären
nur im Weg gewesen.«
»Oh.« Das stimmt vermutlich, dachte Kim. Aber hätte man das Problem nicht auf eine andere Weise lösen können?
Harfe setzte sich in Bewegung, schritt über den Hang und hob
dabei ein wenig die Flügel, um das Gleichgewicht zu wahren.
Kim folgte ihr. »Die Gärtner, wie Sie sie nennen… Allem
Anschein nach sind sie… modifiziert.«
Die Kirse bedachte ihn mit einem verwirrten Blick, und
daraufhin fügte Kim hinzu: »Sie verfügen über metallene
Komponenten, die fast wie… Prothesen aussehen.«
»Oh, die Adaptionen.« Harfes Miene glättete sich, und sie
neigte den Kopf zur Seite. »Was ist damit?«
Wo soll ich beginnen? dachte Kim. »Nun… Was hat es damit
auf sich? Warum statten Sie die Geschöpfe
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