Voyager 012 - Der Garten
mit solchen
Adaptionen aus, wenn sie nur ein Ärgernis sind? Wozu dienen
sie?«
»Sie sorgen dafür, daß die Gärtner richtig funktionieren«,
antwortete Harfe. »Man muß das zur Verfügung stehende
Material auf die bestmögliche Weise nutzen.«
»Welchen Zweck erfüllen sie?« erkundigte sich Kim.
Harfe zuckte erneut mit den Schultern, wobei die Schwingen
leise und ledrig knisterten. »Die Anbauflächen sind sehr groß,
und es käme einer Verschwendung von Ressourcen gleich, wenn
wir uns selbst um sie kümmern müßten. Diese Geschöpfe
können adaptiert werden, sonst wären sie nutzlos. So ist alles
viel effizienter.«
Sie erreichten den Fuß des Hügels und setzten den Weg über
einen Kiespfad fort, der sich zwischen den Baumreihen
erstreckte. Die Luft war unbewegt und warm, erfüllt vom
Geruch des reifen Obstes. Kim schluckte und versuchte, dem
verlockenden Duft keine Beachtung zu schenken. »Die
metallenen Komponenten – die Maschinenteile – gewährleisten
also, daß die Geschöpfe als ›Gärtner‹ agieren?«
»Ja.« Harfe nickte kurz und knapp, auf die Art der Kirse, griff
dann ins Geäst des nächsten Baums und pflückte eine rosarote
Frucht. »Hier. Das sollte die Voyager gebrauchen können.
Gestern abend fanden Sie großen Gefallen daran.«
Kim bedachte sie mit einem durchdringenden Blick, als er die
Frucht entgegennahm. »Sie waren nicht zugegen.«
»Es ist allgemein bekannt.«
Kim spürte erschrocken, wie ihm das Blut in die Wangen
schoß. Er wußte, daß er am vergangenen Abend zuviel gegessen
hatte, und allem Anschein nach war er deshalb bei den Kirse ins
Gerede geraten. Vielleicht haben sie uns genau beobachtet, weil sie wissen wollten, was uns am besten schmeckt, vermutete Kim.
Mit solchen Informationen fällt es ihnen leichter, uns die
richtigen Dinge anzubieten.
Er richtete den Tricorder auf die rosarote Frucht, und die
Anzeigen überraschten ihn nicht: Alle Werte waren positiv. Der
Gehalt an wichtigen Vitaminen erwies sich sogar als sehr hoch.
Trotzdem nahm Kim eine Probe und verstaute sie, um später
eine genaue Analyse vorzunehmen.
»Den Rest der Frucht können Sie ruhig essen«, sagte Harfe.
Kim zögerte, doch der Duft war unwiderstehlich – erst recht
dann, wenn man einige Wochen lang nichts anderes gegessen
hatte als die von Neelix zubereiteten Speisen. Wir sollten darauf achten, daß Neelix nicht zu viele Experimente mit den
Nahrungsmitteln der Kirse anstellt, fuhr es ihm durch den Sinn.
Er wäre imstande, solche Köstlichkeiten mit zuviel Gewürz zu
verderben …
»Dort drüben wächst…« Harfe zögerte und suchte nach dem
richtigen Wort. »Thilo sprach in diesem Zusammenhang von
›Purpurweizen‹. Vielleicht finden Sie ihn ebenfalls interessant.
Jenem Bereich folgt ein Mustergarten mit Pflanzen aus
verschiedenen Regionen des Planeten. Dort entdecken Sie
bestimmt etwas, das Sie gebrauchen können.«
Kim nickte, während er den letzten Bissen der Frucht
verspeiste. Erstaunlicherweise hatte sie keinen Kern, nichts, das
als Samen diente – auf welche Weise pflanzte sich der Baum
fort? Nun, vielleicht gab die Probe Auskunft darüber. Kim
beschloß, seine Fragen für jene Dinge aufzusparen, die sich
nicht ohne weiteres durch Analysen klären ließen. Das hielt er
auch deshalb für angebracht, weil er glaubte, daß Harfe vorhin
ganz bewußt das Thema gewechselt hatte.
»Hier entlang.« Die Kirse schritt über den breiten Weg und
drehte den Kopf, als Kim ihr nicht sofort folgte. »Es ist nicht
weit, nur hundert von Ihren Metern.«
Der Fähnrich ließ den Blick über die Umgebung schweifen. Er
war sicher, eins der Geschöpfe gesehen zu haben, hinter
mehreren dichten Büschen. Doch als er nun Ausschau hielt,
zeigte sich dort nichts. Vielleicht habe ich mich geirrt.
»Ich komme«, sagte er, wurde jedoch das Gefühl nicht los,
beobachtet zu werden.
6
Paris beugte sich trotz der Sicherheitsgurte vor, blickte an
Grauroses rechtem Flügel vorbei und starrte auf das Mosaik aus
Feldern hinab, das sich unter dem Shuttle erstreckte. Nach seiner
Schätzung betrug die Entfernung zur Zitadelle inzwischen etwa
dreißig Kilometer. Allerdings waren die Fenster des Shuttles so
angeordnet, daß man nicht in die Richtung blicken konnte, aus
der sie kamen. Weiter vorn zeigte sich der von Graurose
erwähnte See: eine schmale Sichel, vielleicht von Quellen
gespeist oder ganz und gar künstlichen Ursprungs. Von einem
Augenblick zum
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