Voyager 018 - Seven of Nine
Unrecht
widerfahren. Wenn der Scharlachrote Tod tatsächlich auf
Tamaaks Volk beschränkt blieb und nicht auf andere Spezies
übergreifen konnte… Janeway dachte daran, die Ergebnisse der
Untersuchungen dem Imperator vorzulegen und um Nachsicht
für ein Volk zu bitten, das genug gelitten hatte. Und vielleicht
konnten die ausgezeichneten diplomatischen Fähigkeiten der
Skedaner ihnen dabei helfen, eine Sondergenehmigung für die
Durchquerung des Reiches zu bekommen.
Alles deutete darauf hin, dass die Führungsoffiziere die Dinge
aus der gleichen Perspektive sahen wie Janeway. Diesmal gab es
kein Wenn und Aber, nicht einmal von Tuvok. Natürlich konnte
die Kommandantin ihre Entscheidungen auch treffen, ohne die
Meinung der Offiziere zu berücksichtigen, doch es gab weitaus
weniger Probleme, wenn alle einer Meinung waren.
»Ich kann Käfer ohnehin nicht ausstehen«, sagte Paris. Dieser
Kommentar ließ die anderen lächeln.
»Also gut. Wir setzen den Flug wie bisher fort, und zwar mit
Alarmstufe Gelb – die Ku könnten uns jederzeit finden. Wir… «
»Krankenstation an Janeway.«
»Hier Janeway. Was ist los, Doktor?«
»Sie sollten sofort hierher kommen.«
Er nannte keine Einzelheiten. Janeway brach unverzüglich auf
und überließ das Kommando Chakotay. Unterwegs wurde sie
von Sorgen geplagt, und immer wieder fragte sie sich, was jetzt
mit der armen Seven geschehen sein mochte.
Als sich die Tür öffnete und Janeway eintrat, erwartete sie die
erste Überraschung. Seven wirkte zwar müde, aber ansonsten
schien sie sich gut erholt zu haben. Sie saß auf der Bettkante,
ließ die Beine baumeln, hielt einen Teller in der Hand und
verschlang gerade etwas, das Neelix ihr gebracht hatte. Der
kleine Talaxianer stand neben ihr und strahlte.
»Captain«, sagte der Doktor, und seine Stimme klang seltsam,
»ich möchte Ihnen Annika Hansen vorstellen.«
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Janeway staunte wortlos.
Seven of Nine sah von der Nahrung auf, die sie mit den
Händen verspeiste – die Kommandantin glaubte, Schokolade in
der braunen Masse zu erkennen. Verlegen wischte sie sich
einige Krümel von den Lippen.
»Hallo«, sagte sie.
Dieses eine Wort weckte Janeway aus ihrer Starre. Zögernd
näherte sie sich dem Diagnosebett. »Sev… Annika? Wie fühlen
Sie sich?«
»Ich war müde, aber Neelix hat mir Schokoladenkuchen
gebracht, und dafür lohnt es sich, wach zu bleiben. An meinem letzten Geburtstag habe ich ein Stück Schokoladentorte
gegessen, und dieser Kuchen schmeckt ebenso gut!« Sie sah den
Talaxianer an und lächelte strahlend, was Neelix veranlasste, ein
wenig zu erröten.
Meine Güte, dachte Janeway. Sie ist wunderschön.
Niemand hatte je daran gezweifelt, dass Seven of Nine, früher
Mitglied des Borg-Kollektivs, eine attraktive Frau war. Sie
zeichnete sich durch eine ausgesprochen gute Figur aus, und
auch ihrem Gesicht mangelte es nicht an Ästhetik. Aber
Janeway hatte immer so etwas wie Pygmalions Statue in ihr
gesehen: kalt, ohne jene Wärme, durch die sie wirklich zu einem
lebendigen Menschen wurde. Ihre Schönheit blieb irgendwie
vage.
Seven of Nine war keine Vulkanierin. Sie verfügte über
Gefühle, die allerdings zur dunklen Seite des emotionalen
Spektrums tendierten. Janeway hatte sie zornig gesehen, von
Furcht erfüllt und voller Hass. Doch zum ersten Mal
beobachtete sie nun, wie Seven ein Lächeln zeigte, das ihr
ganzes Gesicht zu erhellen schien und die Augen leuchten ließ.
Plötzlich musste sich Janeway sehr beherrschen, um nicht vor
Freude zu weinen. Hier war endlich die Frau, von der sie gehofft
hatte, dass sie an Bord der Voyager erblühte – durch und durch ein Mensch, trotz der Borg-Implantate. Sevens
Gehirnfunktionen waren immer so beschaffen gewesen wie zur
Zeit ihrer Mitgliedschaft im Kollektiv, und jetzt schien ein
Wunder geschehen zu sein, das gewissermaßen zu einer
Wiedergeburt geführt hatte.
»Annika«, hauchte Janeway, streckte die Hand aus und
berührte Sevens Wange. »Annika Hansen. Herzlich willkommen
daheim.«
Nach der Begegnung mit dem neuesten Besatzungsmitglied rief
Janeway die Offiziere sofort zu einer weiteren Besprechung
zusammen, bei der die Aufmerksamkeit aller Anwesenden dem
Doktor galt. Immer wieder zeigte er auf den Bildschirm, der ein
Diagramm von Sevens Gehirn mit allen Implantaten zeigte.
»Wie heißt es so schön? Hinterher ist man immer schlauer. Als
Seven of Nine – Annika – an den Halluzinationen litt, wusste
ich
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