Voyager 019 - Tod eines Neutronensterns
Gravitationsfelds
ist proportional zur betreffenden Masse, aber auch umgekehrt –
ich betone: umgekehrt – proportional zum Quadrat der
Entfernung.«
Paris wirkte fast hilflos.
B’Elanna grinste und klopfte ihm auf die Hand, aber er
schenkte ihr keine Beachtung.
Dr. Maalot lächelte auch weiterhin und fuhr fort: »Mit anderen
Worten… Normalerweise hat ein Neutronenstern einen Radius
von etwa zehn Kilometern – wohingegen der Radius eines
gewöhnlichen Hauptreihensterns vom G-Typ eine Million
Kilometer und mehr beträgt. Das bedeutet: Ein Raumschiff kann
sich einem Neutronenstern weiter nähern als einer normalen
Sonne.«
»Und dadurch wird das Gravitationsfeld zu einer echten
Gefahr«, sagte Janeway.
»Ja«, bestätigte Maalot. »Die gravitationelle Kraft ist
umgekehrt proportional zur dritten Potenz der Entfernung vom
Zentrum der Masse. Gewöhnliche Materie, die sich einem
Neutronenstern zu weit nähert, wird regelrecht zerfetzt.«
»Und zwar ohne jede Vorwarnung«, fügte B’Elanna hinzu.
Paris’ Verwirrung wuchs immer mehr.
»Man könnte es auch so ausdrücken…«, sagte Janeway.
»Selbst ein Schiff, das aus dem mythischen unzerstörbaren
Unobtanium besteht, wird mit allen Dingen und Personen an Bord auf einem molekularen Niveau auseinander gerissen, wenn
es sich zu nahe an einen Neutronenstern heranwagt.«
Daraufhin zeigte auch Kims Gesicht Verwunderung.
»Können Sie nicht folgen, Fähnrich?«, fragte Janeway.
»Oh, ich verstehe, aber… Wie ist ein binäres System möglich,
das aus zwei Neutronensternen besteht? Eigentlich müssten die
starken gravitationellen Wechselwirkungen beide Sterne
auseinander reißen.«
»Ein weiterer guter Hinweis«, sagte Maalot und lächelte
erneut. »Nach der bisherigen Theorie können sich zwei
Neutronensterne umkreisen, weil sie von ihrer eigenen enormen
Schwerkraft zusammengehalten werden.«
»Ihre individuellen Gravitationsfelder verhindern, dass sie der
Gravitation des Partners zum Opfer fallen«, meinte Janeway.
»Genau«, bestätigte Maalot.
Kim nickte.
»Das gilt natürlich nur, solange eine gewisse Entfernung
gewahrt bleibt«, gab Maalot zu bedenken. »Wenn sich zwei
Neutronensterne zu nahe kommen, ist die Hölle los.«
»Wie bei zwei kollidierenden Sonnen«, sagte Paris.
»Nein«, widersprach Maalot. »Es dürfte weitaus schlimmer
sein.«
»Chaos auf einem viel höheren Niveau«, murmelte B’Elanna.
Janeway nickte. »Man muss dabei berücksichtigen, auf welche
Weise Neutronensterne entstehen. Sie sind das letzte Stadium in
der Entwicklung von massereichen Sternen. Normalerweise
bilden sie sich durch den Kernkollaps eines Superriesen, der
seinen nuklearen Brennstoff verbraucht hat. Wenn der Kern
kollabiert, werden gewaltige Energiemengen freigesetzt: Eine
kolossale Explosion schleudert die äußeren Bereiche des Sterns
fort.«
»Also praktisch eine Supernova«, warf Chakotay ein.
Janeway nickte erneut.
»Und dann bleibt ein Neutronenstern übrig?«, fragte Paris.
»Ja«, sagte Janeway.
»Verstehe.«
Janeway sah sich am Tisch um. Dr. Maalot forderte sie mit
einer knappen Geste auf fortzufahren.
»Ein Neutronenstern entsteht auch, wenn ein Weißer Zwerg zu
massiv wird, weil er Materie von einem Begleiter aufnimmt und
dadurch die obere Massegrenze für einen Weißen Zwerg
erreicht«, erläuterte die Kommandantin der Voyager. »Dann bricht er unter seinem Gewicht zusammen und wird zu einem
Neutronenstern.«
»Entstand das binäre System auf diese Weise?«, fragte Paris.
Der Lekk-Wissenschaftler zuckte mit den Schultern. »Wir
wissen nicht genau, wie sich dieser Doppelstern gebildet hat.
Wir wissen nicht einmal, wie überhaupt solche binären Systeme
entstehen können.«
»Sie sind eines der seltensten Phänomene im Universum«,
sagte Janeway.
»Und warum könnte bald ›die Hölle los sein‹, wie Sie es
ausdrückten?«, fragte Kim.
Dr. Maalot lachte, und Janeway beobachtete, wie Tyla nur die
Stirn runzelte. Sie hatte dies alles schon einmal gehört und
vielleicht langweilte sie sich.
Neelix füllte Janeways Kaffeetasse und sie belohnte ihn mit
einem dankbaren Lächeln.
»Der starke gravitationelle Einfluss eines anderen
Neutronensterns kann dafür sorgen, dass ein Neutronenstern
Masse von seiner Oberfläche verliert«, sagte Dr. Maalot.
Kim nickte. »Das verstehe ich.«
»Gut. Wenn zwei Neutronensterne einander sehr nahe
kommen, so könnte einer von ihnen genug Masse verlieren,
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