Voyager 019 - Tod eines Neutronensterns
reagiert?«
Janeway blieb stehen und drehte sich um. »Ich hätte mir mehr
Zeit genommen, um darüber nachzudenken, wer mein Freund ist
und wer nicht, bevor ich bereit gewesen wäre, mir neue Feinde
zu machen.«
Tyla straffte die Gestalt und begegnete erneut Janeways Blick.
»Sie behaupten, ein Freund meines Volkes zu sein. Trotzdem
erlauben Sie mir nicht, die Voyager zu verlassen. Warum?«
»Derzeit besteht der Grund darin, dass Sie die beiden neben
Ihnen stehenden Männer niedergeschlagen haben, obwohl Sie
überhaupt keinen Anlass dazu hatten – Ihre Bewegungsfreiheit
war unbeschränkt.« Janeway trat wieder auf Tyla zu. »Was den
vorherigen Grund betrifft… Ihr Schiff war beschädigt und nicht
raumtüchtig und ich konnte nicht genug Leute erübrigen, um es
sofort zu reparieren – immerhin wäre es denkbar, dass es bei
dem Versuch, Ihr Heimatsystem zu retten, zu einem Konflikt
mit den Qavoks kommt.«
»Das hört sich so an, als sei ich undankbar, Captain«, sagte
Tyla. Ihre Worte klangen hohl in dem kleinen Raum, und am
liebsten hätte sie sie sofort zurückgenommen. Zum ersten Mal
begriff sie, dass sie tatsächlich undankbar gewesen war.
Aber die Worte ließen sich nicht zurücknehmen. Captain
Janeway hatte sie gehört und musterte Tyla ernst.
Nach einigen Sekunden schüttelte sie den Kopf, kehrte der
Lekk den Rücken und ging.
Einer der beiden Wächter stieß Tyla sanft mit seiner Waffe an.
»Gehen wir.«
Sie sah zu ihm auf, blickte ihm direkt in die braunen Augen.
»Es tut mir Leid, dass ich Sie niedergeschlagen habe.« Sie
wandte sich an den zweiten Wächter. »Das gilt auch für Sie.«
Der zweite Wächter nickte. »Ich akzeptiere die
Entschuldigung. Bitte gehen Sie jetzt durch die Tür dort und
dann nach links.«
Tyla kam der Aufforderung nach, hielt den Blick dabei
gesenkt und dachte über das Gesagte nach. Tief in ihrem Innern
wusste sie, dass sie sich erneut auf die gleiche Weise verhalten
würde, wenn sie eine entsprechende Chance bekam.
Janeway brauchte einen Moment, um sich abzukühlen. Aus
Erfahrung wusste sie, dass Undankbarkeit nach geleisteter Hilfe
sie mehr ärgerte, als es eigentlich der Fall sein sollte. Sie half nicht, um anschließend den Lohn in Form von Dankbarkeit
einzustreichen, sondern weil es ihr richtig erschien, Hilfe zu
leisten.
Doch bei jemandem wie Tyla fiel es ihr nicht leicht, an jenem
Prinzip festzuhalten.
Vor dem Zugang zum Laboratorium blieb sie stehen und trank
einen großen Schluck warmen Kaffee, um sich zu beruhigen und
ihre Gedanken auf die wichtigen Aspekte der vor ihnen
liegenden Mission zu richten. Es ging darum, einen sterbenden
binären Neutronenstern zu beobachten, Energie für einen
schnelleren Flug in die Heimat zu speichern und die Qavoks am
Völkermord zu hindern. Tylas Sorgen fehlten auf dieser Liste.
Janeway trat vor und die Tür des Laboratoriums öffnete sich.
Torres und Seven waren bei der Arbeit, standen Seite an Seite
und beugten sich über die gleiche Instrumententafel. Vor ihnen
wurde gerade ein Teil repliziert – schimmernd gewann es an
Substanz.
B’Elanna hörte das leise Zischen, mit dem die Tür aufglitt, und
drehte sich um. »Wir sind fast fertig, Captain.«
»Ich bezweifle, ob dies den gewünschten Zweck erfüllt«, sagte
Seven. Sie wandte sich ebenfalls von der Konsole ab und sah die
Kommandantin an.
»Was veranlasst Sie zu einer solchen Annahme?«, fragte
Janeway. Sie trat an die Konsole heran und sah sich das
Ergebnis der geleisteten Arbeit an. Auf den ersten Blick schien
alles in Ordnung zu sein. Der für die Speicherung der
Gravitationsenergie bestimmte Apparat sah genauso aus, wie sie
ihn sich vorgestellt hatte.
»Die aufgenommene Energie führt im Innern des Apparats zu
einem beständigen Wellenmuster«, sagte Seven. »Dadurch
kommt es innerhalb von drei Tagen zu einer Destabilisierung
des Behälters.«
Janeway warf ihr einen kurzen Blick zu und sah dann auf die
angezeigten Parameter des Speicherapparats.
»Nicht unbedingt«, widersprach Torres. Ihr Tonfall wies
darauf hin, dass die beiden Frauen schon seit einer ganzen Weile
über diesen Punkt stritten. »Es entstehen tatsächlich negative
Wellenstrukturen, aber sie können neutralisiert werden.«
»Verändern Sie die Form des Behälters.« Janeway betätigte
Schaltelemente und gab neue Daten ein. Wenige Sekunden
später projizierte der Computer ein dreidimensionales Bild des
neuen Speicherapparats. Eine
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