Voyager 019 - Tod eines Neutronensterns
»Sie waren die logische Wahl.«
Tyla lächelte.
Sie stand auf und kurze Zeit später ging sie durch den Korridor
in Richtung Krankenstation. Inzwischen war sie so lange mit Dr.
Maalot zusammen, dass sie den Physiker zu mögen begann. Er
war gegen die Wand geprallt, als die energetische Druckwelle
den Shuttle erfasst hatte. Tyla war sehr besorgt gewesen.
Vor ihrem inneren Auge sah sie noch einmal, wie er plötzlich
verschwand, als man ihn zur Krankenstation »beamte« – so
nannte man diesen Vorgang. Jetzt wusste sie, auf welche Weise
ihr dummer Fluchtversuch zu Ende gegangen war.
Zehn oder mehr Personen saßen in der Krankenstation auf dem
Boden, mit einem bandagierten Arm oder Bein – offenbar
warteten sie darauf, an die Reihe zu kommen. Die wenigen
Betten waren belegt und ein kahlköpfiger Mann eilte geschäftig
hin und her.
»Bitte nennen Sie die Art des medizinischen Notfalls«, sagte
er, als Tyla hereinkam.
»Ich möchte nur feststellen, wie es Dr. Maalot geht«, erwiderte
sie. »Ich bin nicht verletzt.«
»Nun, dafür sollten wir dankbar sein.« Der Doktor schüttelte
wie erstaunt den Kopf und deutete über die Schulter. »Das erste
Bett. Nichts Ernstes.«
Diese Worte erfüllten Tyla mit Erleichterung.
Sie näherte sich Dr. Maalot, der die Augen geschlossen hatte.
Er hob die Lider, als sie an seine Seite trat. »Danke, dass Sie
gekommen sind, um nach mir zu sehen, Lieutenant.«
»Wir haben zu viel gemeinsam überstanden, als dass jetzt noch
etwas passieren darf.«
»Ist es uns gelungen, die Qavoks aufzuhalten?«
»Ja.« Tyla lächelte. »Captain Janeway hat ihnen die Yacht des
Prinzen geschickt und sie mitten in der Flotte explodieren
lassen.« Dabei gab es einen gewissen ironischen
Situationsaspekt, der ihr sehr gefiel.
Dr. Maalot setzte sich auf und wirkte fast schockiert. »Mit
dem Akkumulator an Bord?«
Tyla nickte und lächelte noch immer. »Keiner der Qavok-
Kommandanten wollte es riskieren, die Yacht zu vernichten.
Janeway schickte sie ihnen mit dem Kommentar, dies sei eine
Art Belohnung für den guten Kampf. Und dann ließ sie das
kleine Schiff explodieren. Wundervoll. Einfach wundervoll.«
Maalot lachte, stöhnte dann und sank wieder zurück. »Mir
scheint, durch die Entführung der Yacht haben wir unsere
Heimat gerettet.«
Das Lächeln verschwand von Tylas Lippen. Es gefiel ihr nicht,
für eine Heldin gehalten zu werden. Sie hatte einfach nur ihre
Pflicht erfüllt.
Dr. Maalot schien ihren Stimmungswandel nicht zu bemerken.
»Wie schade, dass Janeway jetzt keine Möglichkeit mehr hat,
die Flugbahn des primäre Neutronensterns zu beeinflussen und
ihn in den Leerraum zwischen den Galaxien zu lenken«, fuhr er
fort. »Vielen Welten droht die Zerstörung.«
Tyla dachte an jene Planeten, auf denen Millionen oder gar
Milliarden von Personen lebten. Jede einzelne von ihnen hätte
hier und an diesem Tag eine andere Entscheidung getroffen.
Bestimmt wären sie alle bereit gewesen, dem Schutz der eigenen
Heimat Vorrang zu geben. Aus dem gleichen Grund war es Tyla
vor allem um die Sicherheit des Lekk-Systems gegangen.
»Der Doktor hat mir erlaubt, in fünfzehn Minuten aufzustehen.
Wo kann ich Sie finden?«
Tyla hob und senkte die Schultern. »Ich frage Captain
Janeway, ob ich die Explosion des Neutronensterns von der
Brücke aus beobachten kann.«
»Das würde mir ebenfalls gefallen«, sagte Maalot. »Können
Sie auch für mich um Erlaubnis fragen?«
»Natürlich.« Tyla klopfte dem Wissenschaftler auf den Arm.
»Bleiben Sie ruhig liegen, bis der Doktor Sie gehen lässt.«
»Junge Frau…«, wandte sich der Arzt an Tyla. »Ich wünschte,
mehr von meinen Patienten wären so klug wie Sie.«
»Er ist der Kluge.« Sie deutete auf Maalot. »Ich bin nur ein
Soldat.«
Der Doktor brummte und setzte seine Arbeit fort.
Tyla trat in den Korridor und zum ersten Mal seit einer ganzen
Weile merkte sie, wie hungrig sie war. Vielleicht konnte sie von
dem sonderbaren Mann namens Neelix eine Mahlzeit
bekommen. Zeit hatte sie genug.
Dachte sie jedenfalls.
»Captain Janeway an Lieutenant Tyla. Bitte kommen Sie zur
Brücke.«
Diese Worte ließen Tyla verharren. Sie sah sich um und fragte
sich, wie sie reagieren sollte. Die Besatzungsmitglieder der
Voyager verfügten über Insignienkommunikatoren, doch ein solches Gerät fehlte ihr.
Ein jung wirkender, uniformierter Mann näherte sich und Tyla
sprach ihn an.
»Entschuldigen Sie, ich bin Lieutenant
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