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VT04 - Zwischen Leben und Sterben

VT04 - Zwischen Leben und Sterben

Titel: VT04 - Zwischen Leben und Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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zwei Straßen vom Friedhof entfernt. Sie bestellten Bier. »Es ist früher Nachmittag«, sagte der Polizeichef mit Blick auf seine Armbanduhr. »Hast du mir nicht letzte Woche erst erklärt, du würdest vor dem Abendessen keinen Alkohol mehr zu dir nehmen?«
    »Habe ich«, bestätigte Percival, »und daran halte ich mich auch eisern. Allerdings nur an normalen Tagen.«
    »Ach! Du erlebst hin und wieder auch normale Tage?« Der Wirt brachte das Bier, sie stießen an und tranken. »Was sagst du zu der Witwe von Dark, Tom?« Steelwalker wischte sich den Schaum aus dem Schnurrbart.
    »Sympathische Frau.« Das Thema war Percival unangenehm. »Hat die Gerichtsmedizin inzwischen herausgefunden, was mit ihrem Mann passiert ist?«
    »Im Lazarus-Hospiz wurde nicht nur mit ITH gearbeitet, sondern auch mit der modifizierten Version des Wirkstoffes«, berichtete Steelwalker. »Du hast wahrscheinlich gehört, dass die NASA…«
    »Die Bergmann-Variante, ich weiß.«
    »Du bist also im Bilde, was rede ich noch.«
    »Der Wirkstoff versetzt Menschen in eine Art Wachkoma.« Percival schnippte eine Lucky Strike aus der Schachtel. »Zum Beispiel Lieutenant Bergmann: Der größte Teil seines zentralen Nervensystems schläft. Die Hirntätigkeit erlaubt gerade noch, einfache, vorher einsuggerierte Tätigkeiten auszuüben.« Er wollte seine Zigarette anzünden, doch der Wirt zog die Brauen hoch und musterte ihn eindringlich. Percival nahm die Zigarette aus dem Mund und steckte sie zurück in die Schachtel.
    »Schade.« Steelwalker zuckte mit den Schultern. »Ich hätte dir zwanzig Pfund abnehmen können.«
    »Das nächste Mal. Erzähl mir, warum Decker deiner Meinung nach dem armen Dark die Bergmann-Variante injiziert hat.«
    »Die NASA hat es dem zehnten Marsastronaut verabreichen lassen, damit er die Kontrollinstrumente der Bradbury überwachen kann. Decker wollte Dark gerade noch wach genug halten, damit er seine Dogge und sein Frau wahrzunehmen kann, wenn sie ihn besuchten. Es spricht viel dafür, dass Joel Decker das Präparat weiter entwickelt hat.«
    »Gute Arbeit, die er da abgeliefert hat, Glückwunsch«, sagte Percival sarkastisch. »Wie kam er an die Wachkomadroge? Kann man das Zeug im freien Handel kaufen?«
    »Wo denkst du hin, Tom! Erstens kostet es Millionen, und zweitens ist es nicht zugelassen. Es soll inzwischen ernsthafte Zwischenfälle in klinischen Studien gegeben haben. Die sind erst vor zwei Wochen bekannt geworden. Das Mittel scheint gefährlich zu sein. Ich bin gespannt, wie die NASA reagiert, wenn sie von Deckers Misere hört. Wann erscheint dein Bericht in der SUN?«
    »Wenn ich ihn geschrieben habe.« Die Lust nach einer Zigarette plagte Percival. »Noch einmal: Wie kamen Decker und sein Team an das Zeug?«
    »Wir ermitteln noch«, erklärte Steelwalker. »Im Moment führen die wichtigsten Spuren nach Kapstadt zu einem Mann namens Niklas Teller. Der lehrt dort Biochemie, war aber – und jetzt halt dich fest – von 2005 bis 2007 bei der NASA beschäftigt.«
    ***
    Ruanda, südöstliches Bergwald, Ende September 2009
    Die Luft war feucht und kühl. Nebel hing über den Büschen und in den Baumkronen. Der Silberrücken folgte dem Pfad über den Kamm auf die andere Seite des Berges. Dort hatte er am Morgen zuvor das rote Licht des Tages aufsteigen sehen.
    Keinen Baum, den er kannte, gab es hier, keine vertrauten Silhouetten am Horizont. Nie zuvor hatte er diesen Pfad benutzt, nie zuvor war er über diesen Hang gewandert. Er folgte einem Impuls, der ihm selbst kaum bewusst war.
    Als das Licht des Tages am höchsten stand und grellweiß in die lichten Stellen des Waldes brannte, verkroch er sich in die dichte Krone eines Baumes. Dort brach er Früchte, weidete im Laub über seinem Ruheast und fing Gewürm und Käfer in Reichweite seiner langen Arme. Er schlief, bis das Licht sich neigte.
    In der Abenddämmerung stieg er vom Baum und folgte wieder dem Pfad. Die halbe Nacht wanderte er durch Hänge und Talschneisen, die er nie zuvor durchstreift hatte. Etwas lockte ihn, etwas zog ihn, etwas trieb ihn voran.
    Nach einigen Stunden Schlaf stärkte er sich in den Büschen entlang eines Flusslaufes. Junges Laub und Beeren gab es dort. Ein paar große Käfer erwischte er, und am Ende der Nacht sogar eine Schlange.
    Im Morgengrauen fand er die Fährte einer Horde. Sie bestand aus neun Gattungsgenossen, darunter zwei brünstige Weibchen. Der einsame Silberrücken folgte der Fährte.
    Nach kurzem Schlaf sah er zwei Weibchen der

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