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VT04 - Zwischen Leben und Sterben

VT04 - Zwischen Leben und Sterben

Titel: VT04 - Zwischen Leben und Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Horde jenseits eines Flusstales in der Lichtung eines Berghanges. Er durchquerte den Fluss und das Tal und stieg den Hang hinauf.
    Auf einmal roch es nach Nackthäutern. Gefährlich. Was hatten sie im Wald zu schaffen? Er wusste nicht, dass er durch das Grenzgebiet zwischen Ruanda, Burundi und Tansania wanderte.
    Jenseits des nächsten Kammes sah er die Nackthäuter im Wald. Sie waren zu dritt. Er kletterte in den Wipfel eines Baumes und beobachtete sie. Am Rande einer großen Lichtung legten sie Früchte und Nüsse aus. Seltsam.
    Am Abend erschien die Horde und ließ es sich schmecken. Sie verhielten sich wie Kreaturen, die sich sicher fühlten. Ihr Anführer war ein kräftiger, fast schwarzpelziger Bursche.
    Drei Tage lang beobachtete der Silberrücken die Lichtung. Die Nackthäuter legten Früchte, Nüsse und dergleichen aus, und die Horde holte sich die Nahrung in der Abenddämmerung. Sonst geschah nichts.
    Ein guter Ort. Der Geist des Waldes musste ihn hierher geführt haben.
    In der Nacht stieg der Silberrücken den Hang hinunter und suchte die Nester der Horde. Sie waren leicht zu finden im kurzstämmigen Gehölz. Ohne Umschweife gab er einem der brünstigen Weibchen zu verstehen, dass er sie besteigen wollte. Der Führer der Horde hatte etwas dagegen und griff ihn an.
    Der Kampf tobte heftig aber kurz. Der Silberrücken brach dem anderen schon beim zweiten Zusammenprall das Genick und machte sich anschließend über sein Fleisch her.
    Noch am selben Tag nahm er die Weibchen und machte dem Rest der Horde klar, wer nun ihr Führer war. In der Abenddämmerung führte er sie zu der Lichtung, wo die Nackthäuter wieder Nüsse und Früchte ausgelegt hatten.
    ***
    Wassenberg, 2. Oktober 2009
    Eine deutsche Kleinstadt direkt an der Grenze, zwei Autostunden von Amsterdam entfernt – van der Groot war zufrieden mit seiner Wahl. Die Leute hier waren nett und redselig und hatten kein übertriebenes Interesse, über ihren Tellerrand hinweg zu blicken.
    Van der Groot hatte die Räume einer ehemaligen Kampfschule gemietet. Die Schule hatte Konkurs anmelden müssen, weil die zweite Geschäftsführerin im Gefängnis saß. Sie hatte den ersten Geschäftsführer, ihren Gatten, in einem Anfall von Eifersucht mit einem Schwert erschlagen, dessen Handhabung sie bei ihm bis zur Perfektion erlernt hatte.
    Da die Tai-Chi-Meisterin zugleich Eigentümerin der Räumlichkeiten war, konnte sie van der Groot eine Klausel in den Mietvertrag schreiben, wonach er das Equipment der Kampfschule gegen einen saftigen Aufpreis zu übernehmen hatte; also Schwerter, Barren, Matten, Ledersäcke und so weiter. Van der Groot gefiel das Objekt und seine unauffällige Lage zwischen einem Getränkehändler und einer Videothek so gut, dass er die Kröte schluckte. Warum nicht ein paar Schwerter an der Wand hängen haben? Er gründete eine Scheinfirma, einen Großhandel für Aquariumsfische.
    Während seine beiden neuen Mitarbeiter in der großen Halle Regale, Aquarien, Tanks und Pumpen aufbauten, brachten zwei Möbelpacker die Kartons für die Laborgeräte in die hintere, kleinere Halle. Die würde er in den nächsten drei Nächten persönlich auspacken.
    Die beiden Möbelpacker beendeten ihre Arbeit am späten Nachmittag. Er bezahlte und verabschiedete sie. Seine beiden neuen Mitarbeiter schufteten bis kurz vor Mitternacht. Als die Einrichtung der Scheinfirma aufgebaut, die Aquarien gefüllt und die Pumpen installiert waren, tat van der Groot, was er zwei Tage zuvor schon angekündigt hatte: Er zahlte sie aus und entließ sie.
    Einer der beiden, ein russischer Chirurg, stieg schicksalsergeben in das Taxi, das van der Groot ihnen bestellt hatte, damit es sie zum Bahnhof in der Kreisstadt bringen konnte. Der andere, ein kolumbianischer Straßenmusiker, der sich als promovierter Chemiker auf der Flucht vor der Drogenmafia ausgegeben hatte, beschimpfte ihn auf Spanisch. Van der Groot bezahlte den Taxifahrer und tat, als verstünde er kein Wort.
    Erst als das Taxi auf die nahe Bundesstraße einbog, fluchte er leise vor sich hin. Das hatte er sich angewöhnt, seit seine Frau ihn verlassen hatte.
    Es war bereits das dritte Mitarbeiterduo, das er in die Wüste schicken musste. Die ersten beiden hatte er schon nach zwei Wochen entlassen müssen. Einen äthiopischen Helikopteringenieur, dessen Diplom von der EU nicht anerkannt wurde, und einen Profifußballer aus Ghana, der wegen seiner bekannt gewordenen Homosexualität in keinem Club mehr einen Vertrag bekam.

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