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VT04 - Zwischen Leben und Sterben

VT04 - Zwischen Leben und Sterben

Titel: VT04 - Zwischen Leben und Sterben
Autoren: Jo Zybell
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Poronyoma hielt ihn fest und stieß ihn dem Gorilla entgegen. Er selbst warf sich seitlich ins Gestrüpp. Als er ins Geäst prallte, hörte er jenseits des Busches schon Knochen splittern. Das Geschrei des Ministerns erstarb. Poronyoma riss seine Walther P44 aus dem Holster, packte sie mit beiden Händen und ging auf die Knie.
    Der Silberrücken richtete sich auf, die Leiche des Außenministers unter den linken Arm geklemmt. Überall raschelte es auf einmal im dämmrigen Wald, Schritte näherten sich von der Lichtung her. Poronyoma zielte in das entstellte Gesicht des Menschenaffen und drückte dreimal ab.
    Dann war schon alles vorbei, er glaubte es kaum.
    Der Offizier des Begleitschutzes informierte die deutsche Politikerin. Seine Leute eskortierten sie und den Staatssekretär zurück zu den Geländewagen. Obwohl der Außenminister mausetot war, ließ Charles Poronyoma einen Notarzt rufen.
    Während die Wildhüter den Helikopter mit dem Notarzt bei der Landung auf der nächtlichen Lichtung einwiesen, packten ihr Chef und der leitende Offizier den toten Silberrücken in eine Plastikplane. Kritische Stimmen würden später hinter vorgehaltener Hand fragen, wozu man eine Plastikplane brauchte, wenn man einem Staatsgast das Artenschutzprogramm des Landes präsentierte.
    »Er gehört mir.« Charles Poronyoma deutete auf den toten Silberrücken. »Das Fell, das Fleisch, der Schädel, alles.«
    ***
    Aachen, 7. November 2009
    »Ich gratuliere, Tom – du hast mit deiner Reportage einiges in Bewegung gebracht.« Es war schon das zweite Mal in dieser Woche, dass Leila ihn anrief. »Nie wieder wird jemandem das zustoßen, was Hanns zugestoßen ist.«
    »Hoffen wir es«, sagte Percival. Er saß in einem Café am Domplatz von Aachen. Sein eigenes Blatt, die SUN, hatte er hier nirgends bekommen. Die Edelkonkurrenz schon – die TIMES lag neben seiner Kaffeetasse auf dem Tisch. Unterhaus verbietet Zombiedroge, titelte sie an diesem Samstag.
    Das war es, wozu Leila ihm gratuliert hatte. Durch seinen Bericht über den grausigen Vorfall im Lazarus-Hospiz nämlich hatte er den Missbrauch des modifizierten ITH-Wirkstoffes und seine Nebenwirkungen erst einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Das Vereinigte Königreich war nach Deutschland das zweite europäische Land, das die Bergmann-Variante verbot.
    »Ich freue mich, dass du anrufst.« Er schnippte eine Lucky Strike aus der Schachtel und nahm sie zwischen zwei Finger. »Was muss ich als nächstes schreiben, damit mir dieses Glück widerfährt?«
    Er steckte die Zigarette zwischen die Finger und nahm das brennende Teelicht von der Tischmitte, um sie anzuzünden. Die Kellnerin eilte mit erhobenem Zeigefinger herbei und machte ein Gesicht, als würde er sich anschicken, in die Topfpflanzen auf der Schaufensterbank zu pinkeln. Percival verdrehte die Augen und stellte das Teelicht weg. Der Antitabakfaschismus in Europa nervte ihn mächtig.
    »Ich überlege mir ein Thema«, sagte Leila.
    »Und bis wann darf ich mit dem Auftrag rechnen?«
    »Wenn du vom Festland zurück bist, gehen wir essen, und dann verrate ich es dir.«
    Percival traute seinen Ohren nicht. »Das halte ich für eine ganz prächtige Idee!«
    »Was ist das denn für ein Konzert, über das du schreiben willst?«
    »Es geht um Musik und Okkultismus.« Seit dem Abend des Vortages hielt Percival sich in Aachen auf. »Ich bin mit zwei Musikern zum Interview verabredet. Zwischendurch werde ich mich mit den Fans unterhalten.«
    »Okkultismus? Was für eine düstere Materie!«
    »Mein Spezialgebiet«, sagte Percival knapp. Das Thema war ihm unangenehm.
    Es ging Leila Dark besser seit ein paar Wochen. Inzwischen kam sie ohne Beruhigungsmittel aus. Nur ihre Dogge trug noch schwer an dem fürchterlichen Ereignis: Sie heulte halbe Nächte durch und war nur mit Mühe aus dem Haus zu bekommen. Leila musste ihr ein Psychopharmakon unter das Futter mischen.
    »Erzähl mir von dem Drehbuch, das man dir geschickt hat«, sagte Percival. Eine französische Produktionsfirma wollte Leila als Hauptdarstellerin in einem Krimi engagieren.
    »Ich soll eine betrogene Frau spielen. Ihr Mann setzt einen Auftragskiller auf sie an, um sie los zu werden. Ich weiß nicht…« Sie war hin und her gerissen und schilderte Percival ihre Bedenken gegen die Rolle.
    Sie plauderten noch ein paar Minuten und verabschiedeten sich schließlich; nicht ohne ein neues Telefondate verabredet zu haben. Als Percival das Handy wegsteckte, fragte er sich, was diese
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