Vulkans Hammer
seinem eigenen Distrikt wird er ja wohl die Public-Relations-Maschine entsprechend am Laufen halten; wir brauchen uns wohl keine Sorgen zu machen. Wir können zeigen, daß der gewöhnliche Mensch ohne Beziehungen zu uns kommen und eine ganz gewöhnliche Stellung einnehmen kann, als kleiner Angestellter oder Techniker, um dann mit der Zeit, wenn er den Ehrgeiz und die Fähigkeiten besitzt, bis zur Spitze aufzusteigen. Tatsächlich könnte er sogar Generaldirektor werden.« Nicht, daß das ein so wundervoller Job gewesen wäre, überlegte er sarkastisch.
»Er wird noch eine ganze Weile nicht Generaldirektor sein«, sagte Larson mit Überzeugung.
»Ach zur Hölle«, meinte Dill müde. »Er kann meinen Job sofort haben, wenn er das will, und das nehme ich an.« Er griff nach dem Formular. Es enthielt zwei Fragen:
a) SIND DIE HEILER WIRKLICH VON BEDEUTUNG?
b) WESHALB REAGIERST DU NICHT AUF IHRE EXI STENZ?
Jason Dill hielt das Blatt in den Händen und dachte: Einer von diesem unaufhörlichen Strom gescheiter junger Männer, die rasch die Eintracht-Leiter hinaufklettern, Barris, Taubmann, Reynolds, Henderson – sie alle machten ihren Weg, zuversichtlich, effektiv, ließen keinen Trick aus, nutzten auch noch die kleinste Chance. Gib ihnen die Gelegenheit, dachte er bitter, und sie hauen dich um; sie steigen einfach über dich hinweg und lassen dich liegen.
»Der Mensch ist des Menschen Wolf«, sagte er.
»Sir?«
Jason Dill legte das Formular weg. Er öffnete eine Schublade, nahm eine flache Metalldose heraus und entnahm ihr eine Kapsel, die er auf sein Handgelenk legte. Die Kapsel löste sich augenblicklich durch die Hautschichten hindurch auf; er spürte, wie sie in seinen Körper drang, in seinen Blutkreislauf überging und verzögerungslos zu wirken begann. Ein Tranquilizer ... einer der neuesten in einer langen, langen Reihe.
Es wirkt auf mich, dachte er, und sie wirken auf mich; das Mittel in der einen Richtung und der ständige Druck in die andere.
Wieder griff er nach dem Formular von Direktor Barris. »Gibt es viele solcher Anfragen?«
»Nein, Sir, aber eine allgemeine Zunahme der Anspannung. Neben Barris möchten auch mehrere andere Direktoren wissen, warum sich V ulkan 3 nicht zur Heiler-Bewegung äußert.«
»Das möchten alle«, sagte Jason Dill brüsk.
»Ich meine, formell«, sagte Larson. »Durch offizielle Kanäle.«
»Zeigen Sie mir das übrige Material.«
Larson gab ihm die anderen Anfrage-Formulare.
»Und hier ist das entsprechende Material aus den Datenbänken.« Er gab ihm einen großen, verschlossenen Behälter. »Wir haben das eingehende Material sorgfältig durchgekämmt. «
Nach einiger Zeit sagte Dill: »Ich hätte gern die Akte über Barris.«
»Die dokumentierte Akte?«
»Und die andere, das SL-Paket.« In seinem Geist tauchte der volle Begriff auf, der gewöhnlicherweise nicht ausgesprochen wurde: Substanzlos. »Das wertlose Material«, sagte er. Die falschen Anschuldigungen, die aus den Finger gesogenen und Lügen, die bösartigen anonymen Briefe. Anonym und oft in der wirren Prosa der Psychopathen, der mißgünstigen, wütenden Irren. Trotzdem werden die Unterlagen gesammelt und aufbewahrt. Wir sollten das nicht tun, dachte Dill. Wir sollten sie nicht verwenden, nicht einmal, um sie durchzusehen. Aber wir tun es. Gerade jetzt war er dabei, sich den Schmutz anzusehen, der sich um William Barris angehäuft hatte, angesammelt in Jahren.
Kurze Zeit später wurden die beiden Akten vor ihm auf den Schreibtisch gelegt. Er schob den Mikrofilm in den Betrachter und studierte eine Weile die Dokumentenakte. Eine Reihe langweiliger Fakten zog vorbei, Barris war in Kent, Ohio, geboren; er hatte keine Brüder oder Schwestern; sein Vater lebte noch und arbeitete bei einer Bank in Chile; er hatte bei Eintracht als Forschungsanalytiker begonnen. Jason Dill beschleunigte gereizt den Filmablauf, übersprang das meiste. Schließlich spulte er den Mikrofilm zurück und legte ihn in die Akte. Der Mann war nicht einmal verheiratet, sinnierte er; er führte ein normales Leben, voller Tugend und Arbeit, falls den Dokumenten zu glauben war. Falls sie die ganze Geschichte erzählten.
Und jetzt, dachte Jason Dill, die Verleumdungen. Die fehlenden Teile; die andere, die dunkle, die Schattenseite.
Zu seiner Enttäuschung war das SL-Paket über Barris fast leer.
Ist der Mann so unschuldig? fragte sich Dill. Daß er sich keine Feinde gemacht hat? Unsinn. Der Mangel an Beschuldigungen bedeutet nicht,
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