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Wach auf, wenn du dich traust

Wach auf, wenn du dich traust

Titel: Wach auf, wenn du dich traust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Mohr
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vorsichtig auf die Matte neben sich. Dann starrte sie in die Dunkelheit. Von den anderen kam gleichmäßiges Atmen. Pauline schnarchte leise.
    Als sie ihren Schlafsack auseinandergerollt und sich hineingelegt hatte, krümmte sie sich zusammen vor Heimweh. Das Haus ihrer Eltern, ihr Zimmer mit dem Sonnenstreifen auf dem Holzboden, das alles schien so weit weg wie auf einem anderen Planeten. Ihr Magen krampfte sich zusammen und beinahe hätte sie laut aufgeschluchzt. Sie konnte nicht einfach gehen. Sie konnte Denise nicht alleine lassen. Jenny wälzte sich auf die Seite. Sei mutig. Such dir Verbündete.
    Sie presste die Handballen auf die Augen. Sie sah grüne und orange Sterne.
    Denise war keine Verbündete. Sie war ein verletztes Tier, das Schutz suchte. Warum eigentlich? Ihr hatte Markus doch nichts getan.
    Ich verstehe nichts von anderen Menschen, dachte Jenny. So was von überhaupt nichts.
    Sie streckte die Hand aus und bekam Denises Arm zu fassen. Langsam tastete sie sich zu ihrer Hand vor. Die Finger des Mädchens schlossen sich um Jennys. Die Berührung beruhigte sie nicht, gab ihr aber wenigstens das Gefühl, nicht völlig den Verstand zu verlieren.
    Ich hab Angst, dachte sie. Verdammt, ich hab Angst.
    Irgendwann schlief sie wieder ein.
    Jenny träumte, dass jemand um ihr Zelt schlich. Jemand, der nur Unverständliches sprach. Jemand, den sie nicht sah und von dem eine undefinierbare Bedrohung ausging. Sie versuchte aufzuwachen, doch als es ihr endlich gelang, die Augen aufzuschlagen, merkte sie, dass sie immer noch träumte. Es schien, als gäbe es keinen Ausweg aus dem unheimlichen Schlaf.
    Doch der nächste Morgen kam.
    Jenny erwachte im Morgengrauen und stand sofort auf. Leise schlich sie zum Mädchenwaschraum. Nach einem Blick in den Spiegel wunderte sie sich, dass sie immer noch beinahe genauso aussah wie gestern. Ein fünfzehnjähriges Mädchen. Wenn sie die Augen schloss, fühlte sie sich wie eine alte Frau.
    Nur noch vier Tage, sagte sie sich, während sie zu der Holzhütte ging, in der die Wasserkocher standen. Sie stellte Wasser auf, und als es kochte, goss sie es in eine Thermoskanne auf zwei Teebeutel. Nur noch vier Tage, dann bin ich wieder zu Hause in meinem Zimmer, die Sonne scheint durch die Sprossenfenster und ich kann an Tizian denken.
    Tizian. Der schien so weit weg plötzlich. Sie versuchte, sich sein Gesicht vorzustellen, doch es wollte ihr nicht so recht gelingen.
    Sie schenkte sich Tee ein, obwohl er kaum gezogen hatte. Vielleicht kommt dann Debbie auch wieder zur Vernunft, legt sich mit mir auf den Holzboden und wir probieren vor meinem Spiegel neue Klamotten aus. Von mir aus gehe ich auch wieder shoppen. Wenn nur alles wieder wäre wie vorher, wenn das hier nur endlich vorbei ist.
    Sie nippte an ihrem Becher und verbrannte sich die Lippen. Vorsichtig strich sie mit dem Finger über die schmerzende Stelle.
    Von draußen drang Lachen herein, die anderen wurden wohl langsam munter. Jenny blinzelte in die Sonne. Lachen, dachte sie, vielleicht sollte ich das auch tun. Ich blase Trübsal, wo es vielleicht gar nichts zum Trübsalblasen gibt. Doch sie schaffte es nicht, sich von der Stelle zu bewegen. Erst als Luzia, Greta und Beate hereinkamen und Jenny überrascht begrüßten, kam Leben in sie.
    Jenny trat aus der Hütte ins Licht hinaus. Um die Feuerstelle saß die komplette Kelten-Gruppe eng beieinander, außerdem Max, Saskia, Tanja und Frederik. Alle knabberten an Croissants und Cornflakes. Jenny blieb stehen und wusste nicht recht, ob sie sich dazugesellen sollte.
    Lautlos trat Denise zu ihr. »Magst du Cornflakes?«, fragte sie und hielt Jenny eine gefüllte Schale hin. Jenny schüttelte den Kopf. »Keinen Hunger.«
    »Ich auch nicht«, sagte Denise und betrachtete die Schale unschlüssig. Dann zuckte sie mit den Achseln und trug das verschmähte Frühstück außer Sichtweite.
    Als sie zurückkam, lächelte sie.
    »Wir sollten aber was essen«, sagte Jenny plötzlich. »Der Tag wird anstrengend werden.«
    Denise nickte, doch sie rührten sich beide nicht von der Stelle.
    Beate schlug den Gong, der die morgendliche Besprechung am Feuerplatz ankündigte. Langsam setzten sich Jenny und Denise in Bewegung.
    Markus sah in die Runde und schien die Versammelten im Geiste zu zählen. Dann folgte ein Moment des Schweigens.
    Schließlich entfaltete Markus ein Blatt und ließ seinen Blick eine Weile darauf ruhen. Jennys Herz begann zu klopfen. Sie hatte keine Ahnung, warum. Vielleicht stimmte ja

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