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Wach auf, wenn du dich traust

Wach auf, wenn du dich traust

Titel: Wach auf, wenn du dich traust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Mohr
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wirklich etwas nicht mit ihr. Vielleicht sollte sie zu einem Psychologen gehen.
    »Neunzehn Teilnehmer stehen auf dieser Liste«, sagte Markus. »Neunzehn ganz normale Jugendliche.« Er klappte das Blatt zu und sah in die Runde. »Dachten wir. Aber wie wir festgestellt haben, gibt es eben doch einige feine Unterschiede.« Er klappte das Blatt wieder auf.
    »Fünfzehn von euch, fünfzehn sind die Kinder von hart arbeitenden Eltern.«
    Jennys Knie wurden weich.
    »Aber trotzdem sind wir neunzehn«, sagte Markus. »Wenn es fünfzehn Sprösslinge von arbeitenden Eltern gibt, dann bleiben zwangsläufig noch vier übrig. Vier, die sich von den fünfzehn aushalten lassen. Die sich eine Freizeit gönnen, die es für sie eigentlich nicht gäbe.« Markus machte eine Pause. »Vier, die sich diese Freizeit vom Sozialamt bezahlen lassen.«
    Er ließ den Blick schweifen. »Ist es nicht seltsam, dass es ausgerechnet diese vier sind, die von Anfang an hier querschießen?«, sprach er weiter. »Die nicht aufhören, das Camp zu sabotieren und Aufgaben zu boykottieren? Findet ihr das nicht seltsam?«
    Jenny sah Sabrina und Tanja nicken. Die mittlerweile schon vertraute Übelkeit stieg wieder in ihr auf.
    »Wisst ihr«, sagte Markus jetzt lächelnd, »mich wundert das überhaupt nicht. Wer nie Verantwortung gelernt hat, wer immer nur andere für sich bezahlen lässt und alle viere von sich streckt, wer nur gelernt hat, wie es ist zu schmarotzen, der kann überhaupt keine Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen.« Er hob die Hände. »Und es ist noch nicht einmal seine Schuld.«
    Markus faltete den Zettel endgültig zusammen und steckte ihn in die Hosentasche.
    »Aber immer nur jammern bringt nichts. Meine Meinung ist: Jeder soll die Chance bekommen, seine Defizite auszugleichen. Wir wollen hier jedem die Gelegenheit geben, zu beweisen, dass er auch am Gemeinwohl interessiert ist. Niemand ist verloren, solange man noch an ihn glaubt. Das ist das, was wir mit dem Jugendzentrum doch auch zeigen wollen: dass es eine Gemeinschaft unter Jugendlichen geben kann, zu der alle ihren Teil beitragen. Dass sich alle anstrengen dafür.«
    Jenny wurde eiskalt.
    »Deshalb dürfen vier von euch heute eine besondere Aufgabe erfüllen. Betrachtet es als sozialen Ausgleich. Seht es als ein Zeichen meines Vertrauens, dass auch ihr vollwertige Mitglieder der Gemeinschaft sein wollt. Sonst wärt ihr ja nicht mitgekommen. Und die Gelegenheit sollt ihr bekommen: Ihr werdet bei der heutigen Wanderung das Gepäck der gesamten Gruppe tragen. Dafür bekommt die Gruppe für jeden von euch zehn Extrapunkte dazugerechnet.«
    Jenny schnappte nach Luft. Einen Moment lang war sie unfähig zu denken, erwartete, dass irgendjemand protestieren würde. Doch nichts geschah.
    »Das kannst du nicht machen«, sagte sie.
    »Und warum nicht?« Markus sah sie an. Er lächelte. »Ist doch eine tolle Chance für euch!«
    »Weil das Schikane ist!«, rief Jenny. »Denise wird zusammenklappen! Und wir anderen auch!«
    »Immer edelmütig im Einsatz für andere«, spottete Markus. »Kann es sein, dass du das nur tust, weil du gerne geheim halten willst, wes Geistes Kind du bist, Jenny?«, fragte Markus.
    »Wenn die Eltern von jemandem keine Reichtümer verdienen, gibt es deswegen noch niemandem das Recht, ihn zu schikanieren«, sagte Jenny.
    Markus hielt abwehrend beide Hände hoch.
    »Wer spricht denn von Schikane«, sagte er. »Es ist lediglich eine kleine Gegenleistung, die gerade dir sehr guttun wird! Ich habe die ganze Zeit schon den Eindruck, dass es dir erheblich an Disziplin mangelt.«
    »Es ist keine kleine Gegenleistung, das Marschgepäck mit der Kletterausrüstung von zwanzig Personen zu tragen!«, widersprach Jenny heftig. Sie sah Debbie und Silvio an, ließ ihren Blick über Matthias, Hendrik und Pauline schweifen. »Sagt ihr doch auch mal was! Das kann er doch nicht machen!?«
    Die Angesprochenen blickten betreten zu Boden. Auch Debbie inspizierte angestrengt ihre Finger.
    »Du kannst es dir sparen, die anderen aufzuwiegeln, die Zeit, in der du auf Kosten von anderen mit dabei sein durftest, sind vorbei. Und wenn du dich weigerst…«, sagte Markus. »…wird das Gepäck dann eben auf die übrigen drei verteilt. Dafür gibt’s dann aber auch nur dreißig Extrapunkte.«
    »Und wenn wir uns alle weigern?«, fragte sie.
    Markus zuckte mit den Achseln. »Es liegt ganz bei euch«, sagte er, »wir verbringen immerhin noch ein paar Tage miteinander. Und wir wollten

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