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Wach nicht auf!: Roman (German Edition)

Wach nicht auf!: Roman (German Edition)

Titel: Wach nicht auf!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess McConkey
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Träumen ging es nicht um mich. Sie haben von Blanche gehandelt.«
    Anne stand auf und blickte auf Sam hinunter. »Ich wusste, dass dieses ganze Gerede über Blanche nicht gut war. Sie haben doch noch nicht einmal ein Foto von ihr gesehen, oder?«
    »Nein.«
    »Dann können Sie gar nicht wissen, dass sie die Frau in Ihren Träumen ist.« Sie streckte Sam die Hand hin und half ihr auf die Beine.
    »Sie glauben, dass ich den Bezug zur Wirklichkeit verliere, oder?«
    »Wie schon gesagt, ich glaube, dass Sie heute Nachmittag eine schlimme Erschütterung erlitten haben.« Sie führte Sam in den Flur. »Nach allem, was ich weiß, war Blanche Jones der Typ, der immer auf den Füßen landet, und gerade jetzt lässt sie es sich wahrscheinlich mit ihrem neuesten Lover gut gehen. Sie sucht Sie bestimmt nicht als Gespenst heim.« Sie blieb an der Schlafzimmertür stehen. »Sehen Sie? Alles ist in Ordnung – in diesem Zimmer hat sich überhaupt nichts verändert. Am besten, Sie versuchen noch einmal zu schlafen.«
    Sam trat von der Tür zurück. »Da drinnen will ich nicht schlafen.«
    »Okay, wie wäre es dann mit dem Gästezimmer?«
    Sam nickte. »Sie haben wahrscheinlich recht.« Sie blickte sich nach dem Bett um. Sie hätte gerne ihren Skizzenblock gehabt, konnte sich aber irgendwie nicht dazu bringen, den Raum zu betreten.
    Anne sah, dass sie zum Bett sah. »Ich hole ihn für sie«, sagte sie, ging zum Bett und nahm den Block und den danebenliegenden Stift. »Hier«, sagte sie und reichte beides Sam. »Vielleicht hilft das Zeichnen Ihnen ja beim Entspannen.«
    Mit Anne im Gefolge trat Sam ins Gästezimmer und setzte sich aufs Bett.
    »Hätten Sie gerne etwas zu essen?«, fragte Anne von der Tür her.
    »Nein … danke … vielleicht später.« Sam schwang die Beine aufs Bett und lehnte sich gegen die Kopfkissen, den Skizzenblock auf dem Schoß.
    Nachdem Anne gegangen war und leise die Tür hinter sich geschlossen hatte, klappte Sam den Block auf und starrte auf das leere Blatt. Den Zeichenstift zwischen den Fingern drehend, versuchte sie, den schrecklichen Anblick, den sie zu sehen gemeint hatte, aus dem Kopf zu bekommen. Anne hatte recht. Ihr Unterbewusstsein hatte ihr einen bösen Streich gespielt, aber das würde sie ihm nicht durchgehen lassen. Davon hatte sie kurz nach ihrem Erwachen aus dem Koma genug gehabt. Und diese Qualen wollte sie nicht noch einmal durchleben. Sie war gesünder geworden, stärker, dachte sie und hielt den Stift schon nicht mehr so fest umklammert. Sie würde Blanche vergessen, und alles würde in Ordnung kommen.
    Sie wachte davon auf, dass ihr Speichel aus dem Mundwinkel lief und sie kitzelte. Sie wischte sich den Mund ab. Mann, sie hatte ganz schön fest geschlafen. Wahrscheinlich hatte sie auch geschnarcht. Aber besser sabbern und schnarchen, als Halluzinationen haben, dass neben einem eine Leiche im Bett lag.
    Sam streckte die Hand aus, knipste das Nachttischlämpchen an und schaute auf die Uhr. Es war nach dreiundzwanzig Uhr – sie erinnerte sich vage, dass Anne hin und wieder hereingekommen war, um nach ihr zu schauen, aber sie war jedes Mal wieder eingeschlafen. Jetzt war sie hellwach, setzte sich im Bett auf und blickte sich im Zimmer um. Womit sollte sie die Zeit totschlagen? Wenn sie fernsah, störte sie damit Anne, und der hatte sie wohl für einen einzigen Tag schon genug zugemutet, ohne nun auch noch ihren Schlaf zu stören. Lesen kam nicht in Frage. Sie wollte nicht, dass noch mehr Geschichten von Gespenstern ihren Kopf bevölkerten. Sie könnte versuchen zu zeichnen. Sie war eingeschlafen, ohne einen einzigen Strich zu ziehen.
    Sam griff nach dem Skizzenblock und klappte ihn auf. Das Blatt, auf das sie vor dem Einschlafen gestarrt hatte, war jetzt nicht mehr leer. Das Gesicht einer Frau blickte zu ihr auf. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Sie konnte sich nicht erinnern, dass sie das hier gezeichnet hatte, aber es war eindeutig ihre Arbeit. Wieder ein Blackout? Bitte nicht , dachte sie und kämpfte gegen den Drang an, das Blatt herauszureißen und in tausend Fetzen zu zerpflücken.
    Ihr Blick wanderte zu der Zeichnung zurück. Ein leises Lächeln im Gesicht, saß die Frau mit angezogenen Beinen auf einem Rasen. Aus jeder Linie ihres Körpers sprach Erotik, von der Art, wie sie den Kopf hielt, bis zur Neigung ihrer Schultern. Auf ihrem Schoß ein großer Strauß Blu men.
    Sam zog die Augen zusammen und betrachtete die Blumen. Irgendetwas an ihnen kam ihr bekannt vor.

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