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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Telepathie. Unter Telepathie hatte sich Wonse immer vorgestellt, daß man eine Stimme im Kopf hörte.
    In diesem Fall erklang die Stimme im Körper. Sie spannte das Nervensystem wie die Sehne eines Bogens.
    Steh auf.
    Wonse sprang auf die Beine. Der Stuhl kippte zur Seite, und er stieß mit den Knien an die Tischkante. Wenn jene Stimme ertönte, hatte er ebensoviel Kontrolle über seinen Körper wie Wasser über Gravitation.
    Komm.
    Wonse setzte sich taumelnd in Bewegung.
    Die Schwingen entfalteten sich langsam, knarrten leise und reichten schließlich von einer Wand des Saals bis zur anderen. Die Spitze eines Flügels zerschmetterte ein Fenster und ragte nach draußen in den späten Nachmittag.
    Langsam und majestätisch reckte der Drache den Hals und gähnte. Als er damit fertig war, drehte er den Kopf und senkte ihn, bis der Abstand zum Gesicht des Sekretärs nur mehr wenige Zentimeter betrug.
    Was bedeutet ›freiwillig‹?
    »Es, äh, bedeutet, daß man aus freiem Willen handelt«, erklärte Wonse.
    Aber die Menschen haben keinen freien Willen! Entweder vergrößern sie meinen Hort, oder ich verbrenne sie!
    Wonse schluckte. »Ja«, bestätigte, »aber du darfst nicht…«
    Er duckte sich im Tosen des lautlosen Zorns.
    Ich darf alles! Es gibt keine Verbote für mich!
    »Oh, natürlich, natürlich!« quiekte Wonse und preßte beide Hände an die Schläfen. »So meinte ich das nicht! Auf diese Weise ist es besser. Glaub mir. Besser und sicherer!«
    Niemand kann mich besiegen!
    »Davon bin ich überzeugt…«
    Niemand kann mich kontrollieren!
    Wonse hob die Arme und hoffte, daß seine Geste beschwichtigend genug wirkte. »Selbstverständlich, völlig klar«, sagte er. »Aber es gibt Mittel und Wege, weißt du. Mittel und Wege. Das Brüllen und Verbrennen und so, nun, äh, es ist gar nicht nötig…«
    Du dummer Affe! Wie soll ich sonst dafür sorgen, daß sich die Leute meinem Willen unterwerfen?
    Wonse legte die Hände auf den Rücken.
    »Sie werden deine Anweisungen freiwillig ausführen«, erwiderte er. »Und mit der Zeit glauben sie bestimmt, es sei ihre eigene Idee gewesen. Die ganze Sache wird zu einer Tradition, das versichere ich dir. Wir Menschen sind sehr anpassungsfähig.«
    Der Drache bedachte ihn mit einem langen nachdenklichen Blick.
    Wonse versuchte, das Zittern aus seiner Stimme zu verbannen, als er hinzufügte: »Bestimmt dauert es nicht mehr lange, bis… Nun, wenn jemand kommt und meint, ein Drache als König tauge nichts, so steinigt man ihn wahrscheinlich.«
    Das Ungetüm blinzelte.
    Zum erstenmal schien es ein wenig unsicher zu sein.
    »Mit Menschen kenne ich mich aus«, sagte Wonse schlicht.
    Der Drache hielt einen starren, durchdringenden Blick auf ihn gerichtet.
    Wenn du lügst…,
dachte er schließlich.
    »Ich könnte dich gar nicht belügen, das weißt du doch.«
    Und sie verhalten sich wirklich so?
    »O ja, die ganze Zeit über. Eine typisch menschliche Eigenschaft.«
    Wonse wußte, daß der Drache zumindest die Gedanken an der Oberfläche seines Bewußtseins las, und dort herrschte eine Resonanz des Schreckens. Er blickte in die großen roten Augen und erahnte wenigstens die Überlegungen dahinter.
    Der Drache war gleichermaßen verblüfft und entsetzt.
    »Tut mir leid«, sagte Wonse. »So sind wir nun mal. Hat was mit dem Überleben zu tun, glaube ich.«
    Es
gibt keine mächtigen Krieger, die unterwegs sind, um mich zu töten?
dachte der Drache enttäuscht.
    »Ich bezweifle es.«
    Keine Helden?
    »Nein, nicht mehr. Sie sind zu teuer.«
    Aber ich werde Menschen verschlingen!
    Wonse zuckte zusammen.
    Er fühlte, wie die mentalen Ausläufer des Drachen in seinem Ich umhertasteten und nach Hinweisen suchten, nach Informationen, die ihm das Verstehen erleichterten. Eine Mischung aus Sehen und Spüren bot ihm kurzlebige Drachenbilder dar, aus dem mythischen Zeitalter der Reptilien und – begleitet von dem aufrichtigen Erstaunen des Ungeheuers – aus weniger lobenswerten Epochen der menschlichen Geschichte. Nun, eigentlich gab es gar keine anderen. Ganz gleich, auf welche Weise sich der Drache verhielt: Es war praktisch unmöglich, daß er den Menschen mehr Leid bescherte, als sie sich gegenseitig zufügten, häufig sogar mit großer Begeisterung.
    Du hast die Unverschämtheit, schockiert zu sein,
dachte der Schuppenriese.
Aber
wir
waren Drachen. Man
erwartete
von uns, grausam, hinterhältig, gemein und schrecklich zu sein. Aber eins will ich dir sagen, du, du Affe –
der große Kopf kam

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