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Wachgeküßt

Wachgeküßt

Titel: Wachgeküßt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Harvey
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mein Vater war sehr krank, da wurde manches ein bißchen vernachlässigt. Sie brauchen Hilfe, um alles wieder auf Vordermann zu bringen. Sie haben das Geschäft schleifen lassen, weil sie zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt waren.«
    »Also sind Sie zurückgekommen, um es für sie zu leiten?«
    Wieder schüttelt er den Kopf.
    »Ich helfe nur eine Zeitlang aus. Das ist eigentlich nicht mein Beruf.«
    »Sondern?«
    Er lächelt trocken. »Sagen wir mal, ich bin so eine Art Troubleshooter. Wenn etwas nicht läuft und wieder in die Gänge gebracht werden soll, dann ruft man mich, um das zu erledigen.« Er scheint genauso reserviert zu sein wie ich, wenn es darum geht, seine beruflichen Angelegenheiten offenzulegen. Hastig kehrt er zu mir zurück.
    »Aidan hat gesagt, Sie sind Vertreterin?«
    »Mmmm.« Wieder murmele ich unverbindlich.
    Also darüber haben er und Aidan sich vorhin unterhalten... über mich. Ich weiß auch nicht, warum, aber ich bin geradezu irrsinnig darüber erfreut, daß ich einen Beweis für ein gewisses
Interesse seinerseits erhalte. Ich lenke unsere Unterhaltung wieder auf ein sichereres Thema.
    »Wie es aussieht, haben Sie hier alles ziemlich gründlich auf Vordermann gebracht. Es ist eines der besten Hotels, in denen ich dieses Jahr war.«
    »Danke, wir bemühen uns sehr. Sie reisen also viel?«
    »Das gehört zu meinem Beruf. Es gab Zeiten, da habe ich schon in ganz üblen Löchern übernachtet, das können Sie mir glauben.«
    »Mmm.« Er nickt zustimmend. »Die einzige Qualifikation, die ich habe, um meiner Familie hier weiterzuhelfen, ist die, daß ich in einigen der schlimmsten Hotels dieser Welt übernachtet habe. Ich weiß nicht besonders viel über das Geschäft, aber ich weiß verdammt genau, was man vermeiden sollte.«
    »Ja.« Ich lache. »Ich habe mal an einem Ort übernachtet, der so feucht war, daß sogar die Holzwürmer Gummistiefel anhatten. Man brauchte noch nicht mal ein Zimmer mit Bad zu buchen, weil man sich einfach unter ein Rinnsal in der Ecke des Raumes stellen konnte.«
    Er lacht zustimmend.
    »Das kenne ich. Ich glaube, das Schlimmste, was ich je erlebt habe, war dieses Loch in Torquay. Ich war wegen einer Konferenz dort und das eigentliche Hotel war ausgebucht. Genauer gesagt war sogar die ganze Stadt so gut wie ausgebucht. Das Unternehmen, für das ich damals arbeitete, war ein ziemlich wichtiger Kunde, also haben sie mich und einige meiner Kollegen in einem sogenannten Anbau untergebracht, der sich aber als ein eigenständiges Hotel am Ende der Straße entpuppte. Ich hab’s geschafft, innerhalb von gerade mal einhundert Metern von fünf auf null Sterne zu kommen. So etwas haben Sie in Ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen. Ich dachte, ich sei gestorben und in meine Kindheit zurückversetzt worden. Sie wissen schon, was ich meine – solche Hütten wie bei den Pfadfindern. Es hat mich überrascht, daß wir nicht auf Eisenpritschen schlafen mußten.

    Wir waren zu zweit in einem Zimmer, die Kakerlaken nicht mitgerechnet, und wir mußten uns zu sechst ein Bad teilen, um zweiundzwanzig Uhr war Zapfenstreich, Frühstück gab’s um Punkt acht oder gar nicht, wobei man immer noch die Möglichkeit hatte, die Pilze zu essen, die an der Decke wuchsen, wenn man allzu hungrig war. Ach, Gott«, seufzt er, »bei der Konferenz ging es um das Thema Teamarbeit. Die drei Nächte im Hotel haben uns mehr gelehrt als irgendeiner dieser Vorträge.«
    »Wem erzählen Sie das«, stimme ich zu. »In manchen dieser Löcher gilt, nur der Stärkste überlebt, und die Bettwanzen sind in der Regel besser akklimatisiert als man selber...«
    »Und besser genährt«, scherzt er. »Zumindest sind sie immer sicher, einen guten Zimmerservice zu bekommen.«
    Noch nie ist es mir so leichtgefallen, mich mit jemandem zu unterhalten, den ich nicht kenne. Eigentlich ist es sogar leichter, sich mit Jalce zu unterhalten, als mit manchen Leuten, die ich ziemlich gut kenne.
    Er ist originell und geistreich, und die Zeit, die wir im Gespräch verbringen, verfliegt so schnell wie der Alkohol, den Aidan beständig in mein Glas schüttet. Sobald es leer auf dem Tresen steht, stürzt mein neuer Freund wie ein Bernhardiner auf einer Rettungsmission herbei und schenkt mir nach.
    Zu einem Zeitpunkt, als die letzte Bestellrunde nur noch eine vage Erinnerung ist und die Zapfhähne fest unter ihren Abdeckungen schlummern, sind nur noch ich, Jake, eine exquisite Flasche Pouilly Fume und das offene Kaminfeuer

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