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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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sofort.«
     
    Beim Hochamt in Sacré-Cœur, mit mehr Kerzen, als sie im Tour d’Argent um sich gehabt hatten, ja, mehr noch als in Sherborne Abbey, beobachteten Shamus und Cassidy die andächtigen Gebärden reiner Knaben, während sie heimlich die halbe Flasche Whisky hin und her gehen ließen.
    Lieber Gott , hier spricht Aldo Cassidy , der zum letzten Mal zu Dir gebetet hat , als Helen und Shamus verschollen und tot gemeldet waren und ich mich für den Rest eines langen und langweiligen Lebens mit dem Verbrechen der Unschuld beladen glaubte . Nun , ich freue mich , Dir sagen zu können , daß meine Gebete inzwischen erhört wurden und daß ich Dir gegenüber in tiefer Dankesschuld stehe . Ich werde in der Tat geraume Zeit benötigen , um die vielen Erfahrungen auszuwerten , die diese Begegnung mir zu schenken verspricht , und wir werden uns nach gegebener Frist erneut mit Old Hugo , dem bekannten Parlamentsmitglied , zusammensetzen und gemeinsam die Frage klären müssen nach der Natur der Liebe , nach Gut und Böse und nach der Relevanz von dem allen für unseren gemeinsamen Lebensplan . Inzwischen nochmals ein vorläufiges › Danke ‹ dafür , daß Du mich so schnell mehrere Stufen auf der Leiter der Lebewesen hast erklimmen lassen , und noch dazu außerhalb von Sandras Hörweite .
    »Ist für den Bau«, erklärte Cassidy. »Für die Restaurierung der Kirche – sie ist am Einstürzen!«
    »Gott«, sagte Shamus und starrte auf das stumme Maul des Opferstockes. »Gott. Es muß doch irgendwen geben, den Du nicht bezahlst.«
    Es ist nicht leicht, aus Paris herauszukommen, wenn man betrunken ist und müde und zu Fuß; wenn man durch Säulengänge aus gelb erleuchtetem Zement taumelt auf der Suche nach dem freien Feld; wenn keine Nutte den Weg kennt und die Taxichauffeure einen nicht als Fahrgast wollen. Zunächst versuchten sie, das Messegelände zu finden: Sie würden in das Zelt kriechen und in Kinderwagen schlafen. Aber die Messe war umgezogen. Zweimal erkannten sie die Straße, die zu ihr führte; jedesmal wurden sie in die Irre geführt. Also beschlossen sie, lieber einen Fluß zu suchen, der sie zum Meer bringen würde, doch der Uferpfad endete an einer Brücke, und jenseits der Brücke ragte ein Wald von scheußlichen Bauten und versperrte ihnen die Flucht. An einer Haltestelle fanden sie einen leeren Triebwagen, aber Cassidy konnte den Strom nicht einschalten, und Gebete halfen ihnen nicht weiter.
    »Tanzen«, sagte Shamus. »Vielleicht sollten wir für ihn tanzen.«
     
    In einer Kopfsteingasse tanzen zwei gleich große, nur in der Farbe verschiedene Männer. Einer von ihnen ist Shamus; einer von ihnen ist, wie der stets aufmerksame Cassidy richtig beobachtete, er selber.
    Der Morgen dämmert, nicht der Abend, denn niemand achtet auf die beiden, niemand ist auf, niemand ist da. Von Zeit zu Zeit sprechen vom Himmel Stimmen in einer Muttersprache zu ihnen, vermutlich Flaherty oder sogar Mrs. Flaherty, sie sind inkognito hier, ein einwöchentlicher Aufenthalt, um die franko-irische Gemeinde zu inspizieren. Doch der Text der göttlichen Botschaft erreicht sie, ach, wie so oft, nur in verstümmelter Form, es wäre unbesonnen, danach zu handeln. Ihre Bewegungen sind für ein Publikum gedacht; schwierig, aber perfekt ausgeführt. Für ein göttliches Publikum, das sie wegbringen wird aus einer Stadt, die nicht mehr mit Shamus korrespondiert. Sie haben Schwanensee fertig, und jetzt spielen sie ›Schatten‹, jeder jagt das Bild des anderen auf dem feuchten Bewurf einer klagelosen Mauer, doch Shamus findet diese Nummer unergiebig und schlägt, nachdem er der Mauer einen ganz unvernünftigen Fußtritt versetzt hat, Cassidy vor, mit ihm einen selbsterfundenen Tanz aufzuführen. Beflissen versucht Cassidy im Rhythmus zu bleiben, während er viele herzliche Grüße an seine einstigen Musikpädagogen schickt, einschließlich Mrs. Harabee an der Sherborne School, Dorset.
    Nachdenken , Dubiosus .
    Ich denke ja nach, Mrs. Harabee.
    Dann eben noch genauer nachdenken .
    Ja, Mrs. Harabee.
    Los, Pailthorpe , sagt Sandra , du kannst so gut die Stimmen der Leute nachmachen , jetzt machst du ganz einfach ihren Gesang nach .
    Ich kann nicht.
    Natürlich kannst du . Ich habe dich in der Kirche tadellos richtig singen hören.
    Nun ja.
    Aber das war zusammen mit anderen Leuten, Sandra. Du willst sagen , mit mir allein kannst du es nicht? Das tut mir leid.
     
    Dubiosus , ich werde dich dem Vorsteher melden .
    »Dann, zum

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