Wächter der Macht 02 - Blutlinien
umher und sichtete die Datenbanken, bis bloß noch einige wenige Jedi zurückblieben, die an den Terminals arbeiteten. Ihnen würde kaum auffallen, wenn er zwischen den Regalen verschwand und nicht wieder auftauchte. Während er sich vorstellte, sein Körper wäre bloß eine Hülle, nutzte er seine Fallanassi-Fähigkeiten, um die Illusion zu erzeugen, nichts zu sein, durchsichtig zu werden, und zog seine Machtpräsenz so weit in sich selbst zurück, dass er für alle Jedi-Sinne verschwand. Eine Frau, die - in Gedanken versunken - ungerührt auf einen Bildschirm blickte, nahm keine Notiz von ihm, als er sich neben sie setzte. Nun konnte er selbst in die Ratskammer gehen, ohne gesehen zu werden -hoffte er.
Der Tempel, dessen Wiederaufbau Jacen als unnötig kostspielige Zurschaustellung von Macht betrachtete, kam ihm jetzt zugute. Er brachte den Mut auf, erneut in die Vergangenheit seines Großvaters zu schauen, und dies war der Ort, an dem Anakin Skywalkers Schicksal entschieden worden war. Er schlüpfte durch die Türen und stand im Innern des Kreises.
Der intarsierte Marmorfußboden war angeblich identisch mit dem, über den Anakin gegangen war. Jacen starrte ihn an und fragte sich, ob er den Boden vielleicht durch Anakins Augen sehen würde. Er hatte seine Emotionen gefühlt. Und er hatte durch die Augen seiner eigenen Mutter geschaut. Viel leicht war es möglich, beides gleichzeitig zu tun. Lausche.
Er spürte, wie die Sohlen seiner Stiefel Teil des Marmors wurden, als würde er wie ein Baum in die glänzenden Bodenplatten wachsen. Sein Kopf schwirrte. Bruchstücke von Unterhaltungen spülten über ihn hinweg, bis er Anakin hörte, als wenn man den Klang des eigenen Namens in einem vollen, lauten Raum aufschnappt.
Er erkannte die Stimmen nicht, aber er konnte sich problemlos vorstellen, wem einige davon gehörten.
»Also ist er der Auserwählte?«
»Qui-Gon glaubt es.«
»Aber was glauben wir?«
»Skywalker ist außergewöhnlich, aber er ist zu alt, als dass man ihn noch ausbilden könnte.«
»Aber ist er der Auserwählte?«
»Wenn er es ist, dann ist es nicht nötig, ihn zu trainieren. Entweder findet er seinen Weg oder nicht.«
»Ein logisches Argument Ihr da vorbringt, doch Führung er braucht.«
»Wer wird ihn dann ausbilden? Wer kann ihn ausbilden? Womöglich ist niemand dieser Aufgabe gewachsen.«
»Doch trainieren wir ihn nicht, wir vielleicht bereuen es.«
»Und keiner von uns kann einen Padawan unter seine Fittiche nehmen, und es gibt dringendere Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.«
Der letzte Sprecher war Mace Windu. Jacen erkannte seine Stimme anhand von Aufzeichnungen. Sein Herz schmerzte angesichts der Leichtigkeit, mit der sie der Verantwortung für Anakin entsagten, wenn man bedachte, dass er der Auserwählte war. Jacen suchte nach weiteren Hinweisen darauf, wo und wie Anakin von seinem Weg abgekommen war, damit er die Fallgruben erkannte, die es zu vermeiden galt.
Er schloss die Zeit-Echos der Stimmen aus und schlüpfte in eine Ecke, wo er sich verstecken konnte, falls seine MachtUnsichtbarkeit versagte, während er in der Zeit zurückwanderte. Die Anstrengung, all die Techniken auf einmal
einzusetzen, brachte ihn ins Schwitzen.
Sein Kopf hämmerte, und das Bild der Kammer verschwamm für einen Moment, aber dann klärte es sich, und Jacen fühlte sich, als wäre er aus dem Schlaf aufgeschreckt. Die Ratsmitglieder saßen in ihren Zeremoniensesseln oder erschienen als Hologramme, und einer derjenigen, die in Fleisch und Blut anwesend waren, war Anakin Skywalker, jetzt ein junger Mann und ein sehr wütender noch dazu. Er stand in der Mitte der Kammer, mit einem schwarzen Umhang angetan, und stritt mit Mace Windu und Yoda.
»Dieser Anordnung Folge leisten der Rat tut leichten Herzens nicht. Verwirrend dieser Schritt von Kanzler Palpatine ist.«
»Ihr seid Mitglied dieses Rates, aber wir erheben Euch nicht in den Rang eines Meisters.«
»Warum nicht? Wie könnt Ihr das tun? Das ist unerhört! Es ist ungerecht! Ich bin mächtiger als jeder von Euch. Wie kann man zum Rat gehören, ohne ein Meister zu sein?«
»Nehmt Platz, junger Skywalker...«
Jacen sah einige Sekunden lang zu. Er bedauerte Anakin ebenso sehr, wie er ihn verstand, und er wusste, dass er seinem Weg nicht folgte, nicht im Geringsten. Armer Großvater: außergewöhnlich begabt und dennoch abgewiesen und bloß toleriert, größtenteils ohne Ausbildung, führungslos. Kein Wunder, dass er sich in
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