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Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc

Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc

Titel: Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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ein, sogar wenn wir ab und zu durch die widerlichen Fluten waten mussten, um zu einem anderen Tunnel zu kommen. Schade nur, dass sie nichts gegen den Gestank unternehmen konnte.
    Wir blieben unvermittelt stehen, als Mr. Stich sich von der Gruppe trennte, um eine spezielles Teilstück der Backsteinmauer von Nahem zu untersuchen. Ich ging zu ihm, um ebenfalls einen Blick darauf zu werfen, aber die Mauer schien sich in nichts von den anderen, an denen wir vorbeigekommen waren, zu unterscheiden. Die runde Oberfläche troff vor Feuchtigkeit, als ob sie in der unangenehmen Hitze schwitzte, und die ursprüngliche Farbe des Backsteins verlor sich unter Schichten von angesammeltem Dreck und Massen von wulstigen Pilzen. Mr. Stich ließ seine Finger zärtlich über die Oberfläche streichen, ohne den dicken Rückstand, der an seinen teuren, maßgefertigten Handschuhen hängen blieb, zu beachten. Mein erster Gedanke war, dass es anscheinend klar umrissene Grenzen für Mollys Schutzfeld gab, der zweite, wirklich gar nichts selbst mit den Händen zu berühren, aber schnell wurde ich von Mr. Stichs Gesichtsausdruck abgelenkt. Er lächelte, und es war kein sehr nettes Lächeln.
    »Ich erinnere mich an diesen Ort«, sagte er, und etwas in seiner sanften Stimme bewirkte, dass sich mir die Nackenhaare stellten. »Es ist lange her, seit ich hier unten war. Ich glaube, damals war dieser Abschnitt noch im Bau begriffen ... Ich pflegte ständig hierherzukommen, um dem Lärm der Menschheit zu entrinnen ... Ja, ich erinnere mich an diesen Ort.«
    Er drückte auf einen bestimmten Stein, und dieser versank mit einem vernehmlichen Klicken in der Wand. Mr. Stich stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Mauer, und ein großer Abschnitt schwang langsam an verborgenen Gelenken nach innen. Dahinter lagen nur Finsternis und Stille. Mr. Stich winkte Molly ungeduldig zu sich, und sie streckte ihre beleuchtete Hand in die neue Öffnung. Wir drängten uns alle um sie herum, um zu sehen, was es zu sehen gab, aber Mr. Stich konnte es nicht abwarten; er fasste Molly an der Schulter und drängte sie hinein. Sie gingen vor in die Düsterkeit, und das Blumenmädchen und ich folgten ihnen auf dem Fuß.
    Hinter der Backsteinmauer lag ein Raum, ein sehr geheimer Raum. Ich blieb reglos stehen, genau im Eingang, festgehalten von dem, was ich sah. Ich war angeekelt und entsetzt, und schrecklich wütend. Mein erster Gedanke war, dass es wie in einem gespenstischen Puppenhaus aussah. Der Raum war wie ein altes viktorianisches Wohnzimmer eingerichtet worden: wuchtige Möbel, dicke Teppiche, Stühle mit steifen Rückenlehnen zu beiden Seiten eines langen Esstischs mitsamt schwerem Tischtuch, Silbergedecken und Kerzenleuchtern. Sogar gerahmte Porträts an den Wänden.
    Auf den Stühlen zu beiden Seiten des langen Tischs saßen tote Frauen, gekleidet nach der jeweiligen Mode ganz verschiedener Epochen, die Leichen alle in unterschiedlichen Stadien der Verwesung. Die abgeschlossene Umgebung hatte sie zu einem gewissen Grad konserviert, aber das trug nur zu dem Grauen bei. Die toten Frauen starren einander über den Tisch hinweg an. Manche hatten Augen; manche nicht. Manche hatten Gesichter; manche nicht. Sie alle trugen ihre Todeswunden offen zur Schau, und es gab so viele davon ... Manchen war die Vorderseite ihres Kleids aufgeschnitten worden, um Körper zu enthüllen, die ausgehöhlt worden waren. Ein paar hielten Teetassen in ihren Krallenhänden, als ob sie alle an irgendeiner grässlichen Teegesellschaft teilnähmen.
    »Hallo, Liebling!«, sagte Mr. Stich. »Ich bin wieder daheim.«
    Molly sah zu mir zurück. »Davon hab ich nichts gewusst, Eddie, das schwöre ich!«
    Ich trat vor und stellte mich zwischen sie und Mr. Stich. »Das ist krank! Nennen Sie mir einen guten Grund, weshalb ich Sie nicht auf der Stelle töten sollte!«
    »Wie viele haben Sie über die Jahre hinweg umgebracht, junger Drood?«, entgegnete Mr. Stich, ohne mich auch nur anzusehen. Bedächtig schritt er die Reihe der Leichen ab, lächelte still vor sich hin, ließ seine Finger die Konturen der gebeugten Köpfe nachzeichnen, ohne sie dabei jedoch zu berühren. »Könnte ein Zimmer dieser Größe überhaupt alle aufnehmen, die Sie erschlagen haben? Ich weiß - Sie haben nur Befehle befolgt! Was Sie taten, taten Sie in nüchterner Pflichterfüllung; ich bin wenigstens ehrlich genug, Gefallen an dem zu finden, was ich mache.« Er beugte sich über eine graue Schulter, um in ein vertrocknetes

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