Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
das wirklich zu schaffen? Em für immer zu beschützen?«
Lachlan war froh, dass Rachel sein Gesicht im Halbdunkel nicht gut sehen konnte. »Ich weiß nicht«, antwortete er wahrheitsgemäß. »Aber ich bin schließlich noch einundneunzig Jahre lang hier, und Brian hat noch viel mehr Zeit vor sich. Also ist es möglich. Gib die Hoffnung nicht auf.«
»In Ordnung.« Rachel küsste ihn zärtlich, dann schlang sie ihm die Arme um den Hals und legte den Kopf an seine Schulter – wie um zu beweisen, dass ihr Glaube an ihn nicht gelitten hatte. Ein Glaube, von dem Lachlan nicht wusste, ob er gerechtfertigt war.
Rachel starrte das Wohnmobil mit unverhohlenem Schrecken an. Eine einzige steife Brise war imstande, das ganze Gefährt umzublasen. »Und das ist für Em der sicherste Ort auf Erden?«
»Du wirst überrascht sein«, bemerkte Lachlan mit einem Lächeln. Er stellte das Auto ab und eilte mit Rachel über den Steinweg bis zur Haustür. Als niemand auf sein Klopfen reagierte, stieß er die Tür auf und trat ein.
Das Licht war ausgeschaltet und der Raum leer. Die Arbeitsflächen in der Küche waren sauber poliert, das Wohnzimmer war ordentlich aufgeräumt. Als einziges Zeichen, dass hier jemand lebte, mochte ein selbstgestrickter Überwurf über der Lehne des Sofas gelten. Doch Lachlan hatte nur Augen für den purpurfarbenen Vorhang an der hinteren Wand. Der Seelenwächter durchquerte den Raum mit drei großen Schritten und zog den schweren Stoff zur Seite. Und fand nichts als eine von Moder überzogene dunkle Steinwand vor. »Verdammt!«
»Was ist los?«, fragte Rachel, während sie ihm folgte. Ein kühler Geruch hing in der Luft, den sie nicht zuordnen konnte.
»Wir müssen auf die andere Seite dieser Wand«, sagte er. »Aber wie …«
»Willkommen in meiner Welt«, sagte eine frische Frauenstimme. »Verbannt in alle Ewigkeit auf die andere Seite, auf der man nicht sein will.«
Rachel fuhr herum. Die schönste weißhaarige Frau, die sie jemals gesehen hatte, stand auf dem beigefarbenen Teppich keine drei Meter weit von ihr entfernt. Rachel war fast sicher, dass sich dort noch Sekunden zuvor niemand befunden hatte. Doch der Raum war dunkel und die Frau vollkommen schwarz gekleidet, also vielleicht …
»In alle Ewigkeit nicht willkommen«, entgegnete Lachlan ruhig. »Die Zurückweisung muss Euch das Herz brechen.«
»In der Tat.« Die Frau lachte. »Wenn ich ein Herz hätte, wäre es sicher in tausend Stücke zersprungen, weil man mir derart übel mitgespielt hat.«
Lachlan entgegnete nichts. Er streckte nur die Hand nach Rachel aus, um sie an seine Seite zu ziehen. Angesichts dieser schützenden Geste verengten sich die Augen der Frau zu schmalen Schlitzen. »Ich bin höchst verärgert über dich, Seelenwächter.«
»Warum? Habe ich nicht alles getan, was Ihr von mir verlangt habt?«
»Du hast viele meiner Wächter in diese Ereignisse hineingezogen – gegen meinen ausdrücklichen Wunsch.«
Rachel hatte plötzlich einen dicken Kloß im Hals, sie schluckte.
Meine
Wächter? Diese Frau war der Tod? Irgendwie hatte Rachel angenommen, dass eine Göttin, die den Menschen das Leben stahl, älter und … hässlicher sein musste.
»Ich habe nur das Mädchen beschützt, wie Ihr es wolltet«, entgegnete Lachlan.
Die Herrin des Todes rümpfte die Nase. »Nun ja, das ist jetzt nicht mehr von Bedeutung. Dein Auftrag ist erledigt. Öffne die Mauer.«
»Ich kann nicht.«
»Kannst du nicht oder willst du nicht?« Die Göttin trat einen Schritt vor, sie war eine tödliche Schönheit in ihrem tiefschwarzen Hosenanzug und den hochhackigen Pumps. Nachdenklich legte sie eine bleiche Hand auf die feuchte Mauer und tippte mit dem überlangen weißen Fingernagel ihres rechten Zeigefingers auf die Steine. »Eine Zeitschranke. Das Werk deines wehleidigen kleinen Magiers, nicht wahr?«
Wieder sagte Lachlan nichts. Seine Atmung blieb regelmäßig, beruhigend drückte seine Hand die von Rachel.
»Der Zauber ist leicht zu überwinden«, stellte die Herrin des Todes fest. »Sag mir nur, wo und in welcher Zeit sich der Magier aufhält, und ich breche seine Magie.«
»Nein.«
Sie sah Lachlan missbilligend an. Ihre blauen Augen glitzerten wie Glasscherben. »Hast du eben einen Befehl deiner Herrin verweigert?«
»Ja.«
»Dann musst du vorübergehend den Verstand verloren haben. Deine Seele gehört mir, MacGregor. Ich bestimme, wie lange du mir dienst. Wie hört es sich für dich an, die Ewigkeit im Fegefeuer zu
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