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Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Titel: Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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Eindruck gewonnen, dass der Kerl wenig Interesse an seiner Tochter hatte. »Siehst du ihn oft?«
    »Nicht, seitdem Mom mit mir nach San Jose gezogen ist«, sagte das Mädchen in mauligem Ton. »Als wir noch in San Diego gewohnt haben, haben wir uns ständig getroffen.«
    »Besucht er dich wenigstens hin und wieder?«
    »Meine Mom will das nicht. Sie hasst ihn.«
    »Hat sie das gesagt?«, bohrte Lachlan.
    »Das muss sie gar nicht. Sie sollten mal sehen, was für ein Gesicht sie macht, wenn er anruft.«
    »Verstehe.« Emilys Anspannung war fast mit Händen zu greifen, und Lachlan beschloss, sich etwas zurückzunehmen. Er deutete auf ein Reklameschild hinter der nächsten Ampel. »Kann ich dich zu einem Eis überreden?«
    Emily verdrehte die Augen als Signal, dass sie viel zu erwachsen war, um sich mit einem Eis bestechen zu lassen. Doch zu seiner Überraschung sagte sie: »Okay.« Allerdings konnte sie der Versuchung, noch einmal gegen ihre Mutter zu sticheln, nicht widerstehen und fügte hinzu: »Aber Sie werden MrWyatt erklären müssen, warum ich so spät komme. Ich hab nämlich Hausarrest.«
    »Ich habe deiner Mom gesagt, dass ich dich von der Schule abhole. Heute wartet kein MrWyatt auf dich.«
    Das Mädchen sah ihn argwöhnisch an. »Aha.«
    »Ist das in Ordnung?«
    Emily verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück. »Ich denke schon.«
    Trotz der ungünstigen Ausgangssituation erwies sich der Zwischenstopp in der Eisdiele als voller Erfolg. Lachlan spendierte Emily ein simples Vanilleeis – sie wollte nicht mehr – und bekam in der nächsten halben Stunde lebhaft vor Augen geführt, dass sie trotz ihres schnoddrigen Auftretens und des dicken Kajalstrichs noch ein Kind war. Sie leckte das Eis, das an der Waffel herunterlief, mit hemmungsloser Hingabe ab, lachte über Lachlan, der Schlagsahne an der Nase hatte, und wurde dunkelrot, als sie fragte, ob sie seine Kirsche haben könnte.
    Lachlan unterdrückte ein Grinsen, während er ihr die Maraschinokirsche reichte. Emily steckte sie in den Mund und kaute. Als sich ihre Gesichtsfarbe wieder normalisiert hatte, sah sie ihm in die Augen und fragte: »Dürfen Priester heiraten?«
    »Einige ja«, antwortete er ausweichend. »Das hängt von der Kirche ab, der sie angehören.«
    »Und Sie?«
    »Eigentlich schon.« In Wahrheit war er ohnehin kein Priester, daher stellte sich die Frage für ihn nicht. »Aber ich habe mich entschieden, nicht zu heiraten.«
    »Warum?«
    Wenn er Emily dazu bringen wollte, sich ihm zu öffnen, würde er ihr entgegenkommen müssen, wie unangenehm es auch sein mochte. »Ich war bereits einmal verheiratet, als ich jünger war. Aber meine Frau ist gestorben.«
    »Oh.«
    Die Antwort schien sie ein wenig aus der Fassung zu bringen, und Lachlan überbrückte den Moment, indem er seinerseits fragte: »Was ist mit dir? Was hältst du von der Ehe?«
    »Ich habe schon vor, irgendwann zu heiraten«, gab Em zu. »Aber nicht, bevor ich – sagen wir – fünfundzwanzig bin.«
    Lachlan lächelte. »Drew ist also nicht der Auserwählte?«
    Emily senkte die geschminkten Lider. »Ich weiß nicht. Vielleicht.« Dann straffte sie die Schultern und hob den Blick. »Hat Ihnen meine Mom erzählt, dass ich mit ihm zusammen bin?«
    »Ja.«
    »Hat sie Ihnen auch erzählt, dass sie mein Tagebuch gelesen hat?« Von Zorn erfasst, beugte sich Emily über den Tisch. Ihre schwarz lackierten Finger zerknüllten die Serviette. »Das ist, als ob ein Priester verraten würde, was er in der Beichte gehört hat.«
    »Sie macht sich Sorgen um dich.«
    »Bullsh–« Emily wurde erneut rot. »Ich meine … nein, macht sie nicht. Es bringt sie nur zur Weißglut, dass ich mein eigenes Leben habe. Sheila mochte sie noch nie, sie hasst es, wie ich mich anziehe, und natürlich findet sie Drew total indiskutabel – schließlich fährt er Motorrad«, fügte sie sarkastisch hinzu.
    Lachlan unterdrückte den Drang, Rachel zu verteidigen. Er wandelte auf einem schmalen Grat: Auf der einen Seite war er dabei, Emilys Vertrauen zu gewinnen, auf der anderen Seite drohte er, sie zu verprellen. Sie würde nicht glauben, dass er ehrlich zu ihr war, wenn er sich nicht so verhielt, wie sie es von einem Erwachsenen erwartete – aber sie würde sich auch nicht weiter öffnen, wenn er zu sehr für Rachel Partei ergriff.
    »Ich glaube eher, dass sein Alter sie erschreckt, nicht das Motorrad«, sagte er mit dem Anflug eines Lächelns.
    Em zuckte die Achseln.

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