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Wächter des Elfenhains (German Edition)

Wächter des Elfenhains (German Edition)

Titel: Wächter des Elfenhains (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gavénis
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nennen: Ich bin ein Freak . Quasimodo ist eine Lachnummer gegen mich! Sie können mir ja noch nicht einmal in die Augen sehen, ohne dass sich ihnen vor Ekel der Magen umdreht! Ich spüre ihre Angst, Ian! Wenn sie mich anschauen, ist es, als würden sie innerlich erstarren, als warteten sie nur darauf, dass ich meine Vampirzähne ausfahre und sie ihnen in den Hals ramme. Würde ich ihnen jetzt noch offen zeigen, dass ich den stärksten Kampftroll der Schule, vor dem sie ohnehin alle einen Riesenbammel haben, mit dem kleinen Finger in den Staub befördern könnte, dann könnte das durchaus der Funke sein, der das ganze Pulverfass zur Explosion bringt. Dann könnte tatsächlich jemand auf die Idee kommen, mir auf dem Schulhof im Vorbeigehen ein Messer in den Rücken zu stoßen. Dagegen wäre selbst ich machtlos. Lasse ich Kenneth und seinen Kumpanen ihren Spaß, habe ich ihre Aggressionen wenigstens unter Kontrolle.“
    „Du willst also sagen, deine ständigen Blutergüsse und Platzwunden sind das wohlkalkulierte Resultat kluger Planung und besonnener Weitsicht? Die zwingende Konsequenz aus rationaler Überlegung und psychologischer Menschenkenntnis?“
    Andion starrte konzentriert auf seine Hände, die sich in seinem Schoß ineinander krampften. „So ist es.“
    Doch natürlich war es eine Lüge, und natürlich erkannte Ian das sofort. Er nahm ihn sachte beim Kinn und zwang ihn sanft, ihn anzusehen.
    „Du willst nicht zufällig, dass Kenneth und die anderen dich bestrafen?“
    Andion spürte, wie eine einzelne Träne seine Wange hinunterlief. „Nicht bestrafen“, sagte er leise. „Sie ... sollen mich nur daran erinnern, wer ich bin.“
    Ein seltsamer Zug erschien in Ians Augen. „Weißt du denn so sicher, wer du bist, Andion?“
    Andion lachte bitter auf. „Wie könnte ich es nicht wissen? Du hast es mir selbst erzählt, richtig? Ich bin der Sohn eines psychopathischen Irren, das bin ich! Eines Irren, der meine Mutter über Monate hinweg gefangen gehalten, gefoltert und so lange vergewaltigt hat, bis sie endlich mit mir schwanger wurde! Der besessen von dem Gedanken war, mir in einer schwarzen Messe die Kehle durchzuschneiden – und es offensichtlich immer noch ist.“ Er ballte die Hände zu Fäusten, grub seine Fingernägel in seine Handflächen, bis sie schmerzhaft zu pochen begannen. „Ich bin der Ehrengast auf der Party eines Wahnsinnigen! Mein eigener Vater will mich ausbluten lassen wie eine gottverdammte Schweinehälfte! Mein eigener Vater!“ Die Stimme drohte ihm zu versagen. Eine qualvolle Enge schnürte seine Kehle zusammen, und seine Schultern sanken herab, als könnten sie das Gewicht seines Grams nicht länger tragen.
    „Aber nichts davon sagt etwas über dich aus“, erwiderte Ian ruhig.
    „Ach nein? Und warum bekommen dann alle das große Zittern, wenn sie mich anschauen? Sie sehen den Irrsinn meines Vaters in mir, Ian! Offensichtlich führe ich die Familientradition würdig fort!“
    „Das ist nicht wahr, Andion, und du weißt das auch. Niemand, der so abgrundtief böse ist wie dein Vater, würde auch nur einen Gedanken an das Leid eines Baumes verschwenden, so wie du es heute getan hast. Du hingegen empfindest seinen Schmerz so stark, dass du lieber selber Schläge erduldest, nur um deine noblen Klassenkameraden davon abzuhalten, ihm noch weitere Qualen zuzufügen.“ Er schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, Andion, der Unterschied zwischen dir und deinem Vater könnte gar nicht größer sein.“
    Andion starrte ihn mit plötzlicher Wut an. „Tatsächlich? Wieso sehe ich dann Dinge, die gar nicht vorhanden sind? Und warum höre ich Stimmen, die es nicht gibt? Ich werde langsam verrückt - genau wie er!“
    Ian runzelte die Stirn, und seine Miene wirkte mit einem Mal angespannt. „Was hast du gesehen?“
    Andion erzählte ihm von den Bäumen, die plötzlich auf dem Schulhof erschienen waren, und von den kleinen Wesen, die über den Köpfen der Schüler getanzt hatten.
    „Ich kann Realität und Fantasie bald nicht mehr auseinanderhalten“, schloss er hilflos. „Selbst jetzt, wenn ich mit dir darüber rede, würde ein Teil von mir - und zwar ein sehr großer Teil - Stein und Bein darauf schwören, dass jede Geschichte über Elfen, Blütenfeen, Dryaden und Sylphen, die du mir jemals erzählt hast, wahr ist, dass es solche Wesen wirklich gibt und sie mit mir sprechen. Verdammt, ich fühle mich manchmal selbst wie eine Figur aus deinen Geschichten, Ian! Also wenn das kein Zeichen von

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