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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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betrachtete ihn wie versteinert, verängstigt und zugleich voller Hoffnung. Dann öffneten sich beide Augen, blutunterlaufen und perplex, ja sogar alarmiert. Sie stand auf und beugte sich über ihn, damit er wusste, dass sie da war, dass er in Sicherheit war und geliebt und umsorgt wurde. Aber es schien keinen Zweck zu haben. Er wurde noch aufgeregter, schaute zur Seite und versuchte zu sprechen.
    «Sag nichts», bat sie ihn und wusste nicht, ob sie Angst haben oder euphorisch sein sollte. «Ruh dich einfach aus.»
    Aber er gehorchte nicht, seine Lippen bewegten sich wieder, und er murmelte etwas, das sie nicht verstehen konnte, weil auf der DVD gerade der Applaus einsetzte, dieser wunderbare Begeisterungssturm. Sie schaltete schnell den Player aus, legte Augustin ein Ohr vor den Mund und konnte endlich seine Worte hören. «Was macht denn Knox da, dieser Scheißkerl», murmelte er. «Hält der etwa meinen Vortrag?»

III
    Gailles Freude, Knox zu sehen, währte nur kurz, denn Michail packte sofort die Flinte und richtete sie auf ihn. Da Knox ihn weder aufhalten noch fliehen konnte, drehte Gaille ihre Hand unter Michails Fuß weg, griff nach dem Riemen der Flinte und riss genau in dem Moment daran, als er abdrückte. Die Kugel knallte auf den Felsboden und prallte ab, ohne Schaden anzurichten.
    Knox nützte den Moment, den sie ihm verschafft hatte, und stürmte brüllend durch den Gang. Er schleuderte den Vorschlaghammer in hohem Bogen auf Michails Kopf, der keine andere Wahl hatte, als ihn mit der Flinte abzuwehren. Die Waffe zerbrach in seinen Händen, der Lauf fiel vom Schaft, hielt aber noch genug stand, um ihn vor dem Hammer zu bewahren, auch wenn ihm die Knie einknickten und er nach hinten taumelte. Er warf die kaputte Flinte weg, griff nach dem Hammerkopf und schleuderte Knox gegen die Schuttwand, wobei er ihm den Hammer entriss.
    Michail packte den Hammer am Stiel und holte aus wie ein Schlagmann beim Baseball, der den Ball auf die Tribüne befördern will. Knox konnte sich gerade noch rechtzeitig wegducken. Der Hammer schlug in den Schotter ein und löste ein paar kleinere Steine, die zur anderen Seite wegrutschten, sodass Petitiers Loch ein Stückchen größer wurde. Michail fluchte, ließ kurz den Stiel los, weil seine Hände vom Aufprall kribbelten, und holte dann ein zweites Mal aus. Wieder versuchte Knox sich wegzuducken, aber Michail hatte damit gerechnet und dieses Mal etwas tiefer ausgeholt, sodass der Hammerkopf Knox an der Schläfe streifte, ehe er wie eine Abrissbirne in die Wand krachte und noch mehr Steine löste. Jetzt tat sich oben auf dem Schotterhaufen ein schmales, aber deutliches Loch auf. Während Knox benommen am Boden lag, holte Michail zum finalen Schlag aus, doch Gaille stieß ihm den zersplitterten Schaft der Flinte ins Gesicht. Auf dem Geröll verlor Michail das Gleichgewicht und stürzte nach hinten. Gaille nahm Knox an der Hand, zog ihn hoch und hievte ihn auf den kleiner gewordenen Haufen. Oben angekommen, kämpften sich die beiden durch den Schutt, schoben ihn mit den Händen zur Seite und krabbelten dann, umgeben von einer dichten Staubwolke, auf der anderen Seite hustend und blinzelnd nach unten.
    Sie befanden sich am Ende einer breiten Treppenflucht und schauten hinab in eine dunkle Kammer, die die Ausmaße einer Kathedrale hatte. Das Einzige, was Gaille in der hohen, gewölbten Decke deutlich erkennen konnte, war ein schmaler Spalt, dessen zerklüftete Kanten von Pflanzen überwuchert waren. Die Wände darunter wiesen eine dicke Schicht aus Schmutz und Tierkot auf. Ein paar Fledermäuse waren aufgescheucht worden und flatterten hoch über ihnen. Unter dem Spalt funkelte das Sonnenlicht auf den Quarzschichten in der Wand, die einem gefrorenen Wasserfall glichen und Schatten auf die von der Decke hängenden und am Boden stehenden Tropfsteine warfen.
    Hinter der Schotterwand konnten sie Michail stöhnen und fluchen hören. Da Knox von dem Schlag immer noch betäubt war, nahm ihn Gaille an der Hand, und gemeinsam liefen sie die Stufen hinab. Eine schmale Treppe führte auf ein rundes Podium, auf dem ein Marmorthron stand, der blass in der Finsternis schimmerte. Auf dem Sitz lagen unter einer dicken Staubschicht goldene Ringe mit roh behauenen Steinen, ein goldenes Stirnband mit zwei vergoldeten Hörnern sowie ein goldener Kelch, und für einen kurzen Moment sah Gaille einen Mann vor sich, der hier vor Tausenden von Jahren gesessen hatte und vielleicht sogar hier gestorben

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